Auf Wölfe schießt man nicht. Heinz-Dietmar Lütje

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Auf Wölfe schießt man nicht - Heinz-Dietmar Lütje

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und?«, fragte Jockel, wie nur er fragen konnte. »Nichts und«, versetzte Michaelis, der die Frage überflüssig fand, »oder willst du etwa bei unseren lieben Nachbarn um Hilfe bei der Nachsuche bitten? Schnauze halten und zu niemand ein Wort. Sollte uns jemand gesehen haben, dann habe ich auf eine wildernde Katze geschossen und die haben wir nachgesucht. Leider aber ohne Erfolg … ach ja, und ganz wichtig: Auch die Hunde haben keinen Anschuss gefunden. Ich habe also vorbeigesemmelt. Merk dir das!«

      Der nächste Tag verging, die Gedanken aber nicht. Wo war der Wolf geblieben? Hatte er nur eine leichte Verletzung durch den Schuss erlitten und war vielleicht weitergezogen? Das wäre natürlich die beste Lösung. Zumindest für ihn, den Schützen. Aber was, wenn der graue Räuber unsäglicherweise im Nachbarrevier verendet sein sollte? Mit einem guten Hund, und den hatte auf jeden Fall der dortige Mitpächter, Tierarzt Dr. Albert Klein. Sein bayrischer Gebirgsschweißhund war allseits angesehen als Nachsuchenspezialist.

      Abends trieb ihn die Unruhe aus dem Haus. Er gab seiner Frau Hiltrud, die drei Jahre jünger war und ihm manches Mal ziemlich auf die Nerven ging, einen beiläufigen Kuss auf die Wange, und wollte sich mit Berry auf den Weg machen. »Halt, wieso nimmst du Berry mit, wenn du zur Jagd gehst? Oder gehst du etwa gar nicht jagen?« Das ihn so kränkende Misstrauen in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Hatte er nicht schon genug Sorgen? Musste jetzt auch noch die Alte mit ihrer ewigen, dazu noch völlig unbegründeten, Eifersucht nerven? Die ihm schon im Mund liegende etwas heftige Erwiderung herunterschluckend antwortete er, »was du schon wieder hast. Ich habe dir doch von dem wildernden Hund erzählt, den wir im Revier vermuten. Da das ein großes Tier ist, möchte ich nicht, dass der gegebenenfalls mit Roy ins Gehege kommt. Da hat Berry schon bessere Chancen, wenn es hart auf hart geht.«

      »Ach so. So weit habe ich natürlich nicht gedacht. Ich bin ja auch keine Jägerin!«, meckerte sein Weib, die sich über sich selbst ärgerte, dass sie daran nicht gedacht hatte, »aber pass bloß auf, dass unserem großen Hund nichts passiert!«

      »Ja, natürlich!« So, jetzt nichts wie weg, dachte er, ließ den Hund in den Geländewagen springen, legte die Büchse auf den Rücksitz und fuhr los. Jedenfalls blieben ihm heute Jockels Bedenken erspart, da dieser angekündigt hatte, zum Geburtstag eines seiner vielen Freunde zu müssen.

      In Birkenrade war indes einiges los. Am frühen Morgen, keine Stunde, nachdem der verhinderte Wolfstöter und sein Jagdaufseher die Nachsuche an der Reviergrenze zur Gemeindejagd abgebrochen hatten, hatte sich einige Kilometer weiter in Richtung Kiel ein Verkehrsunfall ereignet.

      Nichts von Bedeutung, wie es zunächst schien. Die Einsatzleitstelle der Polizei informierte, nachdem der Pkw-Fahrer einen Wildunfall gemeldet hatte, den zuständigen Polizeiposten. Dieses war Birkenrade. Brummig nahm POK (Polizeioberkommissar) Peter Helmers den Anruf entgegen. Seine Frau, eine aus dem Leim gehende Braunhaarige, hatte entgegen seiner Weisung abgenommen und ihm den Hörer mit intrigantem Lächeln gereicht, weil sie sich wieder einmal mehr über eine seiner Bemerkungen über ihre Eltern, die gestern zu Besuch waren, geärgert hatte.

      »Wildunfall, so hm, wo genau?« Er hörte zu, während er schon zum Pullover griff. »Super Ortsangabe, vielen Dank, was ist denn das für ein Arsch? Weiß er jedenfalls, was er angefahren hat und ist das Stück tot?« Wieder hörte er einen Moment zu und seine ohnehin nicht gute Stimmung verschlechterte sich noch. »Na, Klasse, also von Hase bis Hundertkilokeiler alles möglich. Ich bin begeistert. Ach, eilig hat es der Herr. Na sowas. Der soll gefälligst warten, bis ich da bin … und das kann dauern«, fügte er noch hinzu.

      Kurz darauf fuhr er langsam auf die Dorfstraße, bog dann ab Richtung B 404 und nahm diese unter die Räder des blausilbernen Passat-Variant in Richtung Kiel.

