Die Wachtturm-Wahrheit. Barbara Kohout

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Die Wachtturm-Wahrheit - Barbara Kohout

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sie nur zu einem Teil wahr ist. Der Rest – zum Beispiel eine schlichte Behauptung, wird ausgeblendet.

      Auf diese Weise wird ohne Rücksicht auf Zeit und Ort der Aufzeichnung, auf den Kontext oder den Grund der Niederschrift, von irgendeiner Stelle nach der Rösselsprungmethode ein Zitat verwendet. Es scheint eine Behauptung oder Lehre zu stützen und es als Gottes persönlichen Willen auszugeben. Sobald man eine Aussage mit einem Bibeltext verbinden kann, gilt sie als biblischer Grundsatz.

      Widersprüchliche Texte gelten nicht als Widersprüche, sondern als falsch verstandene Aussagen. So lässt sich erklären, dass einmal eine Zahl buchstäblich zu verstehen ist, ein andermal symbolisch. Einmal wird erklärt, der „Sauerteig“ sei positiv zu verstehen. Ein anderes Mal steht er für die negativen Folgen der Zerstörung des Glaubens. Es gibt für diese Art der widersprüchlichen Lehre unzählige Beispiele. Für jede Auslegung findet man auch einen Text, der passt, wie die genormten Lego-Bausteine.

      Durch verwirrende Aussagen entsteht Konfusion. Das ist die Voraussetzung, dass wir die Schuld immer bei uns selbst suchen. Mit uns muss etwas nicht stimmen, wenn wir es nicht verstehen. Wir wollen konform sein mit der Gruppe und geben die „richtige Antwort“, obwohl sie falsch ist. (Nach Liftons Methode der Bewusstseinskontrolle)

      Das Vertrauen, das meine Eltern in die Bibelerklärungen der Zeugen entwickelten, übertrugen sie unmerklich auch auf alles, was sie in den Schriften, die ihnen gegeben wurden, lesen konnten. Da sie der Quelle vertrauten, haben sie auch dem Überbringer vertraut. Sie kannten das Sprichwort: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht“. Dass alle Religionen Unrecht haben, weil sie angeblich falsche Erklärungen der Bibel verbreiten, wurde uns mit ganz simplen Bibelsprüchen „bewiesen“. Wir sollten glauben, nur die Bibelforscher – wie man damals zuweilen noch Zeugen Jehovas nannte –, sagen die absolute Wahrheit.

      Hätte uns doch damals jemand über die Grundlagen von Fundamentalismus und Extremismus aufgeklärt! Hätten wir doch erkennen können, dass die wortwörtliche Anwendung fundamentaler schriftlicher Überlieferungen ein Verharren in dem Wissensstand der zurückliegenden Jahrhunderte bedeutet. Fundamentalisten weigern sich Texte zu interpretieren und sie in ihrem Kontext und dem ursprünglichen Zweck der Niederschrift, sowie dem seinerzeitigen Wissen zu reflektieren.

      Wahrscheinlich wäre uns dann der kurze Weg vom Fundamentalismus zum Fanatismus oder Extremismus aufgefallen. Hätten dann meine Eltern nicht aus ihrer Erfahrung mit den fanatischen Nationalsozialisten eher skeptisch reagiert? Davon bin ich jedenfalls überzeugt.

      Wie sehr hätte uns das Wissen beschützt, dass man destruktive Kulte an der Behauptung erkennt, die einzig wahre Lehre zu besitzen. Die einen behaupten zum Beispiel, alle Menschen seien hypnotisiert. Allein diese Gruppe würde mit ihren Methoden de-hypnotisieren. Alle Menschen leben angeblich in Finsternis oder unter der Macht Satans, nur diese eine Gruppe nicht. Nur der Führer, Guru, die erleuchtete Mutter dieser Gruppe sei auserwählt, besitze die göttliche Energie, Weisheit, das Licht, offenbare die heiligen Geheimnisse, usw. Auch hierfür gibt es unzählige Beispiele.

      Sicher wäre uns dann aufgefallen, dass sich mit einem besonderen Bauplan ein sehr simples Erklärungsmodell bauen lässt. Das Prinzip Vorbild/​Gegenbild kann man auf alles anwenden, was als Vorschrift für gruppenkonformes Denken und Handeln vermittelt werden soll.

      Episoden aus der biblischen Geschichte dienen als Grundsatzmodell für das gegenwärtige Verhalten oder als Muster für die Endzeitprognosen. Mit dem Vorbild wird oft eine sogenannte Gewissensentscheidung, ungeachtet der historischen Hintergründe, angemahnt.

