Elisabeth, Erbin von Toggenburg. Oder Geschichte der Frauen von Sargans in der Schweiz. Christiane Benedikte Naubert

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Elisabeth, Erbin von Toggenburg. Oder Geschichte der Frauen von Sargans in der Schweiz - Christiane Benedikte Naubert страница 8

Elisabeth, Erbin von Toggenburg. Oder Geschichte der Frauen von Sargans in der Schweiz - Christiane Benedikte Naubert

Скачать книгу

thut alles, was dieser Ritter euch sagt. Wir, meine Mutter und ich, sind in einem Hause, wo man nichts sieht, als bärtige, wilde Männer, und meine Mutter ist so sehr krank, und sie fragte, ob denn keine Dame vorhanden war, die ihr zu rathen wüßte, da sprach unser Retter, dieser Herr, er kenne eine, die er wie seine Schwester liebte, und er wolle sie wohl herbey holen, wenn sie folgen wollte, und da nahm er mich mit sich, euch erbitten zu helfen, und ihr werdet euch erbitten lassen, ich sehe es, weil ihr mich so freundlich anblickt.

      Ich küßte die kleine Bittende ohne genau zu wissen, was sie wollte, und sah Waltern mit fragendem Blick an. Er erzählte mir das Abentheuer mit der Gräfinn von Rappersweil auf eine so interessante Art, daß ich nicht zweifelhaft hätte bleiben können, was zu thun war, und wenn auch nicht das Schicksal dieser unglücklichen Dame, von welchem in dieser Gegend alles voll war, schon vorher manch trauriges Nachdenken und mancher Wunsch ihr zu helfen, in mir erregt hätte.

      Ich vergaß jede Bedenklichkeit, die ich haben konnte, und warf mich, in Begleitung meiner Amme, einer verständigen Frau, die der Gräfinn wahrscheinlich mehr Trost zu bringen vermochte, als ich, in den wartenden Wagen, dessen Eil ich zu beflügeln wünschte; denn ich war so ganz mit meinen Gedanken bey der Nothleidenden, daß ich kaum ans Walters zärtliche Danksagungen, und auf die Reden meiner Amme achtete, welche mit einigem Murren erwieß, daß wir uns übereilt hatten, daß eigentlich meine Gegenwart hier ganz unnöthig, nur die ihrige erforderlich sey, und daß der Graf Venosta Ursach habe, bey seiner Heimkunft zu zürnen, daß ich in seiner Abwesenheit mit einem Ritter in tiefer Nacht bey Sturm und fallendem Schnee davon gezogen sey.

      Wir kamen an. Unser Anblick verbreitete auf dem Gesicht der schwachen Gräfinn, welche hier unter lauter Männern schlecht genug bedient war, neues Leben. Sie umarmte mich, und nannte mich Schwester. Ich ließ sie in den Händen meiner Amme, und ging hinaus, um zu ihrer Verpflegung Anstalten zu machen und Befehle zu geben, als wenn ich hier zu gebieten hätte. Die Angst um sie, machte mich geschäftig, mir kam in meiner seltsamen Lage nichts wunderbar vor, und ich konnte nicht begreifen, warum mich Graf Walters Leute so mit wundernden Augen betrachteten, und warum er selbst immer in so einem Uebermaaß von Entzücken an meiner Seite war, und mich mit Danksagungen überhäufte, welche unmöglich alle auf die Rechnung der Gräfinn von Rappersweil zu schreiben waren.

      Hedwig ward in dieser Nacht die Mutter eines Sohnes, und das Entzücken, mit welchem sie ihn an die Brust drückte, war mit dem, was andere Mütter in solchen Augenblicken fühlen mögen, nicht zu vergleichen. Sie umschloß in diesem neugebornen Kinde den Ueberwinder ihrer Feinde, den Retter seines Hauses, nichts war nöthig, als seine Geburt, um den feindseligen Abt von Sankt Gallen zu demüthigen, und ihn in die Gränzen eines Lehnsmannes zurück zu weisen. Auch ermangelte Graf Walter nicht, die Nachricht von der Geburt eines jungen Grafen von Rappersweil in der ganzen Gegend kund zu machen, und Freund und Feind durch seine Herolde einladen zu lassen, sich von dem Daseyn des jungen Herrleins durch eigene Augen zu überzeugen.

      Graf Venosta war durch die Nachricht von meiner nächtlichen Verschwindung, deren Grund man ihm nur sehr unvollkommen angeben konnte, zu seltsamen Besorgnissen verleitet worden; er mußte sich selbst von der Wahrheit unterrichten, und der erste Morgenstrahl sah ihn, unter der Begleitung seines ganzen Jagdgefolgs, das, auf den ärgsten Fall schnell zu ernstlicher Fehde bewaffnet worden war, auf Walters Schlosse einreiten. Der Graf von Vatz war in Geschäften, welche das Abentheuer vergangener Nacht nothwendig machte, ausgeritten, und mich traf mein Oheim an dem Bette der erlauchten Kindbetterinn, deren inniger Dank für die Hülfe, die sie durch meine Vermittelung erlangt haben wollte, jede Furche von seiner Stirne hinweghauchte, und die Strafrede, welche mir zugedacht war, kaum zum kleinen Verweis wegen einiger Uebereilung werden ließ.

