Vom Salz in der Suppe. Manfred Steinert

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Vom Salz in der Suppe - Manfred Steinert

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es für uns beide der erste Segelversuch überhaupt war.

      ***

      Genau hier in Waren ging’s also im nächsten Jahr wieder los. Nun jedoch nach Westen und diesmal mit einem anderen Studienfreund (Uwe). Bereits am Nordufer des ersten der großen Seen, des Kölpinsees, bogen wir nach dem Wisentschutzgebiet Damerower Werder nach Norden zum Jabelschen See ab. Schließlich hieß das Ziel ja Boddengewässer der Ostsee. Da konnte man sich nicht nach Schönheit und Bequemlichkeit richten. Da würde man wieder durch so manches Nadelöhr müssen.

      Sechs Seen gibt es von diesem Abzweig aus nach Norden, deren Verbindungen immer kleiner werden, zum Schluss nur noch den Charakter eines Straßengrabens haben und meist auch total verschilft sind. Waten und Boot ziehen sind somit etliche Male angesagt. Bis es dann wirklich nicht weitergeht (Dorf Klocksin) und man ein paar Kilometer über Land bis in den Malchiner See muss. Kurz zuvor ging es unter einer Straße sogar nur durch eine große Betonröhre. Da waren wir schon froh, das Boot im knöcheltiefem Wasser gerade noch ziehen zu können und damit der Schlepperei zu entgehen. Doch das Ziel aufgeben und stattdessen lieber in hübscher Umgebung einen gemütlichen Wasserwanderurlaub absolvieren, das kam keinem von uns beiden in den Sinn.

      Über ein Pferdefuhrwerk ließ sich der zwar kurze, jedoch unumgängliche Landtransport von etwa reichlich fünf Kilometer reibungslos organisieren. Mit dem recht großen Malchiner See waren wir nun ins Einzugsgebiet der Peene, damit jenseits der Wasserscheide Nord-/​Ostsee gelangt. Die Peene brachte uns bald zum noch größeren Kummerower See, der einem bei Wind schon gehörig Respekt einflößen kann. (Knapp 10 Kilometer lang, etwa 4 Kilometer breit) Doch schon in Demmin verließen wir die Peene wieder – der wir am Ende der Fahrt bei Anklam noch mal begegnen würden – und bogen nordwärts in die Trebel ein. Wie schon die Peene, mäandert auch die Trebel als typischer Flachlandfluss gemächlich durch die Landschaft. Einsamkeit pur. Man paddelt angestrengt, kommt aber auf der Karte durch die vielen Flussbögen nur langsam voran. Dann noch einmal ein ähnlich kurzer Landtransport (Bad Sülze) von der Trebel in die Recknitz, diesmal mit einen LPG-Fahrzeug. Da sag einer, die Mecklenburger wären zugeknöpft und stur. Wir hatten jedenfalls davon nichts bemerkt.

      Auch die Recknitz ist ein ähnlicher Flachlandfluss wie zuvor die Trebel. Allerdings wartete sie mit einer neuen, unvorhergesehenen Einlage auf, deren Überwindung einen gewissen Einfallsreichtum erforderte:

      Die Ufer sind hier meist so flach, aufgeweicht und wabernd, dass die Bauern das Schilf (Stichwort: Reetdächer) nicht vom Ufer aus ernten können. So erfolgt es eben per Boot vom Wasser aus. Das geschnittene Schilf treibt dann langsam den Fluss entlang, bis es sich an einer Drahtsperre hunderte Meter lang staut und von dort irgendwie und irgendwann mal geborgen wird.

      Für den normalerweise nicht schiffbaren Fluß ist das für niemanden ein Problem. Wir dagegen mussten durch dieses, von Ufer zu Ufer reichende Schilfbett »irgendwie« durch. Und bei Länge der Staustrecke und der Beschaffenheit der Ufer war ein Umtragen keine praktikable Alternative. Und so kämpften wir uns mühsam durch den „Schilfbrei“ hindurch, verloren dabei soviel Zeit, dass wir zudem hier auch noch nach einem einigermaßen akzeptablen Zeltplatz suchen mussten. Allzu zimperlich durften wir dabei freilich nicht sein, wir waren schon zufrieden als am folgenden Morgen neben der Luftmatratze nicht Wasser gluckerte.

      Doch ein Blick auf die Karte zeigt es und wischte alle Bedenken für die Auswahl dieser beschwerlichen Route weg – denn die Recknitz fließt schließlich bei Ribnitz-Damgarten in den Saaler Bodden, damit quasi in die Ostsee. Womit wohl auch der Sinn der beschwerlichen Übung klar sein sollte.

      Noch ein Wort zum ständigem »wilden« Zelten. Im Binnenland war das für Wasserwanderer, die ja in der Regel am nächsten Tag wieder weg sind, im Prinzip kein Problem. Natürlich nur, wenn man keine ausgewachsene Abneigung gegen Kühe hatte. Und außerdem gab es nicht allzu viel »Verrückte« die an den unmöglichsten Stellen zelten wollten oder mussten.

