Die Krieger des alten Japan. Roland Habersetzer
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Im Jahre 1331 war Go-Daigo gezwungen, aus Kyôto zu fliehen, nachdem seine ersten Versuche, Verschwörungen gegen das Bakufu zu organisieren, gescheitert waren. Er fand Unterschlupf in einem Kloster am westlich von Nara gelegenen Berg Kasagi. Das Kloster war eine natürliche Festung, die von Kriegermönchen, Yamabushi, gehalten wurde, welche ihm treu ergeben waren. Hier hatte er eines Nachts einen hellseherischen Traum, der im Taiheiki überliefert worden ist, einer anonymen Chronik aus dem 14. Jahrhundert. In diesem Traum sah sich Go-Daigo umgeben von einem Kreis aus Kurtisanen, die in seinem Garten in Kyôto saßen. Ein Platz aber war leer geblieben. Dieser Platz befand sich unter einem riesigen Baum, südlich von dessen Stamm. Das Blattwerk war über dieser Stelle besonders dicht. Alle schienen auf etwas zu warten. Plötzlich erschienen zwei Kinder, in denen er die Bodhisattvas44 Nikkô und Gakkô erkannte. Die Kinder knieten vor ihm nieder, um ihm zu offenbaren, daß der leere Platz für ihn selbst bestimmt war, und daß dies der einzige sichere Platz für ihn sei. Als er erwachte, versuchte er, einen Sinn in dieser Traumbotschaft zu finden. Er erkannte, daß, wenn man die Zeichen für »Baum« und »Süden« kombinierte, man den Begriff »Kampferbaum« (kusunoki) lesen konnte. Er fragte Jojubo, einen Priester des Tempels, ob er von einem Krieger gehört habe, der diesen Namen trug. Tatsächlich stellte sich heraus, daß es in der Provinz Kawachi, westlich vom Berg Kongô, einen Samurai gab, der so hieß. Man schickte einen Boten nach ihm. Kusunoki Masashige, der sich der Ehre, die ihm zuteil wurde, bewußt war, begab sich unverzüglich zum Kaiser und schwor ihm den Treueid.
Die Belagerung von Akasaka-jô
Kusunoki45 wurde 1294 geboren. Er war der Sohn des Lehnsherren Masato, eines kleinen Landadeligen aus der zwischen Ôsaka und Nara gelegenen Provinz Kawachi. Die Überlieferung besagt, daß seine Mutter, die lange Zeit kinderlos geblieben war, sich einst für hundert Tage in den auf dem Berg Shigi stehenden Tempel des Gottes Bishamon, auch Tamon-ten genannt, zurückgezogen hatte. Dort soll ihr die bevorstehende Geburt ihres Sohnes in einem Traum offenbart worden sein. Aus Dankbarkeit für die erhörten Gebete gab sie ihm den Namen Tamonmaru, Kind des Tamon. Des weiteren sagt die Überlieferung, daß der Junge seine Kindheit im Tempel von Kanshinji verbracht habe. In den Tempelarchiven sollen Aufzeichnungen zu finden sein, die davon berichten, daß er sich durch einen beispielhaften Charakter und vielseitige Begabungen auszeichnete, vor allem auf kämpferischem Gebiet. Im Alter von 15 Jahren verlieh man ihm bei der gempuku-Zeremonie den Namen Masashige. Aus ihm entwickelte sich ein gebildeter, kultivierter Mann, der zugleich ein erprobter, unabhängiger Kriegsherr war.46 In seinen jungen Jahren hatte er zweifelsohne Gelegenheit gehabt, auf Handelsreisen die Hauptstadt zu besuchen, denn seine Provinz war in Japan der Hauptproduzent für Quecksilbererz, aus dem man Zinnober extrahierte, eine Substanz, die als Kosmetikum sehr geschätzt war. Aber alles in allem gab es in seinem Leben nichts Bemerkenswertes bis zu dem Tag, an dem er Go-Daigo die Treue schwor.
Die Truppen des Shôguns machten Jagd auf Go-Daigo. Sie belagerten den Berg Kasagi. Doch sein neuer Gefolgsmann Kusunoki Masashige und dessen Leute leisteten ihnen über Monate Widerstand. Gemeinsam mit einem der jungen Söhne des Kaisers, Prinz Morinaga, machte er ihnen das Leben im Gebirge schwer, indem er einen Guerillakrieg gegen sie führte. Schließlich gelang es ihnen aber doch, den Kaiser gefangenzunehmen.
Um jeden neuerlichen Widerstand im Keim zu ersticken, wollten sie auch Kusunoki ergreifen und ihn töten. Dieser war jedoch in die Akasaka-Festung geflohen, ein rechteckiges Gelände, das von Holzpalisaden, verstärkt durch einige Türme, umgeben war. Im Frühjahr 1333 standen die Truppen aus Kamakura, nicht weniger als 100 000 Mann unter Führung des jungen und ehrgeizigen Heerführers Ashikaga Takauji, schließlich vor Akasaka-jô. Sie waren zunächst etwas enttäuscht darüber, eine Festung mit solch kläglichem Schutz vorzufinden. Sollten sie tatsächlich so leichtes Spiel mit dem Mann haben, der ihnen in den Bergen monatelang widerstanden hatte? Es gab nicht einmal einen Festungsgraben. Alles deutete darauf hin, daß die Angelegenheit noch vor Anbruch der Dunkelheit erledigt sein würde.