      Graf Walter kam zurück; er, nebst mir, dem Grafen Venosta, und der Schwester des Neugebornen, waren Taufzeugen des Kindes, und gaben ihm den Namen seiner Väter Rudolf. Wohlstands9 wegen wurde darauf angetragen, die Kindbetterinn, welche sich nicht von mir trennen wollte, nach dem Schlosse meines Oheims bringen zu lassen, aber sie war zu einer solchen Reise zu schwach, und ich mußte mir gefallen lassen, noch einige Zeit lang, auf Graf Walters Schlosse die Stelle der Hausfrau zu vertreten.

      In dieser Epoche geschah das, worauf die ganze Sache von Graf Waltern angelegt war. Ohne Zweifel hätte er zu Bewirthung seines schönen Gasts andere Anstalten treffen können, aber nutzte schnell die dargebotne Gelegenheit, mich in eine Verbindung zu ziehen, welche mich ihm näher brachte, er suchte mir einen stillschweigenden Beweis vorzüglicher Achtung zu geben, und sich zugleich ein Recht auf die meinige zu erwerben, indem er mich zur täglichen Zeuginn der edeln Behandlung machte, welche eine Person bey ihm fand, die ihm ganz fremd war, welche sich ihm durch nichts empfahl als Hülflosigkeit, und ihm zur Belohnung für seine Milde nichts gewähren könnte, als Verstrickung in ihre eignen verdrüßlichen Händel.

      Walter erreichte seine Absicht bey mir vollkommen, und auch mein Oheim begunnte ihn mit günstigern Augen anzusehen. Beyde interessirten sich gleich stark für die Gräfinn, und schwuren alles zu thun, sie und ihren neugebornen Sohn, in den noch immer von dem Abt zu Sankt Gallen bestrittenen Rechten zu schützen. Einerley Endzwecke machten sie vertraut, und Walter war hinlänglich auf seiner Hut, um bey dieser Vertraulichkeit nicht zu verlieren. Schon glaubte er der Erreichung seines nie wörtlich gestandenen Endzwecks, des Besitzes meiner Hand nahe zu seyn, als mein Oheim einen neuen Beweis gab, daß eine Verlobung mit ihm gegenwärtig gar nicht dasjenige sey, was er suchte oder wünschte.

      Die Geschichte meiner nächtlichen Reise – Entweichung war das Wort, dessen man sich bediente – war nicht verschwiegen geblieben. Die Lage der Gräfinn von Rappersweil erforderte es, viel Fremde zu sehen, und man fand mich immer an ihrer Seite, sah, daß ich in Graf Walters Hause die Wirthinn10 spielte und machte daraus seine Schlüsse. Einige nannten mich die Braut des Grafen von Vatz, andere setzten aus bekannten und unbekannten Umständen eine Geschichte zusammen, welche zu anstößig war, um von mir nacherzählt zu, werden, und die, als sie zu meines Obeims Ohren kam, den Entschluß, mich aus meiner wunderbaren Lage zu reissen, schnell zur Ausführung brachte. Die Kindbetterinn war jetzt stark genug, eine Veränderung der Wohnung zu ertragen, und der Aufenthalt in dem Hause des mächtigen Grafen Venosta, den ihr die Freundschaft anbot, konnte ihr die Sicherheit, die sie bey Waltern fand, in weit höherm Grade gewähren.

      Mein Oheim und der Graf von Vatz sahen finster, ich trauerte und die schöne Hedwig von Rappersweil gab dem, was keines dem andern gestehen wollte, Worte. O Schicksal! rief sie beym Abschied von ihrem bisherigen Beschützer, indem sie meine und Walters Rechte fest in der ihrigen zusammendruckte, verbinde die beyden edelsten Seelen, die du bildetest, mit einander, dies ist der beste Lohn, den du der Großmuth und uneigennützigen Freundschaft, die ich hier fand, ertheilen kannst! Hedwigs sprechende Augen waren gen Himmel gerichtet, und wir beyde sahen einander erröthend an, ohne ein Wort vorbringen zu können. Mich dünkte, Walter hätte nicht stumm seyn sollen, aber – er schwieg.

      Die Gräfinn lebte lang in unserm Hause, es kam mit ihren Beschützern und dem halsstarrigen Abt von Sankt Gallen zur offenen Fehde, in welcher jener immer unterlag, ohne ganz überwunden zu werden. Gott weiß, welches die Quellen unüberwindbarer Macht sind, welche man in unsern Tagen immer bey den geistlichen Fürsten findet. Feige Herzen, schwache Arme, sorglose Unthätigleit, welche Gegner für ritterliche Stärke und Heldenmuth! – Ohne Zweifel schlingt eine unsichtbare Kette alle Söhne der Kirche insgeheim zusammen, und wird das Mittel, sie immer den Weltlichen überlegen zu erhalten, so oft sie auch von ihnen besiegt werden.

      Hedwig war schön und eine Wittwe, und mein Oheim ein Mann, der sich dem Alter mit so langsamen zögernden Schritten näherte, daß man bey seinem Anblick seine Jahre zu zählen vergaß. Ich war vielleicht nicht die erste, welche auf den Gedanken fiel, eine Verbindung zwischen ihnen könne gegenseitiges Glück hervorbringen. Ich merkte bald, daß meine Vorschläge von beyden mit Wohlgefallen gehört wurden, und ich triumphirte in dem Gedanken, meine Freundinn und meinen Wohlthäter bald den Weg des häuslichen Glücks von neuem beginnen zu sehen.

      Graf Walter, welcher in unserm

Скачать книгу