Stoner McTavish. Sarah Dreher

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Stoner McTavish - Sarah Dreher

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warst eine Woche alt. Ich überredete sie zu einer Partie Gin-Rommé. Sie liebte es, zu spielen, aber hasste es, zu verlieren. Also mogelte ich und zog sie bis aufs Hemd aus. Nun würde deine Mutter ja selbst einen Pfennig so lange ausquetschen, bis er schreit. Ich ließ sie also verlieren und verlieren und machte ihr dann ein Angebot – zu bezahlen oder dich mir zu überlassen.«

      »War sie schockiert?«, fragte Stoner, die selbst ein wenig schockiert war.

      »Ihr Schlüpfer fing Feuer! Nachdem sich der Rauch verzogen hatte, versuchte sie sich herauszuwieseln. ›Spielschulden sind Ehrenschulden‹, sagte ich. Aber ich ließ mich darauf ein, deine Patin zu werden und deinen Namen zu bestimmen. Vielleicht hätte ich hart bleiben sollen.«

      »Davon hab ich nichts gewusst«, sagte Stoner.

      »Nun, das überrascht mich nicht. Tja, ich nannte dich nach Lucy B. Stone. Ich war eine große Bewunderin von ihr. Helen war weiß vor Wut. Sie hasst Feministinnen, schon immer.«

      »Was hat es dich gekostet?«

      »Fünfhundert Mäuse.«

      Stoner pfiff.

      »Es war geschenkt für das Vergnügen, zu wissen, dass sie jedes Mal, wenn sie dich rief, an Lucy B. Stone erinnert wurde.« Tante Hermione setzte eine unschuldige Miene auf. »Hätte ich gewusst, was ich heute weiß, hätte ich auf Gertrude Stein bestanden.«

      Stoner sah auf ihre Hände hinunter und wurde rot.

      »Ach, sei doch nicht so«, meinte Tante Hermione. »Es wärmt mir das Herz in den langen kalten Winternächten, zu wissen, dass ausgerechnet Helen eine Sappho hervorgebracht hat.« Sie rührte in ihrem Tee herum. »Wir brauchen einen guten Schlachtplan, Stoner. Diese Geschichte wird nicht ganz leicht für uns.«

      »Ich möchte dir keine Schwierigkeiten machen, Tante Hermione.«

      »Schwierigkeiten! Ich liebe Schwierigkeiten.« Sie warf einen Blick auf ihre Taschenuhr. »Aber jetzt muss ich meditieren gehen. In zwanzig Minuten habe ich eine Klientin.«

      »Ich such mir einen Job«, meinte Stoner eifrig. Tante Hermione sah sie streng an. »Das tust du nicht. Morgen gehen wir runter zur Uni und schreiben dich fürs Sommersemester ein. Meine Nichte wird keine Hippie-Aussteiger-Laufbahn einschlagen.«

      Stoner fühlte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen.

      »Und jetzt«, sagte ihre Tante fest, »isst du diese Pastete auf, nimmst ein Bad und ruhst dich aus. Ich brauche den Salon vorne für die Sitzungen. Ansonsten gehört das Haus dir.«

      »Danke«, murmelte Stoner. »Ich glaube, ich bleib hier noch ein Weilchen sitzen.«

      »Auch gut. Geh nicht ans Telefon.« Sie stand auf, um zu gehen, dann hielt sie inne und drehte sich noch mal um. »Stoner, niemand wird dich zwingen, wieder dahin zurückzugehen. Nie mehr.«

      ***

      Stoner seufzte schwer. Noch vier Wochen bis zum ersten Montag im September, dem Labour Day. Der Countdown lief. Sie machten immer in den letzten beiden Augustwochen Urlaub und krönten ihn unausweichlich mit einer Stippvisite inklusive Abendessen in Boston bei ihrer fahnenflüchtigen Tochter. Vielleicht waren sie ja der Meinung, ein Urlaub ohne Verdruss sei kein Urlaub.