Es wurde Signal zum Angriff gegeben, und die Truppen stürmten auf die Palisaden zu, in einem unbeschreiblichen Gedränge. Jeder hoffte, sich den leicht zu erringenden Ruhm holen zu können, als erster in die Festung einzudringen. Doch hatten sie nicht mit dem Einfallsreichtum des Belagerten gerechnet. Hinter den Palisaden standen 200 Bogenschützen bereit. Die Angriffswellen der Truppen des Shôguns wurden förmlich niedergemäht. Als Ashikaga schließlich Befehl zum Rückzug erteilte, mußte er 1 000 tote Kämpfer vor den Palisaden der Festung zurücklassen.
Vom Kampf erschöpft, schlugen die Truppen ihr Lager auf. Sie legten ihre Rüstungen ab, pferchten die Pferde ein und begaben sich in ihre Zelte, um in der Nacht Kraft für einen neuen Angriff am nächsten Tage zu schöpfen. Sie ahnten nicht, daß der Bruder Kusunokis, Shichirô, und sein Verbündeter, Wada Gorô Masato, sich bereits den ganzen Tag mit 300 Reitern auf einem bewaldeten Hügel, entfernt vom Schlachtfeld, verborgen gehalten hatten. In zwei Gruppen kamen die Reiter aus dem Wald und stürmten das Lager der Samurai des Shôguns aus zwei Richtungen. Im Handumdrehen war es verwüstet. Plötzlich öffneten sich drei Tore in den Palisaden von Akasaka-jô, und weitere Reitertrupps Kusunokis, die während des Tages ihre Kräfte geschont hatten, schlossen sich den nächtlichen Angreifern an. Panik ergriff die Truppen des Shôguns, und Hals über Kopf flohen sie zu den Ebenen des Ishikawa-Flusses, wobei sie Tote, Verwundete, Waffen und Pferde zurückließen.
Dennoch gab Ashikaga nicht auf. Er sammelte seine Truppen und beschloß eine reguläre Belagerung der Festung. Mehrmals versuchte er, der Belagerung ein schnelles Ende zu bereiten, aber die wenigen tausend Kämpfer Kusunokis ließen alle Angriffe scheitern. Der raffinierte Gefolgsmann des Kaisers ersann immer neue Kriegslisten. Er erwies sich als erfahrener Kriegsherr, der in der Lage war, mit höchst ungewöhnlichen Methoden einem zahlenmäßig weit überlegenen Feind, der nur mit herkömmlichen Kampfsituationen vertraut war, die Stirn zu bieten. So geschah es beispielsweise eines Tages, daß auf Truppen der Belagerer, die an einem steilen Hügel vorbeiritten, plötzlich Felsblöcke und Baumstämme herabrollten, welche Kusunokis Leute oben mit Stricken festgebunden hatten, die sie nun alle gleichzeitig kappten. An einem anderen Tag gerieten sie in eine ausgeklügelte Falle. Kusunoki hatte Anweisung gegeben, daß man die Angreifer unbehelligt an einer Flanke der Festung die Palisade hinaufklettern lassen solle. In vollkommener Stille warteten seine Männer auf der anderen Seite auf den Feind, der bereits an den sicheren Sieg glaubte. Doch kaum war die Palisade von Angreifern bedeckt, ließ er die Seile kappen, die sie hielt. Diese Palisade war in Wirklichkeit eine Attrappe gewesen. Die Samurai Ashikagas stürzten zu Boden und fanden sich plötzlich vor dem echten Burgwall wieder, von dem aus Steine und Pfeile auf sie niederprasselten. 700 von ihnen mußten an jenem Tag ihr Leben lassen. Auch am nächsten Tag erging es den Truppen der Angreifer nicht besser, als sich plötzlich von oben kochendes Wasser in wahren Fluten über sie ergoß, und weder ihre Helme noch ihre Rüstungen konnten sie vor schweren Verbrühungen schützen.
Doch in der Festung wurden allmählich die Lebensmittel knapp, und Kusunoki beschloß, mit seinen verbliebenen Kriegern die Festung zu verlassen. Zuvor plante er jedoch noch eine letzte Überraschung für die Belagerer. Es war eine regnerische Nacht. Die Männer Kusunokis errichteten einen riesigen Scheiterhaufen, auf den sie die Leichen der gefallenen Kämpfer legten. Daraufhin verließen die Belagerten in aller Heimlichkeit in kleinen Gruppen die Festung und schlichen unbehelligt durch die Reihen der Belagerer, deren Aufmerksamkeit durch Müdigkeit und das schlechte Wetter nicht sehr hoch war. Ein einziger