Chris Owen - Die Wiedergeburt. Matthias Kluger
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»Also bist du dir sicher, dass es keine Einbildung ist?«, hakte Daniela nach, im Wissen, dass, egal was Chris ihr noch alles offenbaren würde, es dennoch ein Fantasiegebilde sein könnte.
Chris sah ihr tief in die Augen, dann wandte sich sein Blick zu Michail. Minutenlang starrte er wie hypnotisiert die Wand an. Als er wieder zu Daniela sah und sprach, waren seine Worte fest und überzeugend: »Nur weil du nicht sehen kannst, bedeutet dies kein Negieren der Existenz. Die Fantasie, der Glaube sind feste Bestandteile unseres Seins. Ergebenheit, die den Menschen mehr und mehr abhandenkommt. Ich spüre, was du denkst. Ebenso deine Unsicherheit. Diese empfand ich gleichermaßen zu Beginn meiner Erkenntnis. Frage Lea, sie hat Michail gesehen und sprich mit Olivia über Aba. Sie kennen sich. Dann kehrt auch dein Glaube zurück. Doch kein Wort zu meiner Mutter – hörst du.«
Daniela war wegen der Rhetorik wie auch des Inhalts von Chris’ Aussage verstört. Dies entsprach so gar nicht einem Sechsjährigen. »Warum darf Sandra nichts davon erfahren?«
»Sie ist noch nicht so weit. Doch es soll nicht mehr lange dauern, bis sie die ganze Wahrheit erfährt.«
Die Wortwahl, dieser Junge, wie er mit schneeweißer Haut und leuchtend roten Augen vor ihr saß, die Vorstellung eines unsichtbaren Erzengels im Nacken – Daniela lief ein Schauer über den Rücken. »Das ist ganz schön starker Tobak! Lass uns für heute Schluss machen!« Daniela rang sich ein Lächeln ab.
»Hab doch keine Angst vor mir«, kam die kindliche Bitte von Chris.
Zu Hause angekommen, nahm Daniela eine heiße Dusche. Mit Wollsocken, Jogginghose und kurzem grauem Shirt saß sie mit angewinkelten Beinen in ihrem Bett. Sie schloss die Augen und ließ das heutige Gespräch Revue passieren. Ihr stellten sich sprichwörtlich die Nackenhaare auf, als sie die Unterhaltung mit Chris Wort für Wort zu Papier brachte.
Kapitel 39: Olivia und Fredrik
»Schön, dass wir uns kennenlernen, Miss Rudolph. Unsere Schwiegertochter ist ja ganz begeistert von Ihnen.«
»Danke für die Blumen.« Daniela fühlte sich einerseits geschmeichelt, andererseits auch eingeschüchtert, jenem Mr. Haskins gegenüberzusitzen, der eine der größten Warenhausketten des Landes, Haskins Corporation, sein Eigen nannte. Gerade eben war sie per Aufzug direkt in das luxuriös eingerichtete Apartment in der Nähe des Capitols gelangt und saß nun Mr. und Mrs. Haskins im geräumigen Wohnzimmer gegenüber.
»Und Sie erteilen unserem Chris Privatunterricht? Ist sein Intellekt nicht bemerkenswert?«, fragte Fredrik, während er sich mit einem langen Streichholz eine Pfeife anzündete, eine – so empfand es seine Frau Olivia – Unart, die er sich kurz nach Stephens Tod zugelegt hatte.
»Ja, ja, ganz erstaunlich«, antwortete Daniela, während ihr der Vanillegeruch des Pfeifenrauchs in die Nase stieg. »Chris hat mich gebeten, Sie aufzusuchen«, begann sie, um allmählich zum Kern ihres Besuches vorzustoßen.
»Ist etwas passiert?«, kam es postwendend von der besorgten Oma Olivia.
»Nein, nein, ganz im Gegenteil, auch wenn ich ein schlechtes Gewissen Ihrer Schwiegertochter Sandra gegenüber habe.«
»Wieso das denn?«, fragte Fredrik.
»Sandra soll nicht – noch nicht – erfahren, dass ich mit Ihnen spreche«, gab Daniela wahrheitsgemäß Auskunft.