      Gewiss hätte man in Mecklenburg auch damals gelegentlich einen offiziellen Platz finden können, wenn der zum Strecken- und Zeitplan gepasst hätte. Das aber wäre unter den Prämissen dieser Tour wenig wahrscheinlich gewesen. Zum anderen war man ja schließlich Student und hatte – das war auch damals schon so – natürlich kein Geld. Da konnte man die Zeltplatzgebühren lieber in ein Brot, ein Stück Speck oder Dosenwurst, eine kochfertige Suppe und eine Flasche Bier investieren, um mal kurz das lukullische Durchschnittsangebot auf der Fahrt anzureißen. Von selbst »geerntetem« Obst und Gemüse mal abgesehen. Wozu jedoch, zumindest zwischen den Deichen der Elbe, relativ wenig Gelegenheiten waren. Das wurde erst in Mecklenburg besser und damit der Speiseplan reichhaltiger.

      Ganz anders war’s mit dem Zelten an der Ostsee und deren unmittelbarem Hinterland.

      Das war nach DDR-Sprachregelung Grenzgebiet, dort galten die bekannten, strengen und allerstrengsten Regelungen. Dagegen zu verstoßen, brachte einen nicht nur in den Verdacht zur Republikflucht, sondern das konnte auch ganz schnell die Bekanntschaft mit Gitterstäben zur Folge haben. Je wahrscheinlicher, je näher man sich »unbefugt« an der Westgrenze herumtrieb.

      Andererseits waren offizielle Zeltplätze an der Ostsee so begehrt, dass man sich schon im Januar darum bemühen musste, um eine ohnehin nur geringe Chance zu haben. Bei dem Gesamtkonzept dieser »Expeditionen« also keine praktikable Option.

      Also blieb hier erst recht nur das »wilde« Zelten. Nur dass die Plätze hierfür so sorgfältig ausgewählt werden mussten, um auf keinem Fall »erwischt« werden zu können. Denn das hätte leicht das Ende der Fahrt (und mehr) bedeuten können. Am sichersten fühlten wir uns deshalb … unter Kühen. Je mehr, je besser, denn dann kam in der Regel kein Mensch hin.

      Gleich am ersten Abend nach der Mündung der Recknitz in den Saaler Bodden wär's fast schief gegangen. Des Risikos zwar bewusst, aber nach langem schwerem Tag todmüde, gingen wir dennoch nördlich von Dierhagen/​Wustrow (bereits auf dem Darß, also in „gefährlichem“ Gelände) an Land und wollten gleich am Morgen aus der Gefahrenzone raus über den Saaler Bodden in Richtung Born.

      Kaum stand das Zelt auf verwildertem, einsam scheinendem Gelände, da lautete eine unfreundliche Message: »Wenn ihr in einer Stunde nicht weg seid, komm ich mit der Polizei wieder.« Da half kein Bitten und Erklären, dass man doch nur … schon spät, … zu starker Wind … etc.

      Also alles wieder gepackt und bei gefährlich starkem Wind erstmal direkt rüber Richtung Festland. In der Abenddämmerung merkten wir, dass wir wahrscheinlich unvermutet (und auch unentdeckt?) auf einem NVA-Flugplatz oder in dessen unmittelbarer Nähe gelandet waren. Zumindest ließen die laufend startenden und landenden Düsenjäger derartige Schlussfolgerung zu. Am nächsten Morgen ging’s deshalb sofort weiter nach Nordost, Richtung Born/​Darß. Beim Näherkommen winkte auf der Festlandseite eine »vertrauensbildend« ausschauende … Kuhkoppel, diesmal nicht mit dutzenden, sondern mit hunderten von Kühen. Dass jenes »vertrauensbildend« etwas voreilig war, merkten wir am zweiten Tag, als wir vom Großeinkauf drüben in Born zurückkamen. Am Platz, wo unser Zelt stand, konnten wir aus der Ferne zunächst nur Kühe ausmachen. Beim Näherkommen sahen wir, dass einige diese fremde Etwas als durchaus zum Spielen geeignet erkoren hatten und unser Zelt nur noch einem Häufchen Unglück ähnelte. Doch ließ sich glücklicherweise alles wieder akzeptabel zurechtbiegen und -flicken. Und die Tiere waren ja keinesfalls bösartig, nur neugierig und unternehmungslustig. Und selbst in diesem traurigen Moment gab es Tröstliches, fast schon Spaßiges. Denn bald mussten wir laut lachen, nachdem wir gelernt hatten, die Kühe mit lautem Hundegebell in die Flucht zu schlagen. Nur dass wir uns nun nicht mehr getrauten, länger vom Zelt wegzubleiben. Denn solange wir in der Nähe waren, konnten wir mit unserer »Hundegebell-Nummer« alles recht zuverlässig im Griff halten. Gegen Abend hatten die Tiere mit dem Wiederkäuen ohnehin Wichtigeres zu tun, wozu sie sich in Massen um uns herum ins Gras legten und erst gegen Morgen

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