Liselotte Welskopf-Henrich und die Indianer. Erik Lorenz

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Liselotte Welskopf-Henrich und die Indianer - Erik Lorenz

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      Für ihre Schreiben verwendete Welskopf-Henrich einen Kopfbogen, auf dem sämtliche ihrer Titel, Ämter, Würden und Orden verzeichnet waren. Darauf hinzuweisen, war ihr sehr wichtig. Schon Tage vor ihrer Berufung zur Professorin ließ sie Briefumschläge drucken, auf denen »Prof. Dr. Welskopf« stand. In dieser Hinsicht war sie sehr ehrgeizig und auch etwas eitel. (Immerhin musste sie sich ihre Titel hart erkämpfen.)

      Da kam ihr die Bitte der Zeitung »Neues Deutschland«, einen kleinen Text für die Rubrik »Woran arbeiten Sie?« zu verfassen, gerade recht: Mit enthusiastischen Worten kündigte sie die Veröffentlichung der vier Poleis-Bände innerhalb der nächsten Monate an und setzte so den Akademie-Verlag unter Druck. Trotzdem blieben Widerstände bestehen. Stellungnahmen wurden ausgetauscht, Besprechungen fanden statt; es war ein zermürbendes Hin und Her. Monate verstrichen, und Hermann praktizierte weiter seine Hinhaltetaktik. Das Gutachten, das er angefordert hatte, ließ weiter auf sich warten. Als Welskopf-Henrich nachhakte, behauptete Hermann wider besseren Wissens, der Gutachter sei viel beschäftigt gewesen und nun erst seit einem Monat mit der Angelegenheit befasst, doch Welskopf-Henrich kannte die Wahrheit und korrigierte den Institutsdirektor sofort. Später lag das Gutachten Hermann zufolge endlich handschriftlich vor, doch es ließe sich angeblich beim besten Willen keine Sekretärin abstellen, um es abzutippen. Als das Gutachten auch noch verhalten-kritisch ausfiel, drohte das Projekt endgültig auf Eis gelegt zu werden. Dann nahte der 7. Oktober, und im Rahmen der Feierlichkeiten zum 33. Geburtstag der DDR erhielt Welskopf-Henrich den Nationalpreis. Den Empfang beim Staatsrat nutzte sie, um einflussreiche Unterstützer zu gewinnen. Endlich wurde das Werk gedruckt.

      Welskopf-Henrich suchte sich immer genau die Leute aus, die sie für ihre eigenen Arbeiten brauchte oder haben wollte. So auch Gert Audring, der im Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie arbeitete. Ob sich Welskopf-Henrich damit den Unwillen des Institutsdirektors Hermanns zuzog, kümmerte sie nicht weiter. Hermanns Macht war ohnehin eingeschränkter als bisher: Die »Sozialen Typenbegriffe« unterlagen nicht mehr der Planung des ZIAGA. Welskopf-Henrich kam für das Projekt in noch bedeutenderem Maße als zuvor selbst auf und sicherte sich so eine größere Unabhängigkeit. Diese Unabhängigkeit, die es ihr auch erlaubte, private Mitarbeiter einzustellen, wurde Welskopf-Henrich vor allem durch ihre solide finanzielle Situation ermöglicht, die auf ihren belletristischen Erfolgen beruhte. Das Geld, das sie durch ihre Bücher und den Film »Die Söhne der Großen Bärin« verdiente, gab sie nahezu komplett für ihre wissenschaftlichen Projekte aus. Da die Projekte somit nicht von den Genehmigungsprozeduren der bürokratischen staatlichen Wissenschaftsorganisation abhingen, brauchte Welskopf-Henrich keine Reglementierungen zu fürchten.

      Die Wissenschaftler, die für sie arbeiteten, schätzten sie sehr, so dass sie sich stets mit Freuden an ihren Projekten beteiligten. Sie wussten, dass da jemand die Fäden in der Hand hielt, der selbst fleißig arbeitete und den Überblick besaß. Und Liselotte Welskopf-Henrich hat in der Tat unglaublich viel gearbeitet; in Phasen extremer Belastung aß sie Kaffeepulver, um sich wachzuhalten.

      Auch Detlef Rößler war einer ihrer Mitarbeiter und über lange Zeit Welskopf-Henrichs Assistent. In regelmäßigen wissenschaftlichen Beratungen und intensivem, auch politischem, Gedankenaustausch lernte er sie gut kennen. In einem Gespräch mit dem Autor beschrieb er Welskopf-Henrich als kleinere, etwas korpulente, freundlich-zurückhaltende, ein wenig mütterlich und einfach wirkende Frau mit einem gütigen Gesicht, die sich gern an der Natur erfreute. Doch in den zahlreichen Diskussionen mit ihr sei ihm die wahre Größe dieser Frau wieder und wieder bewusst geworden.

      Liselotte

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