      »Ich sollte sie einfach ausladen«, sagte sie laut.

      »Vielleicht hilft das«, meinte Marylou. »Wen ausladen?«

      »Meine Eltern.«

      Marylou sah auf. »Ist es schon wieder so weit? Ich hab noch gar keine Weihnachtskarten besorgt.«

      »Du verschickst nie Weihnachtskarten.«

      »Wir schicken welche. Geschäft, unser. Du erinnerst?« Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Sieh mal, Liebes, warum lässt du mich nicht einfach eine Tour für sie buchen? Ich könnte es so arrangieren, dass man nie wieder etwas von ihnen hört oder sieht.«

      »Es würde ja doch nicht klappen.«

      »Nach acht Jahren Erfahrung mit dem Verlieren von Gepäck sollten wir doch wohl imstande sein, deine Familie verschwinden zu lassen.«

      »Das kann ich nicht«, sagte Stoner. »Ich hätte viel zu viele Schuldgefühle.«

      »Du brauchst keinen Finger zu rühren! Sag nur ein Wort zu mir, ich kümmere mich um alles, und wir brauchen es nie mehr zu erwähnen. Ich habe Beziehungen.«

      »Mafia?«

      »Die Heerscharen der Finsternis erwarten meine Befehle.« Marylou wandte sich wieder ihrem Schreibtisch zu.

      Das ist doch alles lächerlich. Normale einunddreißigjährige Frauen verbringen nicht ihre Zeit damit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wie sie mit ihren Eltern zurecht- oder von ihnen wegkommen können. Normale einunddreißigjährige Frauen zerbrechen sich den Kopf über Ehemänner (beziehungsweise das Fehlen derselben), Karrieren, Kalorien, Beziehungskrisen, Badezimmereinrichtungen, die Saugkraft der Nässepuffer in Papierwindeln, Doppelkinne, Intimsprays, Schweißgeruch und ungewollte Schwangerschaften.

      »Worüber brütest du denn da?«, fragte Marylou.

      »Doppelkinne.«

      »Hast du eins?«

      »Ich glaub nicht.«

      »Ich?«

      »Nein.«

      Marylou seufzte. »Fein, würde es dir etwas ausmachen, dich um diese Bustour nach Tanglewood zu kümmern? Wir haben ihnen Previn versprochen, und was werden sie kriegen? Linda Ronstadt.«

      »Vielleicht merkt es niemand.«

      »Bei fünfunddreißig Musikliebhabern muss es einer merken.«

      Voll Überdruss langte Stoner nach dem Tanglewood-Katalog. »Du bist dir doch im Klaren, was das bedeutet? Es bedeutet fünfunddreißig Telefonate!«

      »Sechsunddreißig. Besser, du sprichst erst noch mal mit den Veranstaltern.«

      Stoner verglich den Katalog mit ihrem Kalender. »Es ist Previn. Guck!«

      Marylou spähte über ihre Schulter. »Das ist der Katalog vom letzten Jahr, Liebes.«

      »Gütiger Himmel«, sagte Stoner und warf ihn von sich, »müssen wir denn alles aufheben, was über unseren Schreibtisch geht?«

      »Ich nicht, Kumpel. Du bist hier diejenige, die alles fürs Archiv aufbewahren will.«

      »Na ja, man kann ja nie wissen.«

      Vielleicht hat Marylou recht. Vielleicht ist Verliebtsein das, was ich brauche. Gott weiß, wie sehr ich irgendetwas brauche. Ich bin ruhelos, gelangweilt, entscheidungsunfähig und ein Feigling. Gut, ich war schon immer ein Feigling. Und vielleicht hier und da auch mal ein wenig entscheidungsschwach. Aber nicht so. Oder doch? Herrje, nicht einmal darüber bin ich mir im Klaren.

      Zwei Jahre. Das ist nicht sehr lange, oder? Es tut nicht mehr weh. Aber wenn es nicht mehr wehtut, warum will ich mich dann

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