Das Leben ist ein Ponyhof. Anja Lerz

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Das Leben ist ein Ponyhof - Anja Lerz

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was mit der Stimme sein könnte: „Es klingt seltsam, Frau Müller. Aber ich glaube, bei Ihrer Jessy ist irgendwie die Schnurrfunktion kaputt. Im Röntgenbild sieht man nichts. Das ist sehr eigenartig, aber offenbar geht es ihr gut damit. Vielleicht hat sie irgendetwas mit der Luftröhre, aber solange sie normal frisst und munter ist, würde ich da mal nichts weiter machen.“

      Ich habe mich inzwischen daran gewöhnt. Andere Katzen schnurren. Jessy macht mit halboffenem Maul „Chrrr“. Zumindest kann ich dank dieses „Chrrr“ immer sehr genau orten, wo sie gerade steckt. Nun nähert sich das Geräusch. Und ich weiß genau, was jetzt kommt. Gleich wird sie zu mir ins Bett springen und es sich auf der Bettdecke bequem machen. Erst am Fußende. Dann wird sie sich immer weiter nach oben arbeiten, sich auf meiner Brust niederlassen, mir tief in die Augen schauen und mir dabei ihren Pestodem ins Gesicht blasen. Dem entkomme ich, ihrer Majestät ergebene Dienerin, nur dann, wenn ich mich von meinem Lager erhebe und ihr das Frühstück bereite.

      Es hat also alles keinen Sinn. Die Nacht ist vorbei. Ich seufze ergeben, werfe mir den Bademantel über und tappe kurzsichtig in die Küche. Ein schwarzer Tee und Müsli für mich. Whiskas für Madame. Ich setze Teewasser auf und will mich eben auf dem Sofa niederlassen. Da höre ich aus der Küche ein leider nur allzu vertrautes Geräusch.

      Bitte nicht. Bitte nicht vor sieben Uhr am Samstagmorgen!

      Es klingt etwa wie: Hhhhhnnnnggggggg … hhhhhnnnnggggg …

      Ich stürze zurück in die Küche, packe meine würgende Katze im Nackenfell und manövriere sie ins Badezimmer.

      Und noch einmal macht sie HHHHHNNNNGGGG-GGG … …

      Und dann: HHHUUUUÄÄÄÄÄÄHH!!!

      Mein Chef, der Dekan von Coburg, selbst Besitzer eines stattlichen Katers (eines vierpfotigen) meinte einmal: „Das Wort Katze ist eine Krasis aus Kratzen und Kotzen.“

      Ziemlich angewidert wickle ich den hochgewürgten Haarballen in mehrere Lagen Klopapier und versenke ihn in der Biotonne. Der Appetit ist mir vergangen, als ich endlich zu meinem merklich abgekühlten Tee und meinem Müsli zurückkehre. Ich frühstücke.

      Jessy kommt ins Wohnzimmer, kratzt an der Terrassentür, und wirft mir einen auffordernden Blick zu. Ich öffne die Tür. Madame schlendert in den Garten. Drei Minuten später will sie wieder rein. Tür auf. Katze rein. Tür zu. Ich widme mich der Zeitung. Zwei Minuten später dasselbe Spiel: Jessy sitzt vor der Terrassentür und guckt auffordernd.

      „Nein.“

      „Mau.“

      „NEIN!“

      „MAAAUU!“

      Also gut. Tür auf. Katze raus. Tür zu.

      Kurz darauf will sie wieder rein.

      Mir reicht es. Ich lasse die Jalousie so weit herunter, dass eine Katze gerade eben hindurch schlüpfen kann, und öffne die Terrassentür. Zu dumm, dass man in eine Glastür keine Katzenklappe einbauen kann.

      Ich fahre einkaufen. Da wir hier auf dem Land sind, ist das immer ein größerer Akt. Mal schnell eine Tüte Milch oder ein Stück Butter holen geht nicht. Anschließend mache ich noch kurz zwei Geburtstagsbesuche bei älteren verdienten Gemeindemitgliedern.

      Wieder zu Hause, erwartet mich eine böse Überraschung. Die Küche schwimmt in einem dreiviertel Liter H-Milch. Ich habe wohl vorhin nach dem Frühstück vergessen, den angebrochenen Tetrapack katzensicher im Kühlschrank zu verstauen. Madame hat ihn von der Anrichte gefegt und sich einen kleinen Drink genehmigt. Nun sitzt sie mitten in der weißen Pfütze, duckt sich schuldbewusst und macht große Augen, während ich mein Donnerwetter loslasse. Mit dem Bauch am Boden und hängendem Schwanz schleicht sie betreten von dannen, und ich habe sofort ein schlechtes Gewissen.

