Der Club der scharfen Tanten. Heinz-Dietmar Lütje

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Der Club der scharfen Tanten - Heinz-Dietmar Lütje

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schickte.

      Dann – nach einigen Jahren – war ihr ehelicher Zuhälter plötzlich verschwunden und tauchte erst Tage später, als Wasserleiche in der Elbe treibend, wieder auf. Der oder die Täter wurden nie ermittelt. Eine Abrechnung im Milieu, hieß es und schließlich wurde die Akte geschlossen. Henriette aber beschloss nun ihre erworbenen Kenntnisse zu nutzen, ohne sich selbst benutzen zu lassen und eröffnete kurz darauf in einer kleinen Mietwohnung in einem anonymen Hochhaus ihr erstes Domina-Studio. Mittlerweile hatte sie eine kleine Villa in der Sierichstraße gemietet und beschäftigte jetzt auch einige Damen, die sie in ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit tatkräftig unterstützten. Sie selbst behandelte, besser gefiel ihr der Ausdruck therapierte, nur noch die Creme de la Creme.

      Annemarie Felten hob die Hand und wartete einen kleinen Moment, bis Ruhe eingekehrt war, was deshalb etwas länger dauerte, weil der Wirt und einer seiner Kellner die nächsten Einheiten an flüssiger Verstandsnahrung servierten. Endlich konnte sie, nach bedauerndem Kopfschütteln, vorbringen, dass es ihr Olaf wohl kaum richten würde. „Tut mir schrecklich leid, Ladies, aber meinen Olaf könnt ihr insoweit vergessen. Der hat genug Sorgen mit sich selbst.“

      „Äh, wieso denn das?“, fragte Helga Altmann überrascht nach.

      „Na, ich hatte doch angefragt, ob wir die Frau von dem Staatsrat Hammerschmidt bei uns aufnehmen, was ihr ja abgelehnt habt.“

      „Das war doch wohl auch ein Witz … mph … oder was?“ Ettas promillebedingte Sprachprobleme waren nicht mehr zu überhören. „Diese dürre Gi… Giraffe mit ihrem grrmh Faltenhals … Das geht doch gar nicht.“

      „Stimmt, hast du – habt ihr ja alle recht mit eurer Ansicht. Aber die Bank hat jetzt, ganz aus heiterem Himmel, eine Steuerprüfung bekommen … und, naja, offenbar haben die auch was gefunden; und Olaf gibt jetzt mir die Schuld.“

      „Das ist ja ein Hammer, genau wie bei mir!“ Dieser Satz entfuhr, gar nicht geplant, sondern mehr aus der Überraschung geboren, Helga Altmann, die daraufhin einen kräftigen Stoß von ihrer Freundin Etta erhielt. Begleitet von den nur noch schwer verständlichen Worten: „Was, äh … mmh, wieso weiß ich nichts da … äh … von?“

      Nun war es zu spät, jetzt musste Helga mit der Sprache heraus. Sie stärkte sich mit einem kräftigen Schluck und erklärte: „Genauso wie die Hammerschmidt-Stute mit ihrem knochigen Gerippe und ihrem Pferdegebiss haben wir“, sie unterbrach sich, „habt ihr doch auch die Aufnahme von Heidelinde Bollmann abgelehnt. Ihr erinnert euch?“

      „Klar doch – und ob – die passt doch auch wirklich nicht zu uns.“ So und ähnlich kamen die Bestätigungen der Ladies. „Soll das etwa heißen, dass dein Hanno und Ettas Falk jetzt auch das Finanzamt auf den Hals gehetzt bekommen haben?“, kombinierte die Journalistin und Buchautorin Rita Schaller, bereits eine tolle Story von Behördenfilz und Amtsmissbrauch witternd.

      „Nein, das nicht, aber Bollmann, der ja Falk und Hanno laufend die Kaufverträge anschleppt, der will sich einen neuen Notar suchen. Und“, setzte sie jetzt noch hinzu, „wenn das passiert, will Hanno mir die Kohle zusammenstreichen.“

      Erneut ereiferten sich die Ladies über ihre und auch die Männer im Allgemeinen. Ein ohnehin unerschöpfliches Thema.

      Was sie alle nicht bemerkten, war eine allein an einem entfernten Tisch sitzende, teuer gekleidete, aber ansonsten eher alles andere als einen Blickfang darstellende Frau. Seit zwei Stunden saß sie da auf ihrem Platz an einem kleinen Tisch, in einer kaum einsehbaren Nische der Terrasse, von dem sie zwar einen Blick auf den Tisch der Ladies erhaschen, von diesen aber kaum gesehen werden konnte.

      „Da müssen wir gegenhalten. Außerdem habe ich eine Neuigkeit für euch alle, die wir aber in Ruhe diskutieren müssen. Ich schlage daher vor, dass ich eine Rundmail noch heute herausgebe und wir uns am Donnerstag gegen neunzehn Uhr hier wieder treffen. Bis dahin sollte jede sich überlegen, was wir für Anne und Helga – und natürlich auch für Erika – unterstützend tun können?“ Rita Schaller schaute in die Runde und nahm zufrieden die allgemeine Zustimmung der Ladies zur Kenntnis. Kurz darauf verabschiedeten sich die Damen und zahlten. Bei der nicht mehr ganz auf sicheren Beinen stehenden Etta von Tarla-Hippenstedt dauerte alles etwas länger. Dann stolzierte auch diese Richtung Parkplatz hinaus.

