Monas braune Augen. Lutz Hatop
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Die Familienidylle wurde jäh unterbrochen. „Das kann es wohl nicht sein, der schmeißt du dein Geld förmlich hinterher und wenn ich mal was brauche, willst du genau wissen, für was ich jeden Cent ausgebe!“ Es war Kai, der dem Gespräch gelauscht hatte. Kai ging an den Tisch und stellte sich an die abgewandte Seite von Thelma und Mona. Er lehnte es grundsätzlich ab, mit seiner schwarzen Verwandtschaft an einem Tisch zu sitzen.
Kai klatschte Beifall. „Gut finde ich, dass du endlich ausziehst. Kann dich ja dein Neuer durchfüttern!“
„Oh, Kai, das sagt der richtige, du bist, erinnere ich mich richtig, fünf Jahre älter, hast keine Ausbildung, keinen Beruf, geschweige denn eine Arbeit, fährst ein dickes Auto und wirfst dein Geld für Frauen und Partys aus dem Fenster!“ Mona wurde sehr energisch.
„Wer hat denn das bezahlt? Du? Nein, wenn dein Vater nicht wäre, könntest du unter der Brücke schlafen!“
„Schluss ihr zwei.“ Martin versuchte, den aufkommenden Streit zu unterbinden, hatte aber keinerlei Erfolg damit.
„Mona, ich mache drei Kreuze, wenn du endlich weg bist, du solltest zurück nach Afrika in so eine Blechhütte, da gehörst du nämlich hin. Da fällst du zwischen dem dunklen Dreck mit deiner schwarzen Haut überhaupt nicht auf.“ Kai lachte dabei noch hämisch. „Nimm am besten deinen Neuen mit, da gehört ihr Schwarzen doch alle hin.“ Kai schaute Mona mit vernichtenden Blicken an.
„He! Kai, Mike ist weiß und Deutscher, ich glaube sogar Schwabe! Was ich bisher mitbekommen habe, hat der mit Afrika nichts am Hut. Und rhetorisch hast du gegen den keine Chance.“ Kevin kannte zwar Mike nicht, stellte aber diese Behauptung auf, um Kai zu ärgern. Er lachte dabei lauthals, als ob er einen besonders guten Scherz gemacht hätte.
Denise lachte nicht, sie bemerkte nur ganz kurz: „Kai, du bist so ein rassistisches Arschloch, nur krank im Kopf. Du solltest von hier verschwinden und zwar auf Nimmerwiedersehen! Am besten dorthin, wo du hergekommen bist.“
Thelma war aufgesprungen. „Ich will solche Schimpfworte hier nicht hören. Denise beherrsch dich bitte und du Kai geh, sofort! Ich habe deine Provokationen satt. Wenn es dir hier nicht gefällt, dann zieh endlich die notwendigen Konsequenzen und geh!“
Kai hatte einen hochroten Kopf bekommen. Ehe Martin eingreifen konnte, war Mona aufgestanden und ging langsam auf Kai zu. „Mami, lass mich das machen. Denn das war der berühmte Tropfen!“ Sie hatte ihre Stirn in Falten gelegt, ihre Stimme bebte vor Zorn.
„Du kannst froh sein, dass dein Vater hier sitzt, sonst würde die schwarze dreckige Schlampe dem weißen arroganten, nichtsnutzigen, rassistischen Kotzbrocken mal ordentlich Manieren beibringen. Das fängt mit einer körperlichen Züchtigung an. … Oh, Entschuldigung, das war ja viel zu edel ausgedrückt, das verstehst du ja gar nicht. Um in deinem Jargon zu bleiben“, und mit einem Seitenblick zu Thelma, „Mami, bitte verzeih mir die Ausdrucksweise, … werde ich dir jetzt deine Fresse polieren!“
Kai war einen Schritt zurückgewichen, er wusste über Monas Kampfsport Bescheid, den Capoeira. Dieser Kampfstil stammt im Ursprung von den brasilianischen Sklaven ab, ist hochakrobatisch und etwas tänzerisch. Selbst tödliche Schläge sind enthalten. Das Besondere dabei ist, dass der Angreifer lange Zeit im Ungewissen bleibt, wer ihm gegenübersteht.
