Art of Fake.. Zulehner Christoph
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Kurz nachdem Paris am 14. Juni 1940 gefallen und von der Wehrmacht besetzt worden war, reiste Schiaparelli nach New York und verbrachte dort – abgesehen von ein paar Monaten an der Seine im Jahr 1941 – die Zeit bis Kriegsende. Als sie zurückkehrte, hatte Christian Dior bereits seinen „New Look“ auf den Laufsteg gebracht, der sich von allem abgrenzte, was die Mode der Vorkriegszeit ausgemacht hatte. Im Jahr 1954 feierte Coco Chanel die Wiedereröffnung ihres Modehauses. Chanel sollte es gelingen, das Etikett des Gestrigen abzustreifen und ihre Mode als klassisch und zeitlos zu präsentieren. Elsa Schiaparelli fand keine stimmige Marktpositionierung mehr. Im Dezember desselben Jahres musste sie die Tore ihres Hauses endgültig schließen. Zu seinen besten Zeiten hatte es allein in Paris mehr als 4.000 Mitarbeiter beschäftigt. Nun war Schluss.
Über die Ursachen für dieses Aus lässt sich nur spekulieren. Zwei Gedanken drängen sich mir jedoch geradezu auf. Der erste: Ein gelungener Fake ist noch lange keine Garantie für dauerhaften Erfolg. Und der zweite: Wer seine Persönlichkeit zur Marke macht, der muss irgendwann lernen, über seinen Schatten zu springen. Elsa Schiaparelli hatte sich mit geschickter Selbstinszenierung und kalkulierter Provokation selbst in den Olymp der Mode katapultiert. Dabei hatte sie durchaus etwas zu bieten. Über ihre Bedeutung in der Geschichte der Mode gibt es keine zwei Meinungen. Mittlerweile haben einige der berühmtesten Museen der Welt ihrem Schaffen umfangreiche Retrospektiven gewidmet.
Doch Schiaparelli hat selbst einmal gesagt: „Sobald ein Kleid geboren ist, ist es auch schon Teil der Vergangenheit.“ Mode ist per Definition ephemeral – sie entsteht für den Augenblick und ist im nächsten Moment vergangen. Das heißt für Modeschöpfer: Es muss immer weitergehen, der Fluss der Ideen darf nie abreißen. Und bei allen von genialen Individuen gegründeten Marken in sämtlichen Branchen entsteht Konstanz eigentlich nur, wenn man irgendwann ein Team bildet. Um den Erfolg zu sichern, muss man bereit sein, ihn zu teilen; man muss delegieren, Dinge abgeben, viele andere einbinden. Gut möglich, dass einer Exzentrikerin und Egozentrikerin wie Elsa Schiaparelli dieser Schritt nie gelungen ist.
So machte es sich schließlich eine viel jüngere Generation zur Aufgabe, die Marke Schiaparelli am Leben zu erhalten. Im Jahr 2006 erwarb der italienische Unternehmer Diego Della Valle die Rechte. Sechs Jahre später begann Della Valle, der bereits die Marken Tod’s, Hogan und Fay aufgebaut hatte, mit dem Relaunch. 2015 wurde Bertrand Guyon zum Design Director ernannt, ein Mann Anfang 50 mit Halbglatze, gepflegtem Vollbart und zurückhaltendem Auftreten. Er arbeitet im selben Haus, in dem sich einst das Modehaus Schiaparelli befand. Und zwar in einem Studio, in dem „Shocking Pink“ und ähnlich indiskrete Farben um die Wette leuchten wie auf einem Rummelplatz. Seine Modenschauen inszeniert er gern in den prunkvollen Gängen der Opéra Garnier, die dafür in grellrosa Licht getaucht werden. Ob all dieses Rosarot wirklich reicht, um die Legende aufleben zu lassen, bleibt abzuwarten. Schockiert von der Signaturfarbe der Schiaparelli dürfte heute jedenfalls niemand mehr sein.
4 | DER AUTOVERKÄUFER
Wie viele Existenzgründer scheute auch ich zu Beginn meiner Selbstständigkeit das Risiko. Schließlich verfolgt Gründer eine Horrorstatistik in den ohnehin schlechten Schlaf, nach der zwei Drittel der Neugründungen nach drei Jahren wieder vom Markt verschwunden sein sollen. Ich lebte also bescheiden und hielt meine Kosten so gering wie möglich. Ein eigenes Büro sparte ich mir und arbeitete lieber von zu Hause aus. Mein erster Geschäftswagen war ein Kia: nicht schön, nicht repräsentativ, nicht einmal komfortabel auf langen Strecken, dafür aber günstig sowohl in der Anschaffung als auch im Unterhalt. Außerdem seitens des Herstellers mit ebenso umfassenden wie beruhigenden Garantieversprechen gesegnet. Deutsche Hersteller hatten solche Garantien nicht nötig, da ihnen die geneigte Kundschaft die Autos ohnehin aus den Händen riss. Die Fahrer eines Audi, BMW, Mercedes oder Volkswagen nahmen – und nehmen bis heute – sogar halbjährige Lieferfristen stoisch und ohne zu murren in Kauf.
