Amateure. Katherine V. Forrest
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»Ich weiß es wirklich nicht, Miss Markham«, sagte Kate sanft. »Ich weiß nur, dass Gesetze dazu da sind, die Menschen zu schützen.«
»Hey, Cagney, Sie sind wirklich nett.« Judy Markham schüttelte sich wieder die Haare aus dem Gesicht. Sie sah Kate mit naiven blauen Augen vieldeutig an. »Sie können mich Judy nennen.«
Kate bewahrte einen neutralen Gesichtsausdruck und sprach mit sorgsam ausdrucksloser Stimme. »Ich weiß das zu schätzen, Miss Markham. Würden Sie jetzt bitte Mr. Freeman ausrufen?«
»Oh, Scheiße. Ich soll zurückgehen und weiter Akten sortieren?«
»Es dauert nicht mehr lange, bis wir dieses Stockwerk wieder fürs Publikum freigeben können. Ich weiß Ihre Geduld zu schätzen.«
»Sicher, Cagney.« Wieder der vieldeutige Blick. Judy Markham schlenderte mit wiegenden Hüften aus dem Empfangsraum.
Kate, die mit intensiver Konzentration grobe Skizzen fertigte, ging schweigend durch die Korridore, ignorierte die neugierigen Gesichter, die sie anstarrten, notierte sich Namen, schritt die Entfernungen zum Treppenhaus und zum Empfangsraum ab. Gail Freeman schlenderte neben ihr her, die Hände in den Hosentaschen, und nannte lakonisch Namen und Titel. Wieder gingen sie am Tatort vorbei, an Billie Sullivan, die telefonierend an ihrem Schreibtisch saß und sich mit mageren, knochigen Händen durch ihr karottenrotes, strähniges Haar fuhr, und an einer Tür mit der Aufschrift Herren Privat.
»Der Waschraum der leitenden Angestellten«, sagte Gail Freeman. »Natürlich muss man einen Schlüssel haben, um da reinzukommen. Es gab einen ziemlichen Aufstand, als Gretchen Phillips zur Verkaufsleiterin ernannt wurde, aber keinen Zugang zum Waschraum erhielt. Ihr hätte es nicht egaler sein können, aber die anderen Frauen waren so wütend wie Hornissen.« Er lachte in sich hinein.
»Was haben Sie getan?«
»Nichts. Ich tue nur etwas, wenn ich etwas tun kann.« Er blieb vor der nächsten Tür stehen. »Zum Beispiel hier. Textverarbeitung. Ziemlicher Betrieb da drinnen.« Er schob die schwere Tür auf.
Ein unablässiges Tapper-tatap kam von den Tastaturen der Geräte, an denen eine Reihe Frauen mit Kopfhörern arbeitete. Weiße Schrift blinkte wild auf einem halben Dutzend leuchtend grüner Bildschirme. Eine winzige schwarze Frau stand auf, raste zu einem riesigen orangefarbenen Papierkorb, schleuderte eine Armvoll Papier hinein und raste zurück zu ihrem Computer. Zwei Fernschreiber spuckten unaufhörlich gelbes Papier aus. An einem Telefon gestikulierte eine orientalisch aussehende Frau in ausdrucksvoller Frustration. Ein Faxgerät surrte rhythmisch.
Kate betrachtete diesen Strudel von Aktivität. Ihr fiel auf, dass der Geräuschpegel doch noch relativ niedrig war. Die Decke und die Wände waren mit schallschluckendem porösem Kork bespannt. Der braune Teppich wirkte etwas unansehnlich durch seine vielen Löcher – die offensichtlich wegen häufigen Umbaus der elektrischen Anschlüsse entstanden waren – und er war ungewöhnlich dick. Vier oder fünf Frauen hatten aufgeblickt, als die Tür geöffnet wurde. Sie winkten Gail Freeman zu, der die Grüße mit einem Lächeln und dem Heben seiner Hand erwiderte. Er ließ die Tür zufallen, der Lärm hörte abrupt auf.
»Eine Fabrik«, sagte Kate.
»Ja. Und die Frauen da drin sind so gute Leute, sie arbeiten so hart … Sind Sie jemals in einer Fabrik gewesen?«
»Nein.« Langsam gingen sie weiter den Korridor entlang.