      Immer noch leise schimpfend, putze ich die Küche. Dann widme ich mich der Predigt für den morgigen Sonntag. Gedanklich ganz vertieft in das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, will ich eben meinen Laptop aufklappen und loslegen, da höre ich von draußen ein ungemein triumphales, hohes und helles „MIIIIAUU-UUUU!!!!“

      Zu Deutsch: „Guck mal, was ich hier Tolles habe!“

      Ich springe auf, renne zur Terrassentür und hoffe, dass es mir gelingt, sie zu schließen, bevor …

      Es ist leider schon zu spät. Die Mörderin im Tigerfell ist schon im Wohnzimmer. Sie trägt ein zappelndes Etwas im Maul, ganz vorsichtig, um es ja nicht zu beschädigen, und setzt es mir vor die Füße. Es ist eine Wühlmaus, die sofort in heller Panik unter das Sideboard flitzt. Jessy schaut ihr hinterher. Dann sieht sie mich vorwurfsvoll-resigniert an. Wenn sie könnte, würde sie genervt die Augen verdrehen und sagen:

      „Du ungeschickter, plumper Zweibeiner! Nicht mal, wenn ich sie dir frei Haus liefere, bist du schnell genug, sie zu fangen!“

      Ich weiß, dass ich sie nicht schimpfen darf. Sie meint es ja so gut und ist immer so stolz. Also lobe ich sie überschwänglich, was bleibt mir auch anderes übrig. Jessy schmiegt sich begeistert schnurrend an meine Beine und folgt mir ins Arbeitszimmer. Irgendwann heute Abend muss ich halt sehen, wie ich die Maus einfange und wieder an die Luft setze. Möglichst so, dass die Katze es nicht merkt und sie mir gleich wieder zurückbringt.

      Wieder am Schreibtisch, vertiefe ich mich in den Wust an Notizzetteln, der bei mir jedes kreative Arbeiten begleitet. Jessy setzt sich mir zu Füßen und stößt einen zärtlichen gutturalen Laut aus, wie ein hohes Gurren oder Zirpen: „Brrrp!“

      Dann nimmt sie einen kurzen Anlauf und springt auf die Rückenlehne meines Schreibtischstuhls. Behaglich schmiegt sie sich an mich, wie eine lebendige Nackenrolle. Und dann, direkt in mein linkes Ohr: „Chrrr … chrrr … chrrr …“

      Diese Momente seliger Zweisamkeit sind es, die mich für hochgewürgte Haarballen, Mäuse unterm Sideboard und stinkendes Katzenfutter in der Küche entschädigen.

      Und so eine schlafende Katze im Genick hat auch ganz konkrete Vorteile. Für die Dauer des Katzennickerchens bin ich nämlich am Schreibtisch festgenagelt. Dank meiner Mieze schaffe ich es, mich zwei bis drei Stunden auf meine Predigt, meinen Unterrichtsentwurf oder meinen Haushaltsplan zu konzentrieren, ohne der Versuchung zu erliegen, in der Wohnung herumzuwandern oder mal schnell mit einer Freundin zu telefonieren. Nur, dass ich nicht aufs Klo gehen kann, ist manchmal etwas hinderlich.

      Heute komme ich gut voran. Es ist Samstag, 16 Uhr 30. Und ich bin, dank kätzischer Unterstützung, fast fertig mit meiner Predigt. Jetzt merke ich, dass sich etwas rührt in meinem Genick. Madame ist aus dem Schlafe erwacht. Gähnt und räkelt sich und springt dann in einem anmutigen Satz auf den Schreibtisch.

      „Na, Süße? Ein bisschen muss ich noch arbeiten.“

      „Brrrp …“, macht sie zärtlich.

      Dann legt sie den Kopf schief, lagert sich elegant neben meinen Laptop und beobachtet interessiert meine tippenden Hände. Ich halte beim Tippen inne und bemerke die verräterisch zuckende Schwanzspitze und das gesträubte Nackenfell. Sie lauert! Und die arme ahnungslose Beute sind diesmal meine Finger.

      „Jessy! Untersteh dich!“

      Zu spät. Mit ausgefahrenen Krallen wirft sich das Raubtier auf den Laptop und auf meine armen Hände, begeistert von der für sie so eindeutigen Aufforderung zu dem heiteren Gesellschaftsspiel „Zehn kleine Mäuschen hüpfen auf und ab“.

      Ich

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