Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Österreich. Peter Scherrer

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Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Österreich - Peter Scherrer

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      Abb. 14 Auf zahlreichen wetterfesten Schautafeln werden vor Ort Erklärungen und Rekonstruktionszeichnungen zur raetischen Siedlung im Himmelreich geboten.

       Adressen

      Freilichtmuseum Himmelreich

       beim Hochschwarzweg

       6111 Volders

      Museum Wattens im der Volksschule vorgelagerten Gebäude

      Höraltstraße 4

      6112 Wattens

      Tel. +43 5224/​54012

      E-Mail: [email protected]

       http://www.museum-wattens.at

       Literatur

      K. Sinnhuber, Die Altertümer vom „Himmelreich“ bei Wattens. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des tirolischen Unterinntales, Innsbruck 1949 (= Schlern-Schriften, Bd. 60).

       Sie ist zwar die kleinste Römerstadt auf österreichischem Boden, wartet aber mit einer Reihe von Besonderheiten auf. Aguntum beherbergt etwa ein typisch italisches Atriumhaus oder einen Fleischmarkt mit Gebirgswasserkühlung.

      07DÖLSACH – AGUNTUM: EIN HAUCH ITALIEN IN DEN ALPEN

       Tirol

      Im heutigen Osttirol befand sich in vorgeschichtlicher Zeit das Siedlungsgebiet des keltischen Stammes der Laianci, die der Bezirksstadt Lienz ihren Namen vererbt haben. Nur wenige Kilometer flussabwärts, bei Dölsach, liegt Aguntum, eine unter Kaiser Claudius (41–54 n. Chr.) zum autonomen municipium (Statutarstadt) erklärte Straßensiedlung als antiker Zentralort des Lienzer Beckens. Der Ort lag genau am Gabelpunkt der über den Großglockner nach Salzburg und weiter in den Donauraum führenden Straße und dem über das Pustertal nach Rom ziehenden Hauptverkehrsweg entlang der Drau. Daher wurde Aguntum auch nicht wie die meisten anderen römischen Städte mit einem rechtwinkligen Straßenraster ausgestattet, die öffentlichen Bauten im Zentrum orientierten sich vielmehr an einer der beiden Fernstraßen.

      Heute empfängt den Besucher direkt an der Bundesstraße 100 ein ausgedehntes Ruinengelände mit einem modernen großzügigen Museumsbau. Vom Parkplatz des Museums bzw. von der neuen Brücke der B 100, die direkt über das Schutzhaus über dem antiken Atriumhaus verläuft, kann man sich einen ersten Überblick über das Ruinengelände verschaffen. Auch die Topografie mit dem tief in das Gelände eingeschnittenen Bett des aus 2.500 m Höhe herabstürzenden Debantbachs lässt sich von hier aus gut erfassen. Der Bach begrenzte im Westen und Süden das Verbauungsgebiet der Römerstadt, das im Laufe der Jahrhunderte durch ihn teilweise abgegraben bzw. mit meterhohen Murenablagerungen und großen Geröllbrocken überdeckt wurde.

      Anschließend geht man am besten auf der Nordseite der B 100 an den Resten einiger Wohn- und Gewerbebauten der Spätantike vorbei und auf antiker Straßenlinie von Osten auf das ursprünglich 3,5 m breite und später auf 9,5 m erweiterte Haupttor der sog. Stadtmauer zu. Das Tor besitzt in seiner wohl mittelkaiserzeitlichen Ausbaustufe zwei Durchfahrten und wird beidseits von je einem quadratischen Turm flankiert. Da beide Türme an der stadtauswärtigen, vom Tor abgewandten Seitenmauer einen ebenerdigen Eingang besitzen, kann die Anlage zumindest in ihrer ursprünglichen Bestimmung nicht Verteidigungszwecken gedient haben. Zwei weitere, kleinere Durchgänge (lichte Weite 3,5 m) in der sog. Stadtmauer befanden sich in verschiedenen Zeitstufen weiter im Süden und führten auf ein Gelände, das in noch ungeklärter Weise zum anschließend zu besprechenden Atriumhaus gehörte. Das Material aus Abfallgruben in diesem Gelände, die der sog. Stadtmauer zeitlich vorausgehen, erlaubt eine Datierung der Mauer im bereits fortgeschrittenen 1. Jh. n. Chr., also noch in der Frühphase der Stadt. In dieser seit der Eingliederung von Noricum in das römische Reich im Alpenfeldzug (16/​15 v. Chr.) anhaltenden Friedenszeit gab es aber für die Errichtung von Stadtmauern keinen äußeren Anlass. Aguntum wäre damit das einzige municipium der ganzen Provinz gewesen, das in der frühen oder mittleren Kaiserzeit eine Stadtmauer erhalten hätte. Dieses Privileg stand bis in die Notzeit der Spätantike nur dem ranghöheren Stadttyp der colonia zu.

