Stoner McTavish. Sarah Dreher

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Stoner McTavish - Sarah Dreher

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verbergen. »Vielleicht hilft es mir, zu einem Entschluss zu kommen.«

      »Aber natürlich. Und Sie werden es doch auch brauchen, nicht wahr, um sie zu erkennen.«

      »Wenn ich …«

      Mrs. Burton seufzte. »Oh, ich wünschte, ich hätte unrecht. Ich möchte so gerne, dass sie glücklich ist.«

      »Sicherlich möchten Sie das.«

      »Ich habe mich bis jetzt so abscheulich benommen. Glauben Sie, sie wird es mir je verzeihen?«

      »Sicherlich wird sie das.«

      »Die Liebe treibt uns zu seltsamen Dingen.« Sie prüfte, ob sich der Hausschlüssel in ihrer Handtasche befand.

      »Ja, das ist sicher wahr.«

      »Aber was gibt es sonst schon.« Sie berührte Stoners Arm. »Ich glaube, ich bin jetzt bereit für Marylou.«

      Als sie weg waren, drehte sich Stoner zu ihrer Tante um. »Glaubst du, es ist so schlimm, wie sie sagt?«

      »So schlimm, wenn nicht noch schlimmer.«

      Stoner rammte ihre Hände in die Hosentaschen. »Um Himmels willen, Tante Hermione, in was hast du mich da reingezogen?«

      Allein in ihrem Zimmer lehnte sich Stoner an das geöffnete Fenster und starrte in den nachtdunklen Hinterhofgarten hinaus. Die hohen, schmalen Häuser, die Schulter an Schulte um den winzigen freien Platz herumstanden, löschten die Straßengeräusche fast völlig aus. Wenn sie angestrengt lauschte, vermeinte sie ein Knistern und Knarren von den Weinranken her zu hören, die heimlich in der Finsternis wuchsen. Sie seufzte tief und gestattete sich einen unwürdigen Gedanken.

      Sosehr sie Marylou und Tante Hermione auch liebte – und sie liebte sie mit jeder Faser ihres Herzens –, fühlte sie sich doch manchmal inmitten des Gewusels und der zwanglosen Lässigkeit sehr allein. Manchmal sehnte sie sich danach, für ein Stündchen eine zu haben, die Angst vor Fremden hatte, die ein Telefon nicht einfach klingeln lassen konnte, der Sonnenuntergänge die Sprache verschlugen, die mürrisch war, wenn sie nicht ausgeschlafen hatte, die in Kaufhäusern Beklemmungen bekam und auf Berührung unbeholfen reagierte – kurz, eine, die einfach ganz normal neurotisch war. Sie seufzte wieder. Es war wirklich ein unwürdiger Gedanke.

      Stoner knipste die Nachttischlampe an und studierte das verwackelte Foto. Da war etwas in den Augen der Frau … Irgendwie auf der Hut, sich bewusst, dass ein Bild von ihr gemacht wurde, und das Wissen als nicht angenehm, eher unbehaglich empfindend. Das, dachte Stoner, war ein Gefühl, das sie verstehen konnte.

      Sie fühlte ein merkwürdiges Prickeln in den Fingerspitzen und wischte sich die Hände an ihrem Pyjama ab. Was um alles in der Welt sollte sie mit der Situation anfangen? Es war lächerlich, solche Sachen gehörten in eine Seifenoper oder einen Spätfilm. Normale Menschen liefen nicht durch die Gegend, heirateten des Geldes wegen und ermordeten ihre Ehefrauen. Nicht im wirklichen Leben. Na ja, jedenfalls nicht im wirklichen Leben, wie sie es kannte. Und bei alledem schien es hier noch nicht einmal um besonders viel Geld zu gehen. Ja, wenn die Rede von Millionen wäre … wobei sie sich eigentlich gar nicht wirklich vorstellen konnte, dass es Leute mit Millionen gab, schließlich war Dallas doch wohl eine Erfindung des Fernsehens … also, wenn es um Millionen ginge, wäre es möglich. Denn wenn du bereit bist, die eine Unmöglichkeit zu glauben, kannst du auch die andere für bare Münze nehmen.