Beim Koreaner kaufte man dagegen direkt vom Hof des Händlers. Dorthin hatten einen neben den erwähnten Garantien meist noch satte Rabatte oder nahezu zinsfreie Finanzierungsangebote gelockt. In der Ausstattung unterschieden sich die Modelle auf dem Hof ohnehin kaum. Die Lackfarben waren alle ähnlich fad. Kurzum: Wer mit Autos emotional eher wenig anfangen konnte und günstig mobil sein wollte, ohne ein großes Risiko einzugehen, der war hier genau richtig. Bei mir war das jedoch anders. Ich bin eigentlich ein ziemlicher Autofan, der zudem deutsche Ingenieurskunst in höchstem Maße zu schätzen weiß. Der „Reiskocher“ war eher eine Notlösung. Bei Kundenbesuchen wollte ich denn auch am liebsten nicht beim Ein- oder Aussteigen gesehen werden. Krankenhäuser als meine primären Beratungskunden waren insofern günstig, als ich mein Auto dort unauffällig auf den meist gut gefüllten Patienten- und Besucherparkplätzen abstellen konnte.
Mit meiner Selbstständigkeit war ich von Anbeginn erfolgreich. Doch dauerte es eine Weile, bis ich das selbst wirklich glauben konnte. Und es verstrich dann nochmals einige Zeit, bis ich Vertrauen in den dauerhaften Erfolg hatte und entsprechende Entscheidungen traf. Endlich war es dann aber so weit: Ich sah mich als erfolgreichen Selbstständigen und wollte das auch nach außen darstellen. Sie mögen mich nun als konventionell und angepasst schelten oder mir altmodisches Prestigedenken vorwerfen, doch zum Unternehmertum gehörte für mich unbedingt ein deutsches Qualitätsfahrzeug als Geschäftswagen. Also plante ich einen Besuch in einem Autohaus für Volkswagen und Audi in meiner Heimatstadt. Für Selbstständige sind solche Termine außer der Reihe meist schwierig im Kalender unterzubringen. Während einer Woche in den Sommerferien benötigten meine Projekte dann ausnahmsweise einmal etwas weniger Aufmerksamkeit. Also betrat ich eines Tages um die Mittagszeit – nicht frei von Stolz und mit einer gewissen Vorfreude, jedoch ohne vorab vereinbarten Termin – besagtes Autohaus.
Ein Auto ist für die meisten Konsumenten der teuerste Gebrauchsgegenstand, den sie anschaffen. Bedient zu werden, ist dennoch kaum irgendwo im Handel so sehr Glücksache wie bei einem Autohändler. Schauen Sie sich nur einmal die Kundenbewertungen auf Google zu beliebigen Autohändlern in Ihrer Umgebung an. Da wimmelt es nur so von Ein-Sterne-Rezensionen mit Kommentaren wie: „Wir wollten einen Neuwagen bestellen, aber niemand hat uns beachtet. Deshalb sind wir wieder gegangen.“ Wenn Sie eine Parfümerie betreten, werden Sie vom Verkaufspersonal geradezu bestürmt. Wenn Sie dagegen in ein Autohaus kommen, können Sie nie sicher sein, ob jemand Notiz von Ihnen nimmt. Dabei sind 100 Euro für ein Parfüm ja nichts gegen die 100.000 Euro für ein Auto, denen Sie sich heute schon in der oberen Mittelklasse zügig nähern, sofern Sie bei Motorisierung und Ausstattung aus dem Vollen schöpfen. So gesehen hatte ich mir das richtige Autohaus ausgesucht: Keine halbe Minute betrachtete ich interessiert eines der ausgestellten Fahrzeuge, da machte sich bereits ein junger Mann auf den Weg zu mir.
HÖFLICH, SOUVERÄN, ENTSPANNT, FAKER
Nachdem der junge Mann mich ausgesprochen höflich begrüßt hatte, fragte er: „Kann ich etwas für Sie tun?“ Ich kam direkt zum Punkt und erklärte ihm, dass ich mir einen neuen Geschäftswagen kaufen wollte und das Modell, vor dem wir gerade standen, schon einmal grundsätzlich infrage kam. Erst jetzt, als ich den jungen Mann aus der Nähe sah, fiel mir auf, wie jung er wirklich war. Sehr jung. Vom Gesicht her wirkte er wie