Geburtsort: Königsberg. Ursula Klein
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Geburtsort: Königsberg - Ursula Klein страница 14
„Kannst du noch mehr aus der damaligen Zeit erzählen?“ Hanna und Lisbeth waren dankbare Zuhörer. „Da gibt es noch so viel zu erzählen, dass ich gar nicht weiß, womit ich anfangen soll. Ich versuche es einmal:
Nachdem Herzog Albrecht in das Schloss als Schlossherr eingezogen war, versuchte er, das Land auch nach weltlichen und nicht nur nach katholischen Richtlinien zu regieren. Seine Verdienste liegen darin, dass er z. B. kurz nach seiner Machtübernahme das ehemalige Ordenskrankenhaus – das ja in herzoglichen Besitz übergegangen war – der Stadt stiftete. Damit hatte die Stadt ein gut funktionierendes Krankenhaus. In der damaligen Zeit gab es eine fürchterliche Krankheit: die Pest.
Als dann Anfang des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts insgesamt fünf mal Pestepedemien ausbrachen und 1831 auch noch die Cholera, reichte das große Krankenhaus noch nicht einmal aus, um alle kranken Menschen aufzunehmen und vor allem von den noch gesunden Menschen zu isolieren.
Er förderte ganz besonders die Berufe der Kunsthandwerker, Baumeister, Ärzte. So gab es damals beispielsweise den Beruf eines Plattners, der Prunkharnische anfertigte, die Büchsenmeister, die Geschützgießer und Goldschmiede. Die vielen guten Handwerker kamen auch deshalb nach Königsberg, weil sie als Anhänger der Reformation meist in ihren alten Ortschaften nicht bleiben konnten und in Königsberg durch Herzog Albrecht Schutz erhielten. Wer damals ein sogenannter ‚Abtrünniger des Glaubens‘ war, wurde exkommuniziert, d. h. er durfte die Kinder nicht taufen lassen, wurde nicht begraben, erhielt keine Absolution durch die Beichte und hatte auch sonst sehr wenig Rechte. Wir brauchen keine Beichte in der Kirche abzulegen, denn wir erhalten Vergebung durch unseren Herrn Jesus, der für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist, wenn wir unsere Fehler nur richtig bereuen.
Auf Herzog Albrecht geht auch die Gründung der Königsberger Universität zurück, die bereits 19 Jahre nach seiner Machtübernahme erfolgte. Sie erhielt nach ihm den Namen ‚Albertina‘. Ärzte, Prediger, Dichter, Schriftsteller, Philosophen sowie Maler, Bildhauer und alle anderen wichtigen Leute für die Entwicklung einer Stadt und die Hofhaltung kamen nicht als Nachwuchs von Königsberg, sondern aus anderen Ländern. Mit der Gründung der Universität hat Herzog Albrecht die Grundlage für eine eigene Entwicklung Königsbergs gelegt, in der ganz berühmte Persönlichkeiten tätig waren. Zum Beispiel Immanuel Kant war so berühmt, dass er heute noch bei allen Königsbergern und in anderen Ländern geehrt wird.
1618 wurde dann das Herzogtum Königsberg mit dem Kurhaus Brandenburg vereinigt. Damit war Königsberg dann nicht mehr die Residenz des Landesherren und der preußischen Könige, sondern eben nur noch eine Stadt wie jede andere größere in Brandenburg.
Anmerkung: Die Krönung 1861
Die Krönung Friedrich Wilhelm V. zum König von Preußen in der Schlosskirche am 18.Oktober 1861. Die Schlosskirche ist reichlich verziert. Die Orgel steht noch auf der Südempore. Der König steht mit seinem Rücken zum Altar. In seiner Hand das Krönungsschwert Herzog Albrechts, gefertigt von Jobst Freudener.
Am 18. Januar 1701 wurde Friedrich I in unserem Schloss zum König von Preußen gekrönt. Wilhelm V. setzte sich am 18. Oktober 1861 in unserer Schlosskirche die Königskrone auf. Er wurde später gegen seinen Willen zum Deutschen Kaiser in Versailles gekrönt. Vorhin sind wir am Bismarck- und Kaiser-Wilhelm-Denkmal vorbeigegangen und der Platz wurde nach dem Kaiser benannt. Bismarck war fast 20 Jahre preußischer Ministerpräsident.