      Abb. 15 Aguntum, Gesamtplan der Ausgrabungen.

      Es gibt auch an den übrigen Seiten der Stadt keinerlei Hinweise auf eine derartige Fortifikation. Deswegen wird der Zweck dieser schnurgeraden, auf einem 3,5 m breiten Fundament errichteten Ostmauer in der Forschung seit Jahrzehnten heftig diskutiert. Vorschläge für eine Funktion als Murenabwehrriegel oder Sperrmauer gegen die das Drautal heraufziehenden Horden der germanischen Markomannen um 170 n. Chr. fanden aber nur wenig Anklang, schon deshalb, weil Wohnbauten des 2./​3. Jhs. n. Chr. zu beiden Seiten der Mauer festgestellt werden konnten. Einen bisher unbeachteten Hinweis gibt die Bautechnik selbst. Die nur alle 14,8 m (50 röm. Fuß) mit Querriegeln verbundenen, drei Fuß breiten Mauerschalen bildeten einen Kanal aus, der bei der Ausgrabung mit Erde und losen Steinen verfüllt war. Eine derartige Bauweise ist für Stadtmauern ungeeignet, in Verbindung mit der schnurgeraden Mauerführung aber für eine Wasserleitung durchaus angemessen. Für die definitive Zuweisung einer solchen Funktion wären aber die bisher fehlenden Kenntnisse zu den Endpunkten und der ursprünglichen Mauerhöhe wichtig. Eine mit einem Aquädukt zu kombinierende Möglichkeit wäre, dass die dadurch entstandene Sperre nicht gegen feindliche Truppen gerichtet war, sondern der Kontrolle von durchziehenden Viehherden und Handelskarawanen diente. Über das Pustertal lief die bequemste und für Viehtriebe am besten geeignete Route aus dem gesamten zentralen Ostalpenraum nach Italien. Die Überwachung war denkbar einfach. Sollte die Mauer irgendwo eingerissen werden, um mit einer Herde oder Karawane den Kontrollposten des staatlichen Zolls am Tor zu umgehen, versiegte sofort das über den Kanal zum Torturm geleitete Wasser und alarmierte die dort postierte Wache.

      Abb. 16 Aguntum: Blick auf die sog. Stadtmauer mit dem nördlichen Torturm und das anschließende Ruinengelände des Atriumhauses, mit dem Schutzbau über dem Atriumbereich.

      Betritt man die Stadt durch das Haupttor und geht die Hauptstraße entlang, so liegt gleich linker Hand, markiert durch einen auffälligen schwarzen Schutzbau, das Atriumhaus. Der auf einem mindestens 5.000 m2 großen Grundstück errichtete Komplex besteht aus vier großen Funktionsbereichen. Das eigentliche Atriumhaus, das einzige seiner Art im klimatisch dafür ungeeigneten Alpenraum, und ein axial anschließender Säulenhof dienten dem Wohnbedarf und der Repräsentation des Hausherrn gegenüber Gästen und Klienten. Der heute im Schutzbau eingehauste Wohntrakt besitzt die Eingangsseite im Norden an der Hauptstraße. Gegenüber im Süden liegt der für Empfänge des Hausherrn dienende Hauptraum (tablinum), womit die Wintersonne unter der gartenseitigen Vorhalle in diesen hinein scheinen und ihn erwärmen konnte, während die hochstehende Mittagssonne im Sommer von der Vorhalle abgefangen wurde. Beidseits der von Eingang, Atrium und Tablinum gebildeten Hauptachse lag je eine Reihe verschieden großer Wohn- und Wirtschaftsräume, über diesen, im anzunehmenden Oberstock, die Schlafzimmer. Das ursprünglich nicht beheizbare Atriumhaus wurde um die Mitte des 1. Jhs. n. Chr. in der Stadtgründungsphase errichtet und mehrfach umgebaut, im Laufe des 2. Jhs. n. Chr. erhielt es auch einige beheizbare Räume.

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