Faszination Camino - Gesund werden und gesund bleiben auf dem Jakobsweg. Anna Malou
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Das Auffinden von Quartieren ist und bleibt eine Kunst, die jedoch im Wesentlichen erlernbar ist. Im Reiseführer für meinen jeweiligen Weg, hier in meinem französischen Reiseführer von Gerard du Camino, habe ich eine Vielzahl von Tipps für Übernachtungen, die sich nach meiner Erfahrung sehr gut eignen, da sie meist zentral am Weg liegen und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen. Sollte jedoch mein Reiseführer keine brauchbaren Tipps enthalten, gehe ich stets in die Zentren der Ortschaften, wobei ich mich meist an den Kirchen der Ortschaften orientiere. Von dort aus beginnend, nutze ich die Hinweise, die mir vielfach von den Touristeninformationen gegeben werden, oder frage mich von dort aus durch. Sollte das alles nicht möglich sein, kann man in jeder Bar nach einem Quartier fragen, zumal viele der Bars und Restaurants auch Zimmer vermieten.
Nach dem heutigen Tage geht es mir gut, ich bin ausgeruht, habe keine Blessuren und auch keinen Muskelkater mehr. So fühle ich mich bestärkt, dass meine Entscheidung, heute den Bus zu nehmen, richtig war: Ich sorge für mich und versuche nur insoweit an meine Grenzen zu gehen, dass ich mich besonders am Anfang meiner Pilgerreise nicht überfordere.
Gegen Abend laufe ich durch den kleinen Ort, um in der etwas entfernten Gaststätte zu essen. Ich erhalte ein einfaches, preiswertes Mahl, esse reichlich und bin danach nur noch müde. Als ich mich auf den Weg zurück zu meinem Quartier mache, geht gerade die Sonne unter, ca. eine Stunde früher als bei uns in Deutschland, und ich freue mich, dass ich noch im Hellen mein Zimmer erreichen kann.
Dann, im Bett liegend, sehe ich in meiner Erinnerung die Landschaften, durch die ich heute gewandert bin, und ich bin gespannt auf alle Erlebnisse, die mir der morgige Tag bringen wird.
8. Tag: 31.5.2012, Arneiro das Milharicas – Minde (18,5 km)
Heute Morgen gibt es Frühstück: Ab 7.30 Uhr erwartet mich mein Gastgeber zusammen mit seiner Frau an einem fürstlich gedeckten Kaffeetisch: Toast, Schinken, Käse, Marmelade, Kaffee, Milch, es ist an alles gedacht. Ich fühle mich liebevoll umsorgt, königlich behandelt und bin mit dem Start in diesen Tag sehr zufrieden. Wir haben eine bruchstückhafte Konversation auf Englisch, wobei mir mein Vermieter erzählt, dass die letzten Pilger aus Österreich, Italien, Spanien, Korea, Vietnam, Kanada und anderen Ländern kamen. Ich bin schwer beeindruckt. Also, auch dieser Pilgerweg ist international und wird nicht nur von Europäern begangen. Beim Verabschieden per Handschlag schenkt mir mein Gastgeber noch einen Schlüsselanhänger mit einem Foto von seiner Unterkunft – ich bin erfreut. Mir tut diese freundliche, liebevolle Anteilnahme gut, die Wünsche für einen weiteren guten Pilgerweg berühren mich. Hier in der Fremde – weitab von Zuhause – gibt es eine herzliche Gastfreundschaft, die mir sehr gefällt.
So mache ich mich heute gegen 8 Uhr auf meinen Weg, laufe dem noch angenehm kühlen Morgen entgegen. Heute verläuft mein Weg bergig, häufig auf Nebenstraßen auf Asphalt, aber auch immer wieder auf schmalen Wegen direkt in der Natur. Ich sehe Windmühlen, die leider nicht mehr intakt sind, und immer wieder ergeben sich herrlich Ausblicke auf weite Landschaften mit vereinzelten Bäumen, mit weit abliegenden Ortschaften. Immer wieder treffe ich auf meinem Weg große Ansammlungen von Olivenbäumen, die hier bereits seit vielen hundert Jahren kultiviert werden. Heute haben meine Wege in der Natur wieder Steine – die mir von den Wegen auf anderen Caminos, die ich bereits gelaufen bin, so vertraut sind.
In den kleinen Orten, die ich auf meinem Wege passiere, gibt es immer wieder frei laufende Hunde, kläffend und mich häufig aggressiv verfolgend. Hier bin ich jedes Mal wieder froh, dass ich durch meine Walking-Stöcke etwas in der Hand habe, um mich im Notfall zu verteidigen.