      Wieder bekommt das Vorgehen ein Siegel von der höheren Instanz durch ein Bibelzitat:

      „ … was vorzeiten geschrieben wurde, ist zu unserer Unterweisung geschrieben worden, …“22

      Weil die Schlange vom Teufel benützt wurde, Eva im Paradies zu verführen, ist auch heute der Teufel ständig auf der Lauer, wie er Menschen zur Sünde verführen kann. Zum Beispiel verführt er kleine Kinder dazu, mit Plastikspielzeug zu spielen, das einen Zauberer darstellt. Wie es in dem neuesten Video der Wachtturm-Gesellschaft „Werde ein Freund Gottes“ suggeriert wird. Das wäre mit der Sünde Evas zu vergleichen, die von der verbotenen Frucht gegessen hat.

      Weil Gott eine schlechte Welt durch eine Sintflut vernichtet hat, wird es die gegenbildliche Erfüllung, den großen Krieg Gottes, Harmagedon genannt, geben, in dem alles Böse, womit das gesamte menschliche System gemeint ist, von der Erde ausgerottet werden wird.

      Weil eine arme Witwe ihre letzte kleine Münze in den Tempelschatz gegeben hat, ist sie ein Vorbild für die Gläubigen, sich mit allem, was sie haben, Schätze im Himmel anzuhäufen, indem sie ihre materielle Habe für die sogenannten Interessen des Königreiches (weltweite Neumitgliederwerbung) spenden.

      Durchforscht man die Veröffentlichungen der Wachtturm-Gesellschaft nach Lebensberichten und Erfahrungen, begegnet man sehr häufig den Aussagen: „Wir haben unser Haus oder unser Geschäft oder Besitz verkauft, ein Studium abgebrochen, auf eine Karriere verzichtet, die Lebensversicherung oder die Altersversorgung vorzeitig gekündigt, weil wir glaubten, in der kurzen Zeit bis Harmagedon sei nichts wichtiger als die gute Botschaft vom Königreich zu predigen.“ Aber man sucht in der Wachtturm-Literatur vergeblich nach einer direkten Aufforderung Häuser und Besitz zu verkaufen oder die Lebensversicherung und Altersversorgung vorzeitig zu kündigen.

      Was veranlasst Gläubige, extreme Entscheidungen zu treffen?

      Es sind sublime Botschaften. Der Duden umschreibt sublim: erhaben; fein; nur einem feineren Verständnis oder Empfinden zugängig.

      Durch sublime Botschaften wird zu extremem Handeln manipuliert. Es wird keine direkte Anweisung gegeben. Die Gruppenerwartung veranlasst zur gewünschten Schlussfolgerung. Manipulation durch gruppendynamische Prozesse. Durch Gewissensfragen wie: möchtest Du nicht auch Jehova gefallen? Sicher willst Du Satan keinen Raum geben, usw., wird signalisiert, welche Entscheidung erwartet wird. Siehe Anhang „Parameter“, Frage 16

      Jehovas Zeugen sind mit ihrem gut geschulten Gewissen diesem feineren Verständnis oder Empfinden zugänglich, denn sie werden geschult, Zusammenhänge aus dem Inhalt der Belehrungen herzustellen.

      Versuchen wir am Beispiel eines Artikels aus dem Wachtturm vom 15. Februar 2011, diese feinen, sublimen Botschaften zu analysieren.

      Der Artikel hat die Überschrift:

       „Gottes Anerkennung zu gewinnen bringt ewiges Leben ein“

      Welche Botschaft signalisiert dieser Titel? Gewinnen ist sicher nicht im Sinne eines Lottogewinnes gemeint. Es soll wohl bedeuten, dass der Lohn ewiges Leben und Anerkennung auch einen Einsatz erfordert.

      Was unter dem Einsatz zu verstehen ist, kann dann von dem Beispiel abgeleitet werden, das zur Einleitung der Abhandlung gebraucht wird:

       „Die Frau und ihr Sohn hatten Hunger. Gottes Prophet aber auch. Sie suchte gerade ein wenig Feuerholz zum Kochen zusammen, da bat Elia sie um Wasser und Brot. Sie war zwar bereit, ihm etwas zu trinken zu geben, doch alles, was sie noch zu essen hatte, war, eine Handvoll Mehl in dem großen Krug und ein wenig Oel in dem kleinen Krug. Diese Witwe in Zarephath konnte es sich eigentlich nicht leisten, dem Propheten etwas abzugeben, und ließ ihn das auch wissen (1. Kö. 1Zg-12). 2 Doch Elia beharrte auf seiner Bitte:, Mache mir von dem, was da ist, zuerst einen kleinen runden Kuchen, und du sollst ihn zu mir herausbringen, und für dich und deinen Sohn kannst du

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