Regensburg am Schwarzen Meer. Daniel Weißbrodt

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Regensburg am Schwarzen Meer - Daniel Weißbrodt

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er.

      »Unten am Fluss.«

      »Warte«, sagt er, geht ins Haus und kommt mit einem Bootswagen zurück. »Wir holen das Boot, du solltest es nicht unten am Wasser liegen lassen, hier ist es sicherer. Und natürlich kannst du bei uns zelten«, sagt der Mann und deutet auf die große Wiese vor dem Haus, »das ist gar kein Problem«, und wir gehen zum Fluss.

      »Veterán«, sagt der Mann und lacht, als wir am Ufer ankommen. »Den Typ kenne ich, das ist ein Kolibri IV aus der DDR. Alt, aber gut.« Er sieht sich das Boot an und entdeckt die gebrochene Spante.

      »Das müssen wir reparieren«, sagt er. »Sonst geht bald noch mehr kaputt.«

      »Ja«, sage ich. »Aber wie?«

      »Im Bootshaus haben wir alles«, sagt der Mann. »Lass mich nur machen, ich kann das.«

      Auf der Wiese zerlege ich das Boot, nehme die Spante und bringe sie ihm.

      »Ich kümmere mich darum«, sagt er. »Du kannst solange dein Zelt aufbauen und wenn du fertig bist, zeige ich dir wo die Duschen sind.« Ich baue das Zelt auf und nehme die Taschenlampe in die Hand. Sie braucht neue Batterien, gestern Abend war das Licht nur noch ganz schwach, aber beim Öffnen drehe ich an der falschen Stelle und schon habe ich nur noch splitterndes Plastik in den Händen. Mir ist als griffe ich mittlerweile, ohne es zu wollen, mit dreifacher Kraft zu, werfe die kaputte Lampe in den Müll und gehe zu dem Mann, der mir die reparierte Spante in die Hand drückt.

      »Das ist Bootsleim«, sagt er, »das müsste halten. Und bis morgen ist der Kleber getrocknet.«

      Ich bedanke mich und gebe ihm einen Zehneuroschein. Die Brücke hinüber zur Innenstadt ist eine alte, stählerne Straßenbrücke und links neben der Autospur verläuft ein etwa zwei Meter breiter Fußgängerweg aus ausgetretenen, grauen Holzbohlen. Ich bleibe eine Weile auf der Brücke stehen, lehne mich auf das Geländer und sehe hinab auf den Fluss. Es ist ein warmer, klarer Sommerabend, im Westen schimmert der wolkenlose Himmel rötlich und die Stadt liegt in ein mildes Licht getaucht.

      An einem Bankautomaten hebe ich slowakische Kronen ab, das Pflaster vor dem Nationaltheater ist noch warm von der Hitze des Tages und ich sehe mir die Auslagen der kleinen Buden an, in denen Souvenirs verkauft werden. Postkarten und Aquarelle mit Stadtansichten, Keramik und T-Shirts mit der Aufschrift »Kiss me, I am Slovak«.

      Am Rande eines Brunnens sitzt ein junger Mann in einer grünen Hose und einer grünen Jacke. Sein Gesicht ist grün geschminkt, er ist barfuß und in der Hand hält er eine grüne, geschwungene Pfeife. Auf dem Kopf trägt er einen grünen Hut mit einer Sonnenblume und vor ihm steht ein Keramikbecher. Er bewegt sich ganz langsam, öffnet den Mund und schließt ihn wieder, geradeso wie ein müder, alter Karpfen an Land, und deutet dann auf den Becher zu seinen Füßen. Ich werfe eine Münze hinein und er verzieht das Gesicht zu einem breiten Grinsen, verbeugt sich und lüpft den Hut.

      Ich gehe zurück zum Ruderklub, setze mich ans Ufer und blicke über den Fluss. 522 Kilometer bin ich nun gefahren, fast vierzig Kilometer an jedem der vergangenen vierzehn Tage.

      Den ganzen Tag sehe ich den Fluss, ich treibe mit ihm, auf ihm, ich paddle und fahre und nun sitze ich am Ufer und betrachte die Wellen und das Wasser als sähe ich all das zum ersten Mal, ich könnte stundenlang so sitzen und der Donau zuschauen bei ihrem gleichmäßigen und ruhigen Fließen und als ich aufstehe und zurück zum Zelt gehe, ist es dunkle Nacht.

      AM MORGEN IST DER LEIM getrocknet, die Spante macht einen stabilen Eindruck und ich passe sie wieder in das Boot ein. Das Haus ist verschlossen und die beiden Männer sind nicht zu sehen, aber auf der Terrasse steht unter einem kleinen Vordach der Bootswagen und ich bringe alles wieder hinunter zum Fluss.

