Briefe aus der Ferne. Группа авторов
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• Würdige Altenheime. Die Beseitigung der blutsaugerischen kapitalistischen Ausbeutung der Alten durch private Altenheime. Denn die soziale Ausschließung der Alten und Schwachen muss durch Überbrückung der Generationenkluft und den Aufbau von Achtung und Wissensvermittlung über die Generationengrenzen hinweg überwunden werden.
• Lohnerhöhung für alle Krankenschwestern und pflegenden Berufe.
• Die Beseitigung aller privaten Frauenhäuser. Staatliche Frauenhäuser sollten angemessene Gelder bekommen und ihre Arbeitenden einen würdigen Lohn. Frauenhäuser sollten eine moderne Ausstattung und angemessene Sicherheitsstandards haben. Scham und Geheimhaltung über Gewalt gegen Frauen sollte abgebaut werden, indem die Schutzsuchenden in die Gemeinschaft aufgenommen werden und eine Bildung geschieht, die Gewalt gegen Frauen verhüten will.
• Die rechtliche Anerkennung von häuslicher Gewalt sollte emotionalen und psychologischen Missbrauch einbeziehen. Die Stärkung von einstweiligen Verfügungen bei Gewalttaten. Geldstrafen für Männer, die wegen Gewalt gegen Frauen und Kinder verurteilt sind; das Geld sollte den Frauen und Kindern gegeben werden, denen sie etwas zuleide getan haben.
• Steuererhöhungen für alle Unterhaltungsformen, die Formen barbarischer Gewalt zelebrieren. Die Überwachung von Unterhaltung, die Rassen- und Geschlechterhass feiert.
• Männer sollen bei der Ausmerzung von Gewalt gegen Frauen durch andere Männer eigeninitiativ eine Führungsrolle übernehmen.
• Geistige und körperliche Arbeit von Frauen soll gleicher Status und gleiche Bezahlung gewährt werden. Der sozialen Herabsetzung weiblicher Handarbeiter soll ein Ende gesetzt werden.
• An allen Universitäten sollten kostenlose Kinderbetreuungseinrichtungen für Angestellte und Studierende angeboten werden. Tatsächlich sollte an allen Arbeitsplätzen anerkannt werden, dass die Arbeitenden Eltern sind. Erzieherinnen und Lehrerinnen sollten eine angemessene Bezahlung erhalten, die ihre Arbeit sowie die von ihnen Betreuten und Unterrichteten nicht herabwürdigt und herabsetzt. Frauenhäuser sollten angemessen finanziert werden. Sexuelle, physische und psychische Gewalt gegen Frauen und Kinder sollte offen angesprochen werden als anhaltende Form der Unterdrückung, die die zukünftige Produktivität der Gesellschaft zerstört.
• Die Kommerzialisierung und Sexualisierung von Kindern durch Unternehmen sollte strengen ethischen Richtlinien unterworfen werden, die u. a. die Darbietung von Mädchenkörpern zu Werbezwecken unter Zensur stellen.
• Ebenfalls untersucht werden müsste die Psychiatrisierung sozialer Ungleichheit. Derzeit erfinden große Pharmakonzerne und pharmazeutische Unternehmen neue Formen psychischer Störungen und behandeln immer mehr Frauen und Kinder. Die wirtschaftliche Ausbeutung der Not von Frauen durch Pharmaunternehmen sollte als politisches Thema in den Blick genommen werden. In Amerika haben sich zahlreiche Gruppen gegen die Allgegenwart der Psychiatrie in Schulen, gegen die Diagnostizierwut bei Kindern und die schädlichen Wirkungen von Medikamenten gewandt. Die Bildung starker Gemeinschaften, die Arbeit gegen Isolierung und Entfremdung sowie die Stärkung von Erwerbstätigen und Müttern – anstelle ihrer Medikalisierung – ist der gesündere Weg zur Bekämpfung der sogenannten psychischen Epidemien.
• Kostenlose Bildung und Gesundheitsvorsorge für alle Kinder wird nicht nur zu psychischer Gesundheit und zum Glück der zukünftigen Generation beitragen, sondern auch die wirtschaftliche Belastung benachteiligter Eltern mindern. Der Ersatz von Fast Food und Automaten in den Schulen durch kostenlose gesunde Mahlzeiten ist ein Beispiel für eine wichtige Verschiebung der sozialen Wertigkeiten. Die Erhöhung der Mindestlöhne wird sich positiv auf jüngere Arbeiterinnen auswirken. Die Rechte arbeitender Kinder müssen verteidigt werden.
