Kopflos in Dresden. Victoria Krebs
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Die Studenten, die gerade im Begriff waren, den Raum zu verlassen, hielten inne und sahen den Rechtsmediziner verdutzt an. Ohne Marias Antwort abzuwarten fügte er hinzu:
»Ich werde nicht lockerlassen, bis Sie meine Einladung endlich annehmen.«
»Ich stehe nicht auf Männer mit Ohrringen, das erscheint mir irgendwie suspekt. Und dann auch noch in Ihrem Alter…«, schlug Maria das Angebot aus.
Dr. Petermann lachte schallend und warf dabei den Kopf wie ein Pferd zurück. Dieses Geplänkel war eigentlich nur für die Umstehenden gedacht, wie Maria wusste, insbesondere für die jungen Ärzte und Studenten, die diesen kleinen Schlagabtausch verfolgt hatten. Ebenso wusste sie, dass Dr. Petermann seinen Ruf als notorischer Frauenheld immer wieder aufs Neue unter Beweis zu stellen und hartnäckig zu verteidigen pflegte.
Aus den Augenwinkeln hatte sie bemerkt, dass Gerd bereits mit hochgezogenen Schultern in Richtung Ausgang gegangen war. Sie drehte sich nach ihm um. Selbst von hinten konnte sie erkennen, dass er wütend war. Wenige Minuten später setzte sich Maria zu ihm ins Auto.
»Arschkalt in dieser Bude«, brummte er. »Wie kann Petermann in so einem Eispalast arbeiten? Aber dieser permanent gutgelaunte Arzt scheint ohnehin aus dem gleichen Material zu bestehen wie die Edelstahltische, auf denen er sein Hackwerk der Verstümmelung verrichtet.«
Maria sah ihn erstaunt an. Welche Laus war ihm heute wieder über die Leber gelaufen?
»Hart, kalt und glänzend, mit einer Oberfläche, an der nichts hängen bleibt«, fügte er hinzu. Maria war entschlossen, nicht auf seine Äußerungen einzugehen. Daher fragte sie ihn:
»Was meinst du, Gerd? Diese Metallspäne und das Kaninchenfell sind doch auf jeden Fall erste Anhaltspunkte.«
»Warten wir die Ergebnisse der KTU ab. Für Spekulationen ist es noch zu früh.«
»Ich meine, es würde uns vielleicht weiterbringen, wenn wir wüssten, ob es sich um ein Wild-, ein Haus-kaninchen oder gar eine seltene Rasse handelt. Und wann wurde das Tier geschlachtet?«
Aber da Gerd nicht antwortete und mit verschlossener Miene neben ihr saß, startete Maria den Wagen.
»Okay, auf geht’s. Zurück ins Präsidium. Oder wollen wir noch eine Kleinigkeit essen?«
»Ich würde gerne eine Kleinigkeit rauchen«, entgegnete er. »Du auch?« Er fummelte bereits in seiner Jackentasche herum, um sein Zigaretten-Etui herauszuholen. Er bot Maria eine von den Selbstgedrehten an, die sie ab und zu gerne rauchte. Sie schmeckten einfach unverfälschter, nach richtigem Tabak eben. Sie selbst war aber viel zu bequem, um selbst zu drehen.
»Also, gib schon einen von deinen krummen Hunden her«, raunzte sie ihn grinsend an und griff ins Etui. Sie hatten beide ihre Fenster runtergelassen und qualmten schweigend.
»Gut, wollen wir reden?«, fragte Gerd und stieß eine gewaltige Menge Rauch aus. Offenbar hatte das Nikotin ihn besänftigt.
»Nein, ich muss was essen. Anderen Leuten schlägt eine Autopsie auf den Magen. Ich bekomme davon immer Hunger. Erinnert mich daran, wie lebendig ich noch bin, und dass ich die Freuden des Alltags noch so lange wie möglich genießen sollte. Damit trotze ich dem unausweichlichen Ende.«
»Haha, du siehst aber überhaupt noch nicht nach unausweichlichem Ende aus. Findet der Stahlmann da drinnen doch auch.«
»Mensch, hör auf, der fehlt mir gerade noch zu meinem Glück! Überleg dir lieber, wo wir etwas essen könnten. Worauf hast du Lust?«
»Zum China-Mann? Der an der Ecke?«
Maria nickte, warf ihre Zigarette aus dem Fenster und schloss es wieder. Gerd, der noch nicht zu Ende geraucht hatte, weil er nicht so gierig wie Maria gewesen war, verzog den Mund und blickte bedauernd auf seinen Glimmstängel, der erst zu zwei Dritteln abgebrannt war.
