Tierkommunikation mit Gänsehaut. Amelia Kinkade
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Per E-Mails teilten die Mönche mir noch vor meinem Abflug mit, dass der Tempel einen neuen Tierarzt für die Tiger bräuchte. Auf der Suche nach einem Tierarzt, der exotische Tiere und insbesondere große Wildkatzen versorgen könnte, schickte ich einen Hilferuf an meine Schüler in aller Welt. Es war zwar wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen, doch schließlich fand ich tatsächlich einen Tierarzt. Und nicht nur einen: Fünf meiner Schüler waren qualifiziert und bereit, nach Thailand zu fliegen, um die Mönche und ihre Tiger zu unterstützen. Selbst als der Tempel anfing, noch höhere Ansprüche zu stellen und zu fordern, dass der Tierarzt nicht nur Erfahrung mit wilden Tigern haben müsse, sondern auch sechs Monate seines Lebens ohne Honorar opfern sollte (Sie haben richtig gelesen: Er sollte seine Tierarztpraxis schließen, auf eigene Kosten nach Thailand fliegen und umsonst arbeiten!), fand ich den Richtigen für den Job. Und der Richtige war eine Frau. Eine meiner Schülerinnen entsprach allen Forderungen und war bereit, aus Hongkong hinzufliegen. Das war ein Wunder und eine göttliche Fügung. Ich war selig. Doch dann wurde ihre Bewerbung grundlos von den Mönchen abgelehnt.
Als ich voller Tatendrang mit meinem Kameramann das Gelände am Rand von Chang Mai erreicht hatte und ungeduldig den Abt interviewen wollte, eröffnete man mir, er sei im Krankenhaus in Bangkok und stünde für ein Interview nicht zur Verfügung. Seine Mitarbeiter sagten mir, er sei am Abend vor meiner Ankunft wegen eines Notfalls ins Krankenhaus eingeliefert worden. Ich begann, für die Mönche zu beten, ohne zu ahnen, dass ich in Wirklichkeit jemanden brauchte, der für mich betete.
In den Tagen darauf fand ich mich in einem chaotischen Strudel widersprüchlicher Berichte wieder. Die Mitarbeiter des Klosters und ihre ehrenamtlichen Helfer waren bemüht, mir Interviews zu geben, doch sie verstrickten sich in Lügen. Ich war gekommen, um ihnen zu helfen, ein neues Schutzgehege für Tiger aufzubauen, in dem jeder der Tiger sein eigenes privates Paradies haben würde und trotzdem von den Touristen bestaunt werden könnte. Das würde die Spenden für den Unterhalt der Tiere generieren. In meinen Ohren klang es wie der Tigerhimmel auf Erden, und ich konnte es kaum erwarten, ihnen dabei zu helfen. Unglücklicherweise erfuhr ich in den Interviews mit den Mitarbeitern, dass die Einnahmen durch die vielen Touristen, die zum Tor hereinströmten, um die angeblich so „zahmen und friedfertigen“ Tiger zu streicheln, in dunklen Kanälen und mysteriösen Randprojekten verschwanden und nicht in die Projekte floss, für die das Geld gedacht war, wie zum Beispiel die Errichtung der Inseln.
Und als ich die engen, dunklen, fensterlosen Gefängniszellen aus Backstein aufsuchte, in denen die Tiger untergebracht waren, fand ich zu meiner Überraschung im „Tempel“ schlecht ernährte Tiger vor. Sie wurden ausschließlich mit gekochtem Huhn und Hundefutter gefüttert, um sicherzustellen, dass sie niemals Blut schmeckten und daher auch keine Vorliebe dafür entwickelten. Es gab keine Anlagen, in denen sie sich tiergerecht bewegen konnten, außer wenn die jungen Tiger im Fluss umhertollen durften. Ich stieß auf Tiger, die medizinisch nicht richtig versorgt wurden, und bekam dubiose Geschichten über die Geburt und die Schicksale der Tigerbabys zu hören. Die Tiger wirkten merkwürdig träge. Das allein hätte bei jedem sämtliche Alarmglocken auslösen müssen - ganz besonders bei einer professionellen Tierkommunikatorin. Doch ich hatte immer noch meine rosarote Brille auf und die Hoffnung, die ungewöhnliche Tierschutzeinrichtung verbessern zu können.