Insgesamt sehe ich ein linkes feministisches Projekt als eine Radikalisierung von familiären Werten, die das politische Gewicht des Kinderthemas heute anerkennt und versteht, dass eine Verknüpfung von Kinder- und feministischen Themen keine rein strategische ist, sondern die Basis für eine gute und nachhaltige Gesellschaft bildet, die sich auf Modelle der Gegenseitigkeit und Partnerschaft zwischen Frauen und Männern gründet.
Ich hoffe, eure Partei ist erfolgreich.
Beste Grüße
Abigail Bray
Toni Brinkmann
Bremen, Deutschland
Toni Brinkmann war die letzten sechseinhalb Jahre vor der Rente Referentin im niedersächsischen Frauenministerium mit verschiedenen Arbeitsgebieten. Vorher Jurastudium nach langer Familienphase; dann zunächst Mitarbeiterin an der Bremer und der Münchner Universität mit den Schwerpunkten Strafvollzug, Kriminologie, Jugendrecht und Kinderrechte.
Wie könnte eine linke feministische Bildungspolitik aussehen?
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Feministinnen beklagten, Mädchen in den Schulen würden benachteiligt. Mädchen wurden weniger gefördert, machten seltener Abitur und studierten – wenn überhaupt – überwiegend »weiche« Fächer. Sie heiraten ja doch, hieß es. Inzwischen machen Mädchen durchschnittlich höhere und bessere Abschlüsse als Jungen – und schon wird der Ruf nach besonderer Förderung für Jungen laut. Würde es feministischen Ansprüchen genügen, den Vorsprung zu halten – oder sehen wir auch in diesem gesellschaftlichen Bereich die Notwendigkeit eines radikaleren linken feministischen Denkansatzes?
Ein Blick zurück
Schon 1874 schrieb Eduard Sack, ein engagierter Lehrer, in seinem Pamphlet »Unsere Schulen im Dienste gegen die Freiheit«:
Es ist geschichtlich festgestellt, was vorurtheilslos angesehen, auf der flachen Hand liegt, daß keine herrschende, auf irgend welche Vorrechte sich stützende Partei eine Bildung gutheißen und wollen kann, welche das eigene Denken zum Zweck hat, deren höchster Triumph die weiteste Entwicklung jener großen Fähigkeit ist, deren man zum selbständigen Urtheil und zum Handeln nach dem eigenen Willen bedarf. Niemals hat es eine Priesterschaft gegeben, niemals einen Adel, niemals ein Patrizierthum oder eine Bourgeoisie, niemals eine Gelehrtenkaste, niemals einen Fürsten, die eine solche Bildung gutgeheißen und gewollt hätten. (Sack 1878: 83)
In den 1960er Jahren entwickelte sich eine lebhafte Bildungsdiskussion. Vieles wurde geschrieben, nichts auf Dauer umgesetzt. Der Befreiungs-Pädagoge Paolo Freire bestätigte Sacks Erkenntnis:
Diejenigen, die die Macht in einer Gesellschaft innehaben, bestimmen die Zielsetzungen und Inhalte von Erziehung, und nicht die Philosophen. Darum kann man nicht die Erziehung gegen die Machthaber ausrichten. (Freire 1981: 110)
Seit mindestens 150 Jahren gehen in Deutschland praktisch alle Kinder viele Jahre lang zur Schule. Doch gibt es noch immer sogenannte bildungsferne Schichten, eine tiefe soziale Spaltung der Gesellschaft und rund 4 Mio. Analphabeten. Bis heute blieb trotz aller gegenteiligen Erfahrungen die Hoffnung auf soziale Gerechtigkeit durch staatliche Beschulung lebendig, insbesondere bei Linken.
Wie lange muss die Schule noch versagen, bis wir uns zu fragen beginnen, ob sie nicht entweder das falsche Mittel zur Erreichung sozialer Gerechtigkeit ist oder ganz andere Ziele verfolgt? Bis wir darauf zurückkommen, was Everett Reimer