Schließlich erreiche ich den Nebenverlauf des Rio Aviala, kann dort auf einem Rastplatz Pause machen und die wundervolle Natur rund um den kleinen Fluss herum genießen und auch fotografieren. Hier entdecke ich auch Besonderheiten der Natur, die so sicherlich nicht oft zu sehen sein werden.
Zweimal, in Monsanto und in Covao do Feto, mache ich Pause, trinke jedes Mal mehr als einen Liter Wasser in der Bar. Mit dem Rest des Flascheninhaltes fülle ich dann meine Flaschen für unterwegs auf. In Monsanto gefällt mir besonders die imposante, fast weiße Kirche mit Glockenturm, die nun wirklich ein Foto wert ist.
Heute ist es wieder brüllend heiß, ich laufe mit T-Shirt und kurzer Hose, gut eingekremt, um in der fast aggressiven Sonne bestehen zu können. Meinen Kopf schützt mein Jakobswegkäppi und die Sonnenbrille bewahrt meine Augen vor dem grellen Licht. Es geht mir gut, ich fühle mich wohl, zwar verschwitzt, aber wohl, und mein Körper erträgt bisher alle Strapazen klaglos. Nur Durst habe ich – ständig!
Hinter Covao do Feto gilt es 140 Meter Steigung zu überwinden, schmale Wege mit Geröll und unterschiedlich großen Steinen, aber gut mit Pfeilen gekennzeichnet: blaue Pfeile für Fatima, gelbe Pfeile für Santiago, schwarze Pfeile für Minde und eine weiß-rote Markierung für den Europäischen Wanderweg. Auf diesen Steinquader mit den Markierungen haben die Pilger kleine Steine abgelegt. Man sagt, dass jeder Pilger auf seinem Weg Sorgensteine ablegen kann und sich etwas wünschen kann. Insofern sprechen auch viele davon, dass dieses Wunschsteine seien.
So steige ich den steilen Berg hinauf, meine Füße Schritt für Schritt behutsam setzend. Meine Walking-Stöcke sind mir hier eine gute Hilfe, denn sie stabilisieren und stützen mich, geben mir mit dem Rucksack auf dem Rücken mehr Halt und Sicherheit. Ich laufe langsam und bin trotzdem Schweiß überströmt und überfordert. Jedoch sehe ich Blumen und farbige Flechten, mache viele Fotos und nutze die Fotostopps zum Luftholen. Auf halber Höhe gibt es viele aufgeschichtete Steinmauern, die Weidegründe für Kühe begrenzen, die Handschrift der Menschen ist auch hier vorhanden.
Wegekennzeichnung mit Wunschsteinen
Was für eine Landschaft! Nach einer gefühlten Stunde bin ich oben, völlig verschwitzt und überanstrengt, aber sehr zufrieden. Nachdem meine Knie mir auf meiner letzten Reise viele ernsthafte Probleme bereiteten, kann ich diese nun wieder belasten, es ist einfach unglaublich! Belohnt werde ich oben mit einer sagenhaften Aussicht: Weitsicht total, auf Minde, auf Waldgebiete, auf andere Ortschaften und Berge. Ich stehe und genieße, bin glücklich, mache Rast. Eine große Zufriedenheit und Dankbarkeit erfüllt mich – was für ein Leben! Meine Seele hat heute Flügel, ich fühle mich beschwingt und befreit, mein Geist wandert mit mir und ich fühle mich spirituell Gott nahe, tauche ein in meine eigene Welt, in der ich frei bin und sehr empfänglich für alle Dinge zwischen Himmel und Erde.
Der Rest des Weges für heute ist ein Kinderspiel: Zwar laufe ich auf der Straße entlang und nutze den mir zu steil erscheinenden, mit Geröll behafteten Abkürzungsweg nicht. Jedoch, als ich um 15:30 Uhr in Minde mein Zimmer beziehe, ist für mich die Welt völlig in Ordnung, ich bin dankbar und sehr zufrieden und körperlich noch immer fit.
Nach einer kurzen, aber sehr intensiv genossenen Pause, gehe ich duschen und wasche meine Wäsche, die ich dann auf dem Balkon aufhängen kann. Da ich großen Durst habe, gehe ich danach nach draußen, sitze in einem kleinen Restaurant bei extrem warmer Luft und genieße mein Getränk, raste in Ruhe und lese die Informationen für meine kommenden Streckenabschnitte. Ein kleiner Rundgang durch den Ort zeigt mir, dass es hier in Minde nicht viele Besonderheiten gibt. Als ein alter Mann mich anspricht und fragt, ob er mir den Weg zur Kirche des Ortes zeigen soll, komme ich gerne auf sein Angebot zurück. Leider kann ich die Kirche nur von außen besichtigen, da diese zu dieser Zeit verschlossen ist. Jedoch kann ich mir hier