Liselotte Welskopf-Henrich und die Indianer. Erik Lorenz

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Liselotte Welskopf-Henrich und die Indianer - Erik Lorenz

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galt. Aber auf der anderen Seite war sie völlig einfach und genügsam in ihrer Lebensweise. Ging sie einkaufen, zog sie beispielsweise gern mit einem alten Kinderwagen los.

      »Sie hätten die Frau mal sehen sollen, wenn sie um die Ecke kam!«, erinnerte sich Welskopf-Henrichs Kollege Audring lachend. »Sie hatte so einen grauen Mantel an, ein Tuch um den Kopf und einen klassischen Haarknoten, und dann dieser tiefe Kinderwagen mit solchen kleinen Rädern. Dass das die reichste Frau von Treptow war, hätte man nie geglaubt, weil sie eben ziemlich bescheiden aussah. Absolut bescheiden im Äußeren und dann ganz versessen auf ihre Schriftstellerei.«

      Walter Eder beschreibt seine Erinnerung an Welskopf-Henrich wie folgt:

      Welskopf-Henrich gewährte ihren Mitarbeitern viele Freiheiten, nicht nur hinsichtlich der Arbeitsweise, sondern auch, was die Beiträge für die verschiedenen Bände betraf, deren Herausgeberin sie war.

      Rößler selbst war zu Beginn seiner Zusammenarbeit mit Welskopf-Henrich noch sehr jung und verfasste in der »Hellenischen Poleis« seinen ersten größeren Aufsatz. Dennoch ließ ihm Welskopf-Henrich völlig freie Hand. Lediglich einige Füllwörter wie »und« oder »auch« strich sie aus dem fertigen Aufsatz ­­­– sehr zur Unzufriedenheit des damaligen Anfängers Rößler, der letztendlich jedoch sämtlichen Korrekturen beipflichtete. Dank ihrer Tätigkeit als Autorin wusste Welskopf-Henrich, wie man verschiedene Dinge am besten darstellte und konnte sich auf der Bühne der Sprache und Formulierungen sicher bewegen.

      Bei wissenschaftlichen Problemen diskutierte Welskopf-Henrich lebhaft, versuchte bei kleineren Meinungsverschiedenheiten jedoch nicht, ihre Diskussionspartner zu überreden. Unter ihren Angestellten und Kollegen galt sie als tolerant. Dies betont auch Stark, die unter Welskopf-Henrich ihre Doktorarbeit verfasst hat.

      Für Rößler war der für die DDR ungewöhnliche »Hauch von Internationalität« beeindruckend, der durch das Haus Welskopf-Henrichs wehte. Kam eine Diskussion angesichts einer schwierigen Fachfrage ins Stocken, griff sie häufig zum Hörer, um beispielsweise János Harmatta, einen berühmten Altertumswissenschaftler aus Budapest, oder andere weltweit tätige Kollegen und Bekannte anzurufen und deren Meinung zu der aufgeworfenen Frage einzuholen.

      Oft wurden die Kollegen auch direkt zu Welskopf-Henrich nach Hause eingeladen. Bevor aber Welskopf-Henrichs Gäste zwecks Diskussionen im großen Besprechungsraum Platz nehmen konnten, mussten sie erst einmal in ihr Haus am Rande des Treptower Parks gelangen. Das gestaltete sich oft als abenteuerliches Unterfangen, denn Welskopf-Henrich besaß einige große Schäferhunde, die selbst bei ihren Freunden gefürchtet waren. Wenn man die Klingel neben dem Gartentor drückte, stürzten zuerst einmal die Hunde ans Tor. In den meisten Fällen wurden sie dann von Welskopf-Henrichs Mann Rudolf weggesperrt, bevor der Besuch das Grundstück betreten konnte.

      

      Liselotte Welskopf-Henrich mit ihrer Schäferhündin Unni

      Ein tschechischer Althistoriker, dessen fachliche Kompetenz Welskopf-Henrich sehr schätzte und den sie oft zu Vorträgen einlud, wohnte und schlief einige Nächte im Dachzimmer ihres Hauses. Während seines Besuches war Welskopf-Henrich eines Abends unterwegs, und die Hunde liefen frei auf dem Gelände umher, da in der Gegend viel gestohlen wurde. Als Welskopf-Henrich nach Hause kam, belagerten die Hunde die Tür des Dachzimmers; ihr Gast hatte sich vor lauter Angst von innen mit Tischen und Matratzen verbarrikadiert. Dass er mit den Hunden nicht umgehen konnte, nahm sie ihm sogar etwas übel.

      Ganz im Gegensatz zu einem rumänischen Kollegen: Er kam eines Tages nichtsahnend auf ihren Hof, als er sie besuchen wollte, und ehe er sich versah, stürzten die Hunde auf ihn zu. In barschem Ton rief er ihnen auf rumänisch »Sitz!« zu, und – sie saßen. Seitdem sprach sie mit größter Hochachtung von ihm.

      Neben diesen fachlichen Differenzen resultierten die Spannungen zwischen den beiden wohl auch aus unterschiedlichen politischen Anschauungen. Darüber hinaus warf Welskopf-Henrich, die ehemalige Widerstandskämpferin, dem früheren NSDAP-Mitglied Hartke dessen Tätigkeit unter den Nationalsozialisten vor: Er arbeitete in einer deutschen Zentrale, die versuchte, englische und amerikanische Codes zu entschlüsseln. Diesen Codes legten die Engländer und Amerikaner jeweils ein exotisches literarisches Werk zugrunde, übernahmen daraus Worte und Textteile und vermischten diese nach einem bestimmten Zahlensystem.

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