Tierisch gute Gespräche. Amelia Kinkade

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Tierisch gute Gespräche - Amelia Kinkade

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      „Er sagt, dass er in einem Industriegebiet von Van Nuys lebte, wo es viele streunende Katzen gab. Die Männer fütterten die Katzen auf dem Fabrikgelände. Es gab dort Kartonstapel und Maschinenteile und viel Fett auf dem Boden. Er wurde nachts im eiskalten Lagerhaus eingeschlossen und war sehr hungrig. Nur weil er so laut heulte, konnte er gefüttert werden. „Hat er wirklich Angst vor der Dunkelheit? Und hat er Klaustrophobie?“ fragte ich.

      „Nur nachts“, sagt er.

      „Armer, kleiner Kerl", girrte ich und tätschelte seinen Kopf. Ich sah jetzt unser altes Dilemma in einem ganz neuen Licht. Alles wurde plötzlich klar. Ich hatte Rodney im Tierheim in Nord Hollywood im Pennerviertel gefunden. Als ich den Raum betrat, brachte mir das Kätzchen mit der Pose eines Opernsängers ein Ständchen, und als ich in seinen Käfig spähte, streckte es mir die Nase so aufdringlich entgegen, dass ich meinte, in den Lauf einer Schrotflinte zu blicken. Rodney war nicht mein Typ. Ich suchte einen vierbeinigen Marlon Brando, keinen Woody Allen. Aber als ich ihn hochhob, geschah etwas Unerhörtes. Er schlang seine winzigen Pfoten um meinen Hals, als wären es zwei besessene Pfeifenreiniger. Dann streckte er mir sein kleines Gesicht entgegen und hatte mich auch schon auf die Lippen geküsst. Es war der berechnendste Kuss, den ich jemals in meinem Leben empfangen habe. Damit hatte mich der kleine orangefarbene Geschäftsmann gewonnen. Er war im Grunde nur ein vorlauter, spitznasiger Rotschopf, ein Standardmodell unter den Katzen, aber er hatte ganz sicherlich das gewisse Etwas.

      „Was denkt er über mich?“ fragte ich.

      „Er liebt dich. Er sagt, dass er sein Frauchen liebt.“

      In letzter Zeit benahm er sich meinem Freund gegenüber ziemlich aggressiv. Jedes Mal, wenn Benjamin mich vor ihm berührte, griff Rodney ihn wie ein Rasender an und verschwand danach aus dem Zimmer. So musste ich fragen: „Was denkt er über meinen Freund?“

      Die Antwort war: „Er ist sehr eifersüchtig. Er will dich ganz allein für sich haben. Manchmal wünscht er sich, dass dein Freund einfach geht.“ Oh, dachte ich, mir geht es manchmal genauso. Nachdem ich dem Medium die $35 bezahlt hatte – ein läppischer Betrag, wenn man bedenkt, dass meine Welt soeben auf den Kopf gestellt wurde -, ergriff ich den kleinen Kater und setzte ihn in seinen Korb. Ich merkte, dass sich meine Beziehung zu ihm schon verändert hatte. Ich ging sorgfältiger mit ihm um als gewöhnlich. Er war nicht mehr nur ein kleines lärmendes Haustier. Er war ein intelligentes Geschöpf mit eigenen Gedanken und Gefühlen, ein Geschöpf, das beobachten und nach seinen Beobachtungen handeln konnte, ein Geschöpf, das logisch denken konnte.

      Während der Fahrt nach Hause war dicke Luft zwischen uns. Ich hatte Rodney niemals so selbstgefällig und zufrieden gesehen. Zum ersten Mal strahlte er wirklich Ruhe aus. Endlich hatte er seinen Teil sagen können, und mir war das Wunderbarste in meinem Leben widerfahren – ich hatte einen Menschen gefunden, der mit einem Kater reden konnte. Es war ein starkes Stück! Was für eine Welt! Alles, was ich bisher geglaubt hatte, war in einem einzigen Augenblick verändert worden.

      Gladys hatte mir beim Abschied ein Flugblatt für einen Workshop über die Kommunikation mit Tieren in die Hand gedrückt, den sie jenes Wochenende anbot. Die erste Hälfte des Kurses bestand aus einem Vortrag über die Kommunikation zwischen den Spezies; während der zweiten Hälfte konnten wir üben, mit den Tieren der anderen Teilnehmer zu sprechen, und die Informationen sollten dann überprüft werden.

      Wir trafen uns in einem sonnigen Hinterhof, in dem Picknicktische aufgestellt waren. Obwohl es an diesem Frühlingstag in Los Angeles recht windig war, schwitzte ich die ersten zwei Stunden und kämpfte mit dem Chor von Neinsagern in meinem Kopf. Auch als ich Gladys zuhörte, ritten mich die Dämonen des Zweifels. Sie tobten wie eine Schar von Aasgeiern auf dem Hinterteil eines Rhinozeros. An diesem Tag hatte ich ihnen viel Gesprächsstoff gegeben: Was, wenn ich die einzige bin, der es nicht gelingt? Ich werde einen schönen Narren aus mir machen. Das Ganze ist sowieso völlig unmöglich! Warum sitze ich hier und höre mir diesen Unsinn an? Selbst wenn Gladys es tatsächlich kann, werde ich es niemals erlernen.