      Keine fünf Kilometer, da sah er schon am rechten Straßenrand in Gegenrichtung einen brandneuen Mercedes S-Klasse mit eingeschaltetem Warnblinker stehen. Davor einen aufgeregt winkenden älteren Mann im blauen Anzug mit altmodischem Hut auf dem Kopf. Er wartete zwei entgegenkommende Fahrzeuge ab, einen Kleinbus mit Bauarbeitern einer bekannten Kieler Baufirma und einen blauen VW-Golf, drehte dann und stellte seinen Dienstwagen hinter den teuren Luxuswagen, machte Warnblinker und Blaulicht an, um die Unfallstelle entsprechend zusätzlich abzusichern und stieg aus. Gemessenen Schrittes ging er, sich zur vollen Länge seiner 186 Zentimeter streckend, auf den Unfallfahrer zu.

      »Na, Sie haben sich ja reichlich Zeit gelassen!« Mit diesen Worten empfing ihn der etwa siebzigjährige, gutgekleidete Herr. POK Helmers blickte amüsiert auf den knapp zwanzig Zentimeter kleineren Mann hinab. »Hätten Sie vielleicht auch besser getan, dann wäre ihr Wagen noch heil und wir beide müssten jetzt nicht hier sein«, erwiderte Helmers. »Jetzt geben Sie mir mal Führerschein und Fahrzeugpapiere und dann sehen wir weiter.«

      Mit missbilligendem Blick auf den Beamten reichte der Fahrzeugführer dem Polizisten die geforderten Unterlagen. Umständlich blätterte Helmers den Fahrzeugschein auf, trat einen Schritt zurück und stellte laut fest: »Stimmt!« »Was stimmt?« Auf diese Frage zu antworten hielt der Beamte für nicht erforderlich. Vielmehr schlug er jetzt den Führerschein auf, etwas fiel heraus, was allerdings der mit der Prüfung voll in Anspruch genommene POK Helmers nicht zu bemerken schien. Der ältere Herr bückte sich und hob das kleine Stück Papier auf. »Das ist da rausgefallen, hätten Sie auch gern wieder aufheben dürfen, bevor der Wind es wegweht!«, beschwerte sich der Unfallfahrer.

      »Da hat nichts rauszufallen. Vielmehr gehört da was rein, was fehlt und das ist ganz schlecht. Schlecht für Sie, wohlgemerkt.« »Wie bitte, was soll schlecht für mich sein?« Ein strenger Blick aus insoweit geübten Augen brannte sich in das Gesicht des kleineren Mannes. »Diese uralte Fahrerlaubnis ist ausgestellt auf einen Dr. Peter Himmelmann, geb. o4.04.1940 und darin fehlt das Lichtbild.«

      »Das ist Ihnen doch beim Aufschlagen meines Führerscheins herausgefallen, sagte ich doch.« Mit diesen Worten reichte ihm der alte Herr das kleine Schwarzweißfoto. Mit spitzen Fingern, als fasse er ein benutztes Taschentuch an, nahm der Beamte das Bild. »Aha, das wollen Sie sein? Kann ich unmöglich feststellen. Geben Sie mir mal Ihren Personalausweis!« Diesen bekam er, prüfte umfassend die Daten und das üblich kaum höheren Ansprüchen genügende Porträt des Bundespersonalausweises und meinte, »so, erst einmal müssen Sie sich einen neuen Führerschein ausstellen lassen. Dieser ist infolge des herausgefallenen Bildes mängelbehaftet. Bericht folgt!« Mit diesen Worten verfrachtete er Fahrzeugschein, Führerschein und das lose Bild auf sein Klemmbrett und gab den Personalausweis zurück. Er warf nochmals einen ausführlichen Blick auf die Daten, die er auf dem weißen Blatt auf seinem Klemmbrett notiert hatte und forderte, »so, Herr Professor Doktor Himmelmann, jetzt schildern Sie mir einmal genau, was passiert ist. Mit beredten Worten tat der Befragte dieses. »Mh, und Sie konnten nicht erkennen, um was für ein Tier es sich gehandelt hat?« Prof. Dr. Himmelmann schüttelte sein grauhaariges Haupt. »Nein, das habe ich Ihren Kollegen doch schon bei meinem Anruf gesagt.« Eben, eben. Als aufmerksamer Fahrer sollte man schon etwas mehr erkennen. Haben Sie gebremst?« »Ja, natürlich!« »Dann haben Sie das Tier doch auch gesehen und müssen dieses beschreiben können. Hatte es Hörner, war es rotbraun oder vielleicht grau?«

      »Jetzt habe ich langsam genug. Halten Sie mich für dement? Das Tier war dunkel, vielleicht auch grau und wohl größer als ein Hase.«

      »Soso, größer als ein Hase, na dann schauen wir doch mal.« Mit diesen Worten wandte sich der örtlich zuständige Polizeigewaltige der Vorderfront des Mercedes zu. Der rechte Kotflügel wies Haar- und Blutspuren auf, war aber nicht eingedellt. »Hm, kaum Schaden, aber ein Hase war das nicht. Vielleicht ein Wildschwein? Aber dafür ist der Schaden sehr gering. Wie schnell sind Sie denn beim Anstoß noch gewesen?«

      »Das weiß ich nicht genau. Vielleicht vierzig oder auch weniger. Ich bin die erlaubten achtzig Stundenkilometer schnell gefahren, dann kam das Tier von links über die Fahrbahn und ich habe gebremst so schnell ich konnte.«

      »Gut, Sie können sich

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