Gott sei Dank waren in dem chinesischen Imbiss noch zwei Tische unbesetzt. Maria steuerte auf den zu, der weit hinten in der Ecke stand.
Der Inhaber erkannte die beiden und warf ihnen ein unergründliches Lächeln zu, welches sowohl bedeuten konnte, dass er sie kaltblütig, ohne mit der Wimper zu zucken, umbringen als auch, dass er sie zur Hochzeit seiner jüngsten Tochter einladen wollte. Mit kleinen Schritten kam er an ihren Tisch und fragte nach der Bestellung. Das tat er jedes Mal, obwohl beide immer das Gleiche wollten. Noch nie hatte er sie gefragt »Wie immer?«
Unruhig spielte Maria mit ihrem Autoschlüssel, während sie auf ihr Essen warteten. Immer wieder drückte sie nervös auf den silbernen Knopf und ließ den Schlüssel herausspringen.
»Maria, könntest du das bitte lassen?« Gerd suchte ihren Blick, der unstet im Lokal hin und her wanderte. »Was ist los mit dir?«
Sie ging nicht gleich auf seine Frage ein, denn im nächsten Moment erschien der Besitzer, der in Wirklichkeit gar kein Chinese, sondern Vietnamese war, und stellte die Getränke auf den Tisch.
»Mich macht dieser Fall nervös. Weiß auch nicht wieso, aber ich krieg diese Bilder von dem Kopf in der Vase und dem Körper im Baum nicht aus dem Kopf. Und wieso, frage ich dich, wird so eine junge Frau nicht vermisst? Das ist doch nicht normal! Schließlich war sie keine von diesen Rentnern, die wochenlang unbemerkt tot in ihrer Wohnung liegen und von denen man immer wieder in der Zeitung liest. Sie sah gut aus, war nicht krank … Sie muss doch Freunde, Bekannte oder Arbeitskollegen gehabt haben. Die einzige Erklärung, die mir dazu einfällt, ist die, dass sie erst kürzlich nach Dresden gezogen ist.«
Das Essen kam.
»Dann hätte sie sich umgemeldet«, warf Gerd ein.
»Das müssen wir überprüfen. Aber wie du selbst weißt, drückt die Einwohnermeldebehörde ein Auge zu, wenn die Ummeldung erst später erfolgt. Darauf können wir uns also nicht verlassen. Aber checken müssen wir es trotzdem. Alle Ummeldungen der letzten vier Wochen müssen anhand der Parameter verglichen werden, ob es eine Übereinstimmung mit dem Opfer gibt. Sollte dies der Fall sein, müssen wir jede einzelne Frau überprüfen.«
»Warte mal. Sie hat, sollte sie tatsächlich erst kürzlich nach Dresden gezogen sein, ihren alten Job gekündigt. Da vermisst man sie nicht. Und bevor sie eine neue Arbeitsstelle angetreten hat, wollte sie die Wohnung einrichten und sich mit der Umgebung vertraut machen. Was meinst du, könnte doch sein, oder?«
»Hm«, Maria runzelte die Stirn. »Könnte was dran sein, muss aber nicht.«
»Und was ist mit ihrem PKW, falls sie einen hatte? Aber soweit ich weiß, kann man ohne Meldebescheinigung vom Einwohnermeldeamt kein Fahrzeug ummelden. Wenn wir also eine Chance haben, dann dort. Das kann Nihat übernehmen.«
Schweigend aßen sie. Aber Maria, die zunächst so hungrig gewesen war, schaffte nur die Hälfte ihrer Portion und legte danach das Besteck zurück auf den Teller. Zwar registrierte sie den irritierten Blick ihres Kollegen, ignorierte ihn aber und stierte stattdessen durch das Lokal, ohne die übrigen Gäste richtig wahrzunehmen.
»Trinken wir noch einen Kaffee?«, versuchte Gerd es noch einmal. Aber Maria schüttelte den Kopf.
Bei ihrer Rückkehr ins Präsidium sah Nihat abwechselnd sie und Gerd mit finsterer Miene an und quittierte Marias Frage nach Neuigkeiten mit mürrischem Kopfschütteln.
Sie