      Ich nahm es mit meinen Dämonen auf: Dann mache ich eben einen Narren aus mir, na und? Es wäre nicht das erste Mal. Ich werde wahrscheinlich niemand von diesen Leuten wiedersehen. Ich könnte es ebenso gut versuchen.

      Während ich nur noch ein Nervenbündel war, blieb Rodney ruhig und sammelte sich. Mir fiel sehr schnell auf, dass ich die einzige war, die eine Katze mitgebracht hatte. Die anderen sechs Frauen hatten Hunde dabei. Rodney wartete ruhig in seinem Käfig zu meinen Füßen unter einem Picknicktisch.

      Der erste Freiwillige war eine Art großer Chow-Chow. Die Übung ging etwa so: Die Lehrerin gab uns eine Reihe von Fragen vor. Diese sollten wir mental dem Hund stellen und dann die erste Antwort aufschreiben, die uns in den Sinn kam.

      Der Vortrag am Morgen hatte Telepathie behandelt, das Senden und Empfangen mentaler Bilder. Ich hatte versucht, die Idee aufzunehmen, aber alles kam mir so abstrakt vor. Ich hätte den ganzen Tag zuhören können, aber was konnte ich tun? Ich war angespannt.

      Die Testfragen waren ziemlich rudimentär; die erste lautete „Was frisst du am liebsten?“ Gladys sagte, wir sollten uns in den Hund hineinversetzen und uns vorstellen, dass eine leere Futterschüssel vor uns steht. Dann sollten wir uns mit unserem geistigen Auge vorstellen, womit wir die Schüssel gefüllt haben wollten.

      Die Antwort traf mich wie ein Hammerschlag. In meinem Kopf hörte ich die Worte: Spaghetti und Fleischklopse! Ich versuchte krampfhaft, mir ein mentales Bild von dem Hundefressnapf zu machen, sah aber nichts als einen Teller, in dem sich ein riesiger Berg Spaghetti mit Fleischbällchen türmte. Es folgten ein paar Momente der Stille, bevor Gladys die Studenten fragte, was wir „empfangen“ hatten.

      Alle hatten praktische Antworten parat, zum Beispiel Rindfleisch oder Huhn. Die Dämonen des Zweifels fingen an, mich auseinander zu nehmen: Ich hatte mir das sicherlich nur eingebildet. Es konnte einfach nicht wahr sein. Warum hatten alle anderen etwas Vernünftiges vorzubringen, nur meine Antwort war völlig lächerlich? Ich versank tiefer in meinem Sitz. Schließlich fragte Gladys mich, was ich „empfangen“ hatte. Ich murmelte hilflos: „Spaghetti und Fleischklopse.“

      Die Hundebesitzerin kreischte. „Stimmt! Spaghetti und Fleischklopse sind ihr Lieblingsfutter! Gestern Abend hat sie einen ganzen Teller davon gefressen!

      Das war nichts, ereiferten sich meine Dämonen, du hast es zufällig erraten.

      Die nächste Frage lautete „Womit spielst du am liebsten?“ Ich hörte die Stimme wieder in meinem Kopf – nicht die der Kursleiterin, nicht die der Dämonen. Es war eine neue Stimme, die sich in meinem Gehirn einstellte, aber ich hörte sie deutlich. Es war die Stimme einer Frau, die sagte: Ich trage gern meinen rot-weiß-gestreiften Hut. Und da sah ich auch schon vor meinem geistigen Auge eine bonbonfarbene gestreifte Schirmmütze. Ich notierte es.

      Die nächste Frage lautete „Hast du eine Aufgabe?“ Gladys hatte gesagt, dass viele Hunde – Blindenhunde zum Beispiel - über ihre Aufgaben reden können. Die weibliche Stimme sagte, Ja, seit Frauchen und Herrchen geschieden sind, soll ich Frauchen und ihr Haus beschützen. Ich kritzelte es hin, bekümmert und zweifelnd. Auf die nächste Frage, „Warst du schon einmal verliebt?“ antwortete die weibliche Stimme gefühlvoll: Ja, aber ich musste ihn verlassen, als wir wegzogen.

      Als Gladys eine kurze Pause einlegte, erlaubte ich mir, meine eigenen Fragen zu stellen. „Wo hast du gewohnt?“ fragte ich sie mental. Sofort sah ich vor meinem geistigen Auge die Momentaufnahme eines Wohnwagens mit einer riesigen Kiefer davor. Kiefernzapfen erschienen nur wenige Zentimeter von meinen Augen entfernt auf

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