Von einigen der anderen thailändischen Tierschutzeinrichtungen hörte ich schon Gerüchte, dass die Mönche die Handgelenke der Tiger aufgeschlitzt hatten, damit sie nicht mehr die Krallen ausfahren konnten, dass sie heimlich mit Stromstößen für Viehherden zusammengetrieben wurden und dass ihnen der Urin der Mönche ins Gesicht gespritzt wurde, um sie unterwürfig zu machen. Ich konnte das alles nicht glauben, da ich immer noch meine rosarote Brille aufhatte. Es waren sogar Videoaufnahmen von einem Mönch, der einen Tiger mit dem Stock verprügelte, aufgetaucht. Und wieder glaubte ich nur das, was ich glauben wollte, zum Teil aus reinem Egoismus. Auch ich wollte mit den Tigern schmusen und ihnen nahe sein. Aber vor allem konnte ich einfach nicht glauben, dass buddhistische Mönche zu so grausamen Taten fähig sein könnten. Es schien allem, wofür ihre Religion steht, zu widersprechen. Ich war der romantischen Vorstellung auf den Leim gegangen und hielt immer noch stur daran fest. Doch als ich die Hilferufe der Tiger nicht länger überhören konnte, fing ich an, mit ihnen zu sprechen. Da wurde mir die hässliche Wahrheit bewusst. Ich begann, an den „Grundsätzen der liebevollen Güte“ zu zweifeln, als das Knurren der Tiger in ein lautes Brüllen überging.
Als meine rosarote Brille sich allmählich verdunkelte, suchte ich Rat bei dem Mann, in den ich verschossen war und den ich als starke Schulter mitgebracht hatte. Er versicherte mir, dass ich überreagierte und mir alles nur einbildete: Den Tigern ging es gut, sie wurden bestens versorgt, und die Mönche waren Heilige. So ist das mit dem Betrügen - Lügen sind ansteckend.
Letztendlich war es eine Leopardin in einem riesengroßen Betonkäfig, die mir die Realität schmerzhaft vor Augen führte. Das wütende Raubtier war als Touristenattraktion auf der Vorderseite des Tempels untergebracht und lief unruhig hin und her. Die ehrenamtlichen Helfer erzählten mir, dass die Leopardin den Abt angegriffen hatte und nun bestraft wurde, weil er „sie nicht mag“. Weil er sie nicht mochte? Was war aus der „liebevollen Güte“ geworden?
In einem der erstaunlichsten Augenblicke meines Lebens konnte ich die Leopardin dazu überreden, sich zu ducken und in einen noch kleineren Käfig in der Ecke ihres Geheges zu kriechen, damit wir die Tür zwischen dem inneren und dem äußeren Käfig zumachen und den äußeren Käfig mit ein paar Ästen gemütlicher gestalten könnten. Die Helfer sagten mir, es sei unmöglich, sie auch nur für einen Moment in den kleinen Käfig zu bekommen, doch die Wildkatze bewies ihnen das Gegenteil. Sie hatte den kleinen Käfig noch nie zuvor betreten. Wie die Helfer mir sagten, sei das der Grund, warum sie nichts hatte, womit sie sich die Zeit vertreiben könnte. Um fair zu sein: Ich glaube nicht, dass die meisten Helfer ahnten, welchem Betrug sie aufgesessen waren. Die fröhlichen, gutherzigen jungen Leute zerrten riesige Baumäste in den Käfig der Leopardin, auch wenn sie sagten: „Der Abt wird wütend sein, wenn er uns dabei erwischt.“ Ich sang der Leopardin vor, betete mit ihr, tröstete sie und stellte mir vor, wie sie in den winzigen Käfig ging, so dass wir lange genug die Tür schließen könnten, um die Äste in den Käfig zu ziehen. Sie betrat den inneren Käfig nicht nur einmal, sondern gleich sechs Mal, während die Jungens sich nervös an der Tür zu schaffen machten. Schließlich konnte ich sie ein letztes Mal hineinlocken, so dass die Helfer die Tür zuschlagen konnten. Auf ein Zeichen hin ließen wir sie wieder in den größeren Käfig hinein. Er war auf allen Seiten offen, so dass die Touristen sie rund um die Uhr begaffen konnten. Sie hatte keinerlei Privatsphäre und konnte sich nirgendwo verstecken. Doch wenigstens hatte sie jetzt ein paar Baumäste zum Klettern. Ich war sehr traurig, als ich diese prächtige Leopardin gefangen in ihrem nackten Einzelkäfig und in einer Pfütze aus ihrem Urin zurücklassen musste.
Mit sinkendem Herzen, doch ermutigt von meiner erfolgreichen Aktion mit der Leopardin, ging ich mit dem Personal zu einem Gehege, in dem eine Tigerin mit einer Augenentzündung hauste. Sie sagten mir, dass sie Augentropfen für das Tier hätten, sich jedoch nicht trauten, den Käfig zu betreten und ihm die Tropfen zu verabreichen. Als ich nach dem Tierarzt fragte, antworteten sie nur vage und sagten, er würde nur ein oder zwei Mal in der Woche vorbeikommen. Offensichtlich stand die kranke Tigerin ganz unten auf seiner Liste. Trotzdem war meine als Tierärztin hochqualifizierte Schülerin vom Kloster abgelehnt worden. Als ich die Helfer fragte, ob ich in ihren Käfig gehen dürfte, um ihr die Augentropfen selbst zu verabreichen, sagten sie natürlich nein. Das Tier wurde allein mit seinen Schmerzen im Käfig seinem Schicksal überlassen. Es war dabei, sein Augenlicht zu verlieren. Und ich hatte endlich meine rosarote Brille abgesetzt. Mit zehntausend Dollar weniger auf