      Es sind noch fünfzehn Kilometer bis zur Staustufe Čunovo und die Skizze im Wasserwanderführer ist unübersichtlich, schlecht gedruckt und verwirrend. Anscheinend gibt es wohl eine Bootsgasse und eine Schleuse, aber die Skizze ist trotzdem nahezu unlesbar. Doch es wird schon irgendwie werden, denke ich und fahre erst einmal los.

      Zehn Kilometer hinter Bratislava lege ich an einem Kiesstrand an, binde das Boot an einen Baum und gehe zu einem Kiosk, der aber außer Kaffee und Cola, Bier und Schokoriegeln nichts zu verkaufen hat. Abgesehen von mir und dem Kioskbetreiber ist niemand hier und ich setze mich mit einem Becher Kaffee an einen der Tische im Schatten.

      Ein Pärchen kommt angeradelt. Sie sind vielleicht vierzig Jahre alt, holen sich ein Bier und fragen, ob an meinem Tisch noch ein Platz frei sei. Ich nicke und sie setzen sich.

      »Wir sind aus Bratislava«, sagen sie und stellen sich vor. »Martin und Jana. Und du? Wo kommst du her?«

      »Könnt ihr mich verstehen, wenn ich Tschechisch spreche?«, frage ich sie.

      »Ja«, sagt Jana. »Wir sind ja beide noch in der Tschechoslowakei aufgewachsen, wir haben in Brno studiert und verstehen sehr gut Tschechisch. In den ersten Jahren, kurz nach der Trennung in zwei souveräne Staaten, da haben sich unsere beiden Länder ja etwas auseinanderentwickelt.« Gerade die Slowakei, als junger Staat, hätte sich von Tschechien abgrenzen wollen, um die nicht ganz unumstrittene Eigenstaatlichkeit zu betonen. Aber jetzt, nachdem einige Zeit vergangen sei und der Status quo eine Selbstverständlichkeit, nachdem die Slowakei und Tschechien Mitglieder der Europäischen Union geworden sind, hätten sie sich wieder aneinander angenähert, sagt sie. Martin nickt.

      »Tschechischsprachige Filme laufen ohne Untertitel und ohne Synchronisation im slowakischen Fernsehen«, sagt er, »und die gegenseitige Verständigung wird wieder besser.«

      Dann steht er auf, geht zum Kiosk und kommt mit einem Becher Bier zurück, den er vor mich stellt.

      »Jetzt, am Mittag?«, sage ich. »Normalerweise trinke ich tagsüber überhaupt kein Bier und schon gar nicht bei dieser Hitze.«

      »Das hat nur 10°«, sagt Martin und lächelt, »das tut keinem was.« In der Slowakei wird das Bier, wie in Tschechien, nicht nach dem Alkoholgehalt, sondern nach der Stammwürze eingeteilt. 10° bedeuten etwa 3 % Alkohol, nur das 12°-Bier hat, wie bei uns, fünf Prozent und als die Becher leer sind, stehe ich auf und hole eine neue Runde.

      Danach steigen sie auf ihre Räder, winken noch einmal und ich gehe zurück zum Fluss.

      Ein paar Kilometer darauf weitet sich die Donau zu einem gewaltigen See. Am Ufer liegen kegelförmige, vielleicht zehn Meter hohe Sandhaufen, zum Teil schon mit Gräsern und Büschen bewachsen und leicht in sich zusammengefallen, zum Teil frisch aufgeworfen und hellgelb, fast weiß in der Sonne leuchtend.

      Links zweigt der Schleusenkanal für die Großschifffahrt ab, ich bleibe am rechten Ufer und auf einer Landzunge vor der Schleuse stehen buntbemalte, mehr als drei Meter hohe, fantasievolle Skulpturen, die in der Nachmittagssonne leuchten.

      Die Bootsgasse ist unpassierbar. Baumstämme haben sich vor die Öffnung geschoben, der schmale Kanal liegt trocken und ich gehe zu einem großen, weißen Gebäude.

      Ein dicker, schnauzbärtiger Mann in Uniform sitzt neben dem Haus im Schatten und ich frage ihn, ob ich geschleust werden könnte.

      »Nein«, sagt der Mann, »das ist unmöglich. Die Schleuse ist außer Betrieb.«

      »Keine Chance?«

      Er hat die Hände vor dem Bauch gefaltet, sieht mich träge an und schüttelt den Kopf.

      »Keine Chance!«

      Ich

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