„Vater, halt sie auf!“ Martin schüttelte den Kopf. „Nein, das hast du dir selbst zuzuschreiben.“ Alle verfolgten gebannt das Geschehen. „Ach ja, ich muss dich ja warnen, bevor ich tätlich werde. … Hiermit weise ich dich Kai, darauf hin, dass du schwer verletzt werden kannst!“
Mona bewegte sich weiter auf Kai zu. Sie hatte Ähnlichkeit mit einer Großkatze, die in jedem Moment ihre Beute erlegen wollte. Kai war immer weiter zurückgewichen und stand schließlich mit dem Rücken zur Wand, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Er hatte Angst, Schweiß stand auf seiner Stirn.
„Mona, halt ein, ich nehme alles zurück.“
„Du feige Kakerlake, kommst aus der Deckung, wenn du dich sicher fühlst und wenn’s brenzlig wird, verziehst du dich.“ Mona zischte wie eine Schlange.
„Geh mir aus den Augen, hau ab. Wenn du mir noch einmal näher als zehn Meter kommst, mach ich Hackfleisch aus dir, kapiert?“
„Ihr werdet alle schon noch sehen!“ Kai heulte fast, machte kehrt und rannte hinaus aus dem Speisesaal.
Mona drehte sich um und ging zurück zu den anderen. „Fast hätte ich mich vergessen. Jetzt versteht ihr auch, warum ich für weiße Männer null Verständnis habe.“
„Ah ja, und was ist mit Mike?“ Als Thelma den Namen Mike erwähnte, entspannte sich Mona sichtlich.
„Stimmt, an den habe ich gar nicht mehr gedacht. Der ist das totale Gegenteil von Kai und ich mag ihn.“
„Du magst ihn?“
„Ach, Mami, du weißt schon, wie ich das meine, hm?“
„Was ist jetzt mit Kai. Papa, was wirst du tun? Das ging eindeutig zu weit. Ich möchte mal wissen, woher er diese Einstellung hat. Der hat bei uns nichts zu suchen.“ Denise konnte sich kaum beruhigen. „Er ist, ich muss es leider sagen, immer noch mein Sohn“, stellte Martin fest.
„Das ist richtig. Ich habe ihn gerade sehr genau beobachtet. Er wird sich an dir, Mona und auch an mir rächen wollen. Denn ausgerechnet wir beide haben ihn hinausgeworfen. Seine Augen haben es mir gesagt.“ Alle schauten sie überrascht und besorgt an.
„Wie meinst du das?“, fragte Martin. „Wir müssen abwarten, ich weiß es nicht! Aber eins weiß ich. Es fängt erst an. Martin, wir müssen reden. Ich habe Angst um Mona.“ Mona wehrte sich.
„Mami, ich kann ganz gut auf mich selbst aufpassen. Und mit Kai werde ich noch allemal fertig.“ Martin pflichtete ihr bei. Thelma schüttelte den Kopf. „Nein, ich spüre die Gefahr hier drinnen.“ Sie zeigte dabei auf ihr Herz.
„Ihr versteht mich nicht. Das könnt ihr auch nicht. Ich bin jetzt müde, mir geht es auch nicht gut. Ich muss mich hinlegen.“ Sie stand auf verabschiedete sich von ihrer ganzen Familie. Als sie in der Tür stand, drehte sie sich nochmals um. „Eines Tages werdet ihr mich verstehen, noch ist die Zeit nicht reif.“ Mit diesen Worten verließ sie den Raum.
Was wollte Thelma damit sagen? Alle waren betroffen und einer nach dem anderen stand auf und verließ mit mehr oder minder guten Ausreden ebenfalls den Raum. Übrig blieb Martin, der sich fragte, was hier gerade passiert sei. Ihm kam alles plötzlich sehr fremd vor. Seine Familie war zerrissen. Es war ihm heute klar geworden, dass sein ältester Sohn sich niemals mit dem Rest der Familie arrangieren würde. Zu weiteren Überlegungen kam er jedoch nicht. Kai kam wieder zurück und stürzte zur Tür herein. Er sah seinen Vater allein im Raum sitzen.
Diese Gelegenheit nutzend setzte er sich zu ihm. „Vater, ich bin dein Sohn! Stehst du noch zu mir?“
„Dein Auftritt war nicht gerade eine Empfehlung. Natürlich bist du mein Sohn. Aber so geht das nicht weiter.“
„Wieso nur ich? Und Mona, die kann tun und lassen, was sie will? Wenn ihr nicht alle im Raum gewesen wärt, würde ich jetzt im Krankenhaus liegen, oder schlimmer!“
„Kai,