Anmerkung: Die Huldigung
Nach der Krönung des letzten „nur“ Königs von Preußen, Friedrich Wilhelm V., kam es zur Huldigung der Stände auf dem Schlosshof. Dies war der letzte selbstständige und schicksalslose Höhepunkt der Preußischen Monarchie (auf den Tag genau 198 Jahre nach der Huldigung des großen Kurfürsten). 1871 wurde er, gegen seinen Willen, zum Kaiser in Versailles gekrönt.
Aber Königsberg hatte nicht nur schöne Tage erlebt. So war unsere Stadt im Siebenjährigen Krieg vier Jahre lang, und zwar von 1758 bis 1762 von den Russen belagert und ausgeräubert worden. Viel schlimmer war es dann aber im Juni 1807, als die Franzosen in Königsberg einmarschierten und die Stadt niederbrannten, außerdem noch eine große Summe an Kriegsschuld gezahlt werden sollte, nämlich 12 Millionen Franc. Königsberg zahlte an dieser Summe bis zum Jahre 1900.
Anmerkung: Im Schlosshof „In 1800“
Durch diese Kriegseinwirkungen und Feuersbrünste sind sehr viele alte Häuser abgebrannt. Darum gibt es nur noch sehr wenige aus dieser Zeit. Die alte Stadtbefestigung ist z. B. nur noch ein kleiner Rest und die alten Patrizierhäuser sind auch fast alle aus den vergangen Zeiten nicht mehr da.
Als Napoleon dann mit seinen Truppen in Richtung Russland marschierte, wurden die durchziehenden Soldaten in Königsberg stationiert. Damals waren so ungefähr 12 000 Franzosen einquartiert, die hier alle verpflegt und beherbergt werden mussten. Obwohl die Bürger durch den Krieg sehr arm waren, mussten sie das letzte Brot noch mit den Soldaten teilen.“
Das kam Hanna nun wieder bekannt vor, denn in Königsberg liefen sehr viele Soldaten herum und Mutter hatte erzählt, dass zu Beginn des Russlandfeldzuges 1914 auch viele Soldaten in Königsberg ernährt werden mussten. Vater meinte: „Ja, das war damals ganz genauso, weil Königsberg die letzte große Stadt im Nordosten des Deutschen Reiches und damit Versorgungspunkt für die Soldaten war.“
„Damals brachte die Hunger- und Kriegssituation das Fass zum Überlaufen. Und als bekannt wurde, dass die französische Armee in Russland geschlagen war, stand die deutsche Bevölkerung mit Beteiligung des Landadels, des Bürgertums und der Armee unter der Planung von Yorck auf und befreite sich im Februar 1813 von der napoleonischen Herrschaft. Das Haus in der Landhofmeisterstraße 16 - 18 trägt zur Erinnerung an den 5. Februar ein eisernes Kreuz mit den Worten ‚Februar 1813‘. Damals wurden auch die Grundzüge für eine Landwehrordnung entworfen, d. h. so eine Art Plan für die Selbstverteidigung mit Mobilisierung der Bevölkerung. Mein Großvater hat mir erzählt, wie stolz alle waren, die bei den Befreiungskämpfen dabeigewesen sind.“
Der Vater machte eine kleine Pause und hing seinen Erinnerungen für kurze Zeit nach. Mit einem Blick nach hinten vergewisserte er sich jedoch als Familienoberhaupt, dass seine Frau mit den drei Kindern noch da war. Ihre Blicke trafen sich in gegenseitiger Liebe. Beide waren glücklich, dass sie als Familie wieder zusammen sein konnten. Annas Blicke ruhten voller Stolz auf ihrem Mann, der sich mit den beiden Großen so schön unterhalten konnte. Sie merkte an den Bewegungen seiner Arme, dass er ab und an auf einzelne Gebäude hinwies. Also erzählte er den Kindern etwas über Königsberg. Das war auch gut so, denn über seine Heimatstadt sollte man schon Bescheid wissen. Und außerdem konnte Anna feststellen, dass die anfängliche Scheu von Hanna gegenüber ihrem Vater einer allgemeinen Vertrautheit gewichen war. Vater hatte aber auch immer wieder Kontakt und Verständnis gesucht und die Scheu voreinander war gewichen.
Auch Anna unterhielt sich angeregt mit den Kleinen, zeigte ihnen in den Grünflächen die Blumen, machte