»Ich komme aus einer Fabrikarbeiterstadt. Toledo. Ich habe in einer Reifenfabrik gearbeitet. Der Lärm ließ einem fast das Trommelfell platzen. Genauso laut war es in dem Raum, den wir eben gesehen haben, bis ich es geschafft habe, die schallisolierenden Wände und den Teppich anzuschaffen. Aber ohne Guys Hilfe hätte ich diese Änderungen nie durchführen können.«
»Warum nicht, Mr. Freeman?«
»Firmenetat.« Er sagte das Wort in einem Ton, in dem sie andere Leute die übelsten Schimpfwörter hatte sagen hören. »Fergus Parker sagte mir, unser Etat würde eine derartige Ausgabe nicht erlauben. Aber sogar in dieser unsicheren Wirtschaftslage mit sinkendem Verkauf und sinkenden Löhnen fand Fergus Parker nichts dabei, die gesamte Vertriebsabteilung der Firma zu einer, ich zitiere, ›Geschäftskonferenz‹ nach San Francisco einzuladen. Das hat Tausende gekostet, alle Spesen wurden bezahlt, nichts war zu gut dafür. Und ich bin schon auf derartigen ›Konferenzen‹ gewesen und weiß, wie wenig das mit den sogenannten ›wichtigen Geschäften‹ zu tun hat. Aber der Etat erlaubte es nicht, die paar tausend Dollar auszugeben, die das Arbeiten in diesem Raum auch nur einigermaßen erträglich machen würde. Guy Adams sagte schließlich, ich solle es einfach machen lassen und ihm die Rechnungen geben, er würde das mit der Firma regeln.«
»Und woher nimmt Mr. Adams diese Vollmacht?«
»Nahm«, korrigierte Gail Freeman traurig. »Er ist ein Neffe des Firmeninhabers – aber der alte Guy Adams starb letztes Jahr, und seitdem wird die Firma reorganisiert.« Er blieb stehen. »Das ist Guys Büro. Ein bemerkenswertes Büro, nicht?«
Kate sah nicht das Büro an, sondern den Mann, der halb auf der Ecke seines Schreibtisches saß und telefonierte, mit dem Gesicht zum Fenster, ihnen den Rücken zugekehrt. Sie bekämpfte wieder eine spontan aufsteigende Abneigung, studierte die sorgsam frisierten rötlich-blonden Haare, die lässige Breite der Schultern, den schlanken Körper, die schmale, durch das perfekt geschnittene, cremefarbene Jackett noch betonte Taille. »Ich werde mich darum kümmern, betrachten Sie es als erledigt«, sagte Guy Adams gerade. Seine Stimme war weich und rauchig, sie erinnerte Kate an die Stimme eines Schauspielers aus einem alten Kriegsfilm, den sie in ihrer letzten schlaflosen Nacht im Spätprogramm gesehen hatte. Aldo Ray hieß der Schauspieler, fiel ihr zu ihrer Befriedigung ein. Dann legte Guy Adams den Hörer auf, drehte sich um und sah sie mit erschreckten, sich weitenden Augen an. Sie machte eine Bestandsaufnahme seiner Gesichtszüge: eine schmale gerade Nase, ein breiter Mund mit fein geschnittenen Lippen, ein schmales Gesicht, feiner Knochenbau. Das Gesicht eines Aristokraten. Sie nickte ihm zu und ging weiter.
Sie betrat die Küche, studierte die Aufteilung des Raums, ging weiter den Korridor hinunter. Vor der geschlossenen Tür von Gail Freemans Eckbüro blieb sie stehen. »Schließen alle leitenden Angestellten die Tür ab, wenn sie ihr Büro verlassen?«
»Normalerweise nur nach Feierabend. Ich schließe allerdings die Tür auch ab, wenn ich mal während der Arbeitszeit mein Büro verlasse, weil dort vertrauliche Personalunterlagen liegen. Wenn die anderen leitenden Angestellten an etwas Vertraulichem arbeiten, schließen sie natürlich ebenfalls die Tür ab, wenn sie ihr Büro verlassen.«
»Was könnte das zum Beispiel sein?«
»Oh, Gehaltsunterlagen, unter anderem. Ich glaube nicht, dass viele tatsächlich ihre Tür abschließen, wenn sie nach Hause gehen. Ich erinnere Guy ständig daran, dass er seine Tür zumachen und abschließen soll, gerade gestern habe ich ihn deswegen wieder zur Schnecke gemacht. Sein Büro ist das einzige, in dem es wirklich etwas Wertvolles gibt. Aber die Fahrstühle und das Treppenhaus sind nachts gesichert, und die Putzfrauen sind sehr zuverlässig, bis jetzt ist hier überhaupt noch nichts weggekommen.«
»Ich verstehe. Was –« Sie brach ab. In dem Büro, das neben Gail Freemans lag, sah sie eine Frau mit schulterlangen, welligen braunen Haaren. Sie hatte ihren Drehstuhl herumgedreht,