      Mit Befriedigung nahm dies die einzelne Frau in der Nische zur Kenntnis, erhob sich und trat ins Licht, als sie ihre zwei getrunkenen Mineralwässer bezahlte. Ein langes, irgendwie abweisend wirkendes, Gesicht mit kalten, graublauen Augen, trotz teuerster Friseurbesuche strohig aussehendem, mehr gelb als blond wirkendem Haar saß auf einem langen, dürren und von Falten durchzogenen Hals. Darunter eine hochgewachsene, knochige Gestalt, die weder Busen, noch Po auch nur erahnen, sondern Erinnerungen an eine hölzerne Wäschestütze aufkommen ließ. Ein hämisches Grinsen legte sich auf ihre maskulin wirkenden Gesichtszüge, als sie Etta auf unsicheren Beinen ihr rotes Mercedes-Cabrio ansteuern sah.

      Bei diesem, in teurer Damengarderobe daherkommenden Wesen handelte es sich um Dr. Sieglinde Hammerschmidt-Blume, die Gemahlin von Dr. Peter Hammerschmidt, dem Staatsrat im Finanzresort, dem gute Chancen nachgesagt wurden, demnächst seinen Chef als Finanzsenator abzulösen, der sich altersbedingt zurückziehen wollte.

      Frau Dr. jur. Hammerschmidt-Blume, geb. Blume, gehörte seit Geburt dem Hamburger Geldadel an. Ihr Urururgroßvater, Aaron Blume, hatte zu Kaiser Wilhelms Zeiten das Bankhaus Blume gegründet, das dann in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts von den Nazis umbenannt wurde, nachdem der damalige Inhaber, ihr Urgroßvater, noch rechtzeitig nach Amerika emigrieren konnte, als er die Bank an ein Konsortium hoher Parteifunktionäre zu einem Spottpreis verkaufen musste. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hatten dann ihr Urgroßvater und dessen Sohn, ihr Großvater, gemeinsam mit einem anderen Emigranten, Carl Silberzweig, das „Bankhaus Blume, Silberzweig & Söhne“ neu an alter Wirkungsstätte am Ballindamm eröffnet. Vorausschauend rechtzeitig zur Währungsreform, was wohl den schnellen Aufstieg der Bank und die überaus erfreuliche Vermögensmehrung der Inhaber erheblich beschleunigt hatte. Auch heute noch war die Bank, die jetzt als „Bankhaus Blume, Silberzweig, Kropf Nachfolger KG a. A.“ firmierte, ein überaus renommiertes Geldinstitut, dass sich seine Kunden nicht nur aussuchen konnte, sondern es auch tat. Wer bei dieser altehrwürdigen und über alle Skandale erhabenen Privatbank seine Konten führte, war allein deshalb über jeden Zweifel – zumindest, was seine Kreditwürdigkeit betraf – erhaben. Allein deshalb hatte auch die vierzigjährige Sieglinde nicht den geringsten Zweifel, dass sich die Damen des derzeit bedeutendsten Damen-Stammtisches um ihre Aufnahme reißen würden. So verstand sie die Welt nicht mehr, als ihr Etta v. Tarla-Hippenstedt mitteilte, dass es für ihre Aufnahme nicht das erforderliche einstimmige Votum der Ladies gegeben habe. Es dauerte eine ganze Weile, bis die, nun wirklich alles andere als begriffsstutzige, zukünftige Erbin eines der größten Vermögen der Hansestadt erfasste, dass sie abgewiesen worden war. Ihr ohnehin nicht gerade schönes Gesicht verzerrte sich zu einer hässlichen Fratze, als sie, rot angelaufen und mit Tränen der Wut in den Augen verkündete: „Dann eben nicht! Wer eine Dr. Sieglinde Hammerschmidt-Blume derart zurückstößt, sollte es sich auch leisten können. Können Sie das wirklich?“

      Seit diesem Tage sann sie auf Rache. Diese Schmach erforderte drastische Vergeltung. Dass die Ablehnung nicht nur ihrer äußeren Erscheinung, wie sie vermutete, zuzuschreiben war, sondern – und als wichtigstem Grund – auch ihrem herrschsüchtigen und stets fordernden und andere herabwürdigenden Verhalten, auf diesen Gedanken wäre die, zwar hochintelligente, aber absolut kritikresistente Egomanin nie gekommen.

      Auch ahnte sie nicht, dass Dr. Peter Hammerschmidt vor zehn Jahren lange, schlaflose Nächte mit sich gerungen hatte, dann aber dem Wunsch nach politischer Karriere und reichlichem Geldsegen erlegen war. Immerhin war die Ehe auch nach zehn Jahren kinderlos geblieben. Eine Tochter als jüngeres Ebenbild der Xanthippe von Mutter hätte er auch nicht ertragen. Auch

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