»Was hat er denn angestellt?«, wollte Fredrik wissen.
»Chris hat nichts angestellt. Vielmehr ist es so, dass er der Überzeugung ist, Sie könnten mir helfen, Licht in seine Erzählungen zu bringen.«
»Was meinen Sie, Miss Rudolph?«, hakte Olivia nach.
»Wenn ich das so genau wüsste. Er hat mir von seinem Freund erzählt, einem, wie soll ich sagen, imaginären Freund.«
»Imaginären Freund?« Olivias Stirn warf Falten.
»Ja, von seinem Freund – jetzt halten Sie sich fest – Erzengel Michael – also, Chris nennt ihn Michail, warum auch immer.«
»Michael, Michail, Erzengel. Da hat er aber eine rege Fantasie, mein Enkel!« Fredrik blies eine dichte Rauchwolke aus.
»Ich bin mir nicht sicher, ob es nur ein Fantasiegebilde ist. Chris bemerkte meine Skepsis und hat mir empfohlen, zu Ihnen zu gehen. Deswegen bin ich hier. Allerdings musste ich ihm versprechen, dass Sandra vorerst nichts davon erfährt.«
»Und wie sollen wir Ihnen helfen können?« Olivia beschlich eine Vorahnung, die sie vor Kälte augenblicklich frösteln ließ.
»Chris hat mir gegenüber einen Namen erwähnt, eine Person, die Sie kennen.«
»Wer sollte das sein?« Auch Fredrik wurde nun mulmig zumute und er wandte sich mit besorgtem Blick zu Olivia.
»Sagt Ihnen der Name Aba etwas?«
Aus den Gesichtern Olivias und Fredriks wich schlagartig das Blut. Blass, mit weit aufgerissenen Augen sahen sie die Lehrerin an. »Aba«, flüsterte Olivia, als ob sie den Namen eines Schreckgespenstes wiederholen würde.
»Sie kennen Aba? Wer ist dieser Aba?«
Olivia stand auf und ging zum Panoramafenster des Wohnzimmers. Daniela und Fredrik sahen ihr hinterher. Beiden den Rücken zugekehrt, flüsterte Olivia gerade so laut, dass Daniela die Worte noch hören konnte: »Aba ist kein Mann. Aba ist eine ehemalige Sklavin. Als sie erschien, wurde uns das ganze Schicksal ihres Fluches bewusst. Ich dachte …« Olivia drehte sich um und sah mit tränennassen Augen zu Fredrik. »Ich dachte, es ist vorbei, Fredrik. Nicht schon wieder! Sie hat uns Stephen genommen. Nicht auch noch Chris, nicht den Kleinen!« Benommen sackte Olivia auf die Knie und begann hemmungslos zu schluchzen.
Fredrik sprang auf, lief zu seiner Frau und legte ihr den Arm um die Schultern. »Beruhige dich, Olivia, das hat doch nichts zu bedeuten!«
»Nichts zu bedeuten?«, kreischte Olivia. »Nichts zu bedeuten? Warum sonst ist Miss Rudolph hier, wenn es nichts zu bedeuten hat? Fredrik, Aba hat Stephen, unseren Sohn, aus dem Leben gerissen – und jetzt, jetzt spannt sie ihr giftiges Netz um Chris.«
Die heftige Reaktion Olivias erschreckte und ängstigte Daniela. Wild kreisten Tausende von Fragen in ihrem Kopf, während sie still auf die Kniende starrte. Dann fand sie ihre Sprache wieder: »Diese Aba hat Ihrem Sohn etwas angetan? Ich dachte, er sei bei einem Attentat ums Leben gekommen. Und wer ist Stephen? Ich war der Meinung, Ihr Sohn hatte den gleichen Namen wie Ihr Enkel?«
Keineswegs trugen die Fragen Danielas in diesem Augenblick dazu bei, Trost zu spenden. »Geben Sie uns einen Moment, Miss Rudolph! Sie sollen alles erfahren.« Fredriks Miene war wie in Stein gemeißelt.
Kapitel 40: Plauderstunde
»Daniela, das ist ja eine Überraschung! Komm rein. Hat Chris dir nicht