      Aber selbst wenn Unmögliches Wirklichkeit wäre, wie konnte sie diesen Job annehmen? Sie war nicht besonders gerissen, sie kannte sich mit dieser Art Angelegenheiten überhaupt nicht aus, und sie besaß nicht einmal einen Trenchcoat. Es war besser, die Sache einem Profi zu überlassen. Einem Privatdetektiv. Das würde sie Mrs. Burton raten. Stoner war besser dran – sie alle waren besser dran –, wenn sie zu Hause blieb und sich an das hielt, was sie am besten konnte. Flugtickets ausstellen.

      Sie warf noch einen heimlichen, sehnsüchtigen Blick auf das Foto und stieg ins Bett. Überzeugt, die richtige Entscheidung gefällt zu haben, machte sie das Licht aus. Eines Tages, hoffte sie, würde sie Gwen Oxnard begegnen.

      ***

      »Also«, sagte Tante Hermione beim Frühstück.

      »Also?«

      »Wirst du es machen?«

      Stoner sah auf. »Ich dachte, Mahlzeiten seien heilig.«

      Mit einer ungeduldigen Handbewegung setzte Tante Hermione ihre Kaffeetasse ab. »Ehrlich, Stoner, manchmal denkst du wie ein Hund.«

      »Hä?«

      »Ich sage, du sollst von der Couch wegbleiben, und du traust dich daraufhin auf überhaupt kein Möbel mehr.«

      Stoner rieb sich verschlafen die Augen. »Nur, weil du immerzu die Regeln änderst.«

      »Schluss jetzt, Stoner.« Tante Hermione schenkte ihr eine zweite Tasse Kaffee ein. »Ich kenne diese Mc Tavish-Unterkieferstellung. Du hast eine Entscheidung gefällt, und ich will jetzt sofort wissen, wie sie lautet.«

      »Ich dachte, mein Vater sei so willensschwach?«

      »Ich bezog mich auf den alten Angus Mc Tavish«, erklärte Tante Hermione. »Wann reist du ab?«

      Stoner rührte in ihrem Kaffee. »Gar nicht. Ich finde, sie sollte einen Privatdetektiv beauftragen.«

      »Das hab ich ihr ja bereits vorgeschlagen, aber sie will nicht.«

      »Warum nicht?«

      »Sie will keine Außenstehenden in ihren Familienangelegenheiten, und sie misstraut Fremden.«

      »Ich bin eine Fremde.« Sie nippte an ihrem Kaffee.

      »Aber mich kennt sie seit Jahren.«

      Stoner legte den Kopf auf die Seite und sah ihre Tante scharf an. »Habe ich denn überhaupt eine Wahl?«

      »Natürlich nicht«, sagte Tante Hermione und verteilte bedächtig Butter auf einem Croissant.

      ***

      Stoner ließ die Tür des Reisebüros hinter sich zuknallen und feuerte ihre Umhängetasche auf ihren Schreibtisch. »Also«, verkündete sie grimmig, »ich werde es machen.«

      »Prima«, sagte Marylou. Sie griff nach einem bereitliegenden kleinen Papierstapel. »Pass auf, du nimmst zuerst den 13 Uhr 10 Flug ab Logan – ich fürchte, es ist United Airlines. Aber du hast eine Direktmaschine, mit einer Dreiviertelstunde Aufenthalt in O’Hare. Ankunft in Denver um 18 Uhr 03, Ortszeit.«

      »Marylou …«

      »Du brauchst nicht viel zu packen. Deine Verkleidung stellst du dir am besten dort zusammen.«

      »Meine Verkleidung

      Marylou warf ihr einen gereizten Blick zu. »In diesen Ostküstenklamotten wirst du dort wie ein schlimmer Daumen wirken. Du willst doch wie eine Touristin aussehen, mit der Szenerie verschmelzen – die soll übrigens fabelhaft sein, hab ich gehört. Nimm deinen Rucksack mit, deine Wanderstiefel und was sonst noch so zur Grundausstattung gehört.« Sie schleuderte einen Stapel Jackson-Hole-Prospekte auf den Schreibtisch. »Geh das durch.«

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