Die Kleinen sind die Feinen. Otfried Schröck

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Die Kleinen sind die Feinen - Otfried Schröck

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am Einwechsel der Sau zur Fährte gelegt und ich gehe am Rande der Dickung ein paar Meter weiter, wo ich auf einer Schneise, welche die ganze Dickung durchzieht, den Hund vielleicht sehen kann. Und richtig, keine hundert Meter von mir entfernt überfällt10 er die Schneise und dann dauert es auch nicht mehr lange und es ertönt sein wütender Standlaut. Die Hündinnen haben natürlich schon bemerkt, dass hier nicht Alltägliches geschieht und ziehen ungeduldig an ihren Leinen. Ich schnalle sie auf der Schneise und sie streben, so schnell sie können, dem Standlaut entgegen. Sie brauchen ja einige Zeit, um an den Ort des Geschehens zu kommen. So kann ich auf der Schneise leise nachziehen und stehe bald vor einem dreifachen Standlaut. Die Hunde umstellen einen dichten Schlehenbusch, der kaum fünf Meter im Durchmesser misst und machen auch Ausfälle in Richtung auf die Mitte des Busches. Das ist mir lieber und der Sache viel dienlicher, als wenn sie wild an die Sau herangehen würden. Von einem Wutz ist nichts, aber auch gar nichts, zu sehen. Ich rüde die Hunde an – nichts passiert. Erst beim dritten Fass-Kommando erhebt sich die Sau und ich habe sie nun voll im Blick. Kimme und Korn auf dem Blatt zusammenzubringen und den Abzug zu drücken sind eins und der Überläuferkeiler bricht im Schuss zusammen. Das ist in diesem Fall für die Hunde nicht ganz ungefährlich, aber ich weiß aufgrund des wütenden Standlautes aller drei Hunde genau, wo diese sich befinden. Und nur dann darf ich den Schuss wagen, ohne die Hunde zu gefährden. Sie zausen und rupfen an dem Wild, das durch unser gemeinsames Jagen zur Strecke kam. Kein eifersüchtiges böses Knurren oder wütendes Fassen untereinander trübt die Freude und den Stolz auf die Leistung meiner Hunde. Es war für mich immer faszinierend, wie sich meine Hunde bei der Jagd untereinander verhielten. Nahm ich einen von ihnen zum Ansitz mit und wir hatten Erfolg, durfte zuhause keiner der anderen Hunde an das Stück heran. Es hätte (und hat) böse Beißereien gegeben, wenn ich die Hunde da nicht auseinander halten konnte. War eine Nachsuche mit Hetze unter Beteiligung mehrerer Hunde erfolgreich, gab es nie Händel zwischen den Hunden.

      Der gemeinsame Jagderfolg schweißte wohl auch meine bei Auseinandersetzungen sonstiger Art gewiss nicht zurückhaltenden Teckel zusammen.

      Dieses Erlebnis des gemeinsamen Beutemachens wirkte noch lange in mir nach und so nahm ich ein Jahr später gern die Gelegenheit wahr, die sich mir fast an gleicher Stelle nochmals bot. Aber diesmal sollte alles ganz anders kommen.

      Wieder pirsche ich bei leichtem Schnee morgens an dieser Dickung entlang und finde die Fährte einer sehr starken Sau, die in die Dickung eingewechselt ist. Wieder umschlage ich die Dickung. Keine Fährte führt heraus, der Keiler muss also noch drin stecken. Warum ich jetzt nicht eine oder mehrere Hündinnen nachhole, weiß ich nicht mehr. In der Hoffnung, den Erfolg vom letzten Jahr auch ohne meine „Weiber“ wiederholen zu können, lege ich Utz zur Fährte und lausche angestrengt in die Dickung. Nichts geschieht. Plötzlich steht der Hund am Dickungsrand und signalisiert mir ganz augenscheinlich, dass keine Sau zu finden ist. Das kann doch nicht sein, sollte ich die Fährte der Sau beim Auswechseln übersehen haben? Ich weise ihn nochmals ein und fordere ihn zum Suchen auf. Nach wenigen Minuten das Gleiche. Er ist nicht interessiert. Da ich mir ziemlich sicher bin, dass der Keiler noch steckt, will ich es nun aber genau wissen. Ich leine den Hund an und lege ihn wieder zur Fährte. Nach kaum einhundert Metern rumpelt ein starker Keiler vor uns aus einem Seggenhorst hoch und flüchtet in Richtung des mir wohlbekannten Schlehenbusches. Das klappt ja gut, denke ich und schnalle Utz. Mit Herrchen im Rücken geht der nun auch sofort hinterher und gibt bald Standlaut. Doch nur kurz, dann folgt eine kurze Hetze, aber bald verstummt der Rüde und kommt zu mir zurück. Ich habe nur eine Erklärung für sein Verhalten. Die Sau war ihm augenscheinlich zu groß und er zog es vor, zu blinken11. Ihn hatte wohl der Mut verlassen. Aber das soll ja beim Menschen in ähnlichen Situationen auch vorkommen. An mangelnder Schärfe kann es nicht gelegen haben. Er arbeitete zwar nicht so bedingungslos an Sauen, wie sein Nachfolger Dachsel, aber seine Schärfe hatte er schon oft am Fuchs oder an Sauen bewiesen.

      Da ich mein Auto meist am Anfang dieser Dickung abstelle, pirsche ich auch oft an deren Rand auf dem Hin- oder auf dem Rückweg vorbei. Einmal, wir sind kurz vor dem Auto angekommen, zieht Utz plötzlich vehement in die Dickung. Ich folge ihm nach und nach wenigen Metern sehe ich zwischen den Pflanzreihen schemenhaft ein Stück Rehwild, das sich mit gekrümmtem Rücken und hängendem Vorderlauf nur mühevoll vorwärts bewegt.

      Schießen kann ich nicht mehr und so schnalle ich den Hund, der im nächsten Moment am Stück ist und es tatsächlich mit Drosselgriff nieder-zieht, so dass ich es abfangen kann. Eine Leistung, die für einen Teckel nicht typisch, so nicht zu erwarten und so auch nicht zu fordern ist. Es macht mich aber froh, dass ich durch die hervorragende Arbeit meines Hundes die Leiden eines augenscheinlich auf der nahen Chaussee angefahrenen Stückes beenden kann.

      Als ich 1960 mit der Jagd begann, war diese nicht unbedingt spannender, aber vielseitiger als heute. Die Feldflur war noch nicht so ausgeräumt und es gab noch einzelbäuerliche kleine Äcker mit einer abwechslungsreichen Fruchtfolge. Auf den Feldern, die sich an den baumbestandenen Rand des Roten Luchs anschlossen, wirtschaftete ein Volkseigenes Gut, das für die Versorgung seiner Rinderbestände ausgedehnte Futterflächen mit Landsberger Gemenge, Lupinen oder Luzerne bestellte. Das waren ausgesprochene Magnete für alles Wild und vor allem Hasen und Fasanen waren häufig, Rebhühner hingegen schon weniger zu sehen. Die Feldhühner schossen wir wegen ihrer Seltenheit schon damals nicht mehr. Den Einzelabschuss von Weihnachtshasen gewöhnten wir uns bereits Mitte der 1970-er Jahre ab. Das geschah vorher sehr bestandsschonend beim Ansitz am Aus- oder Einwechsel der Hasen und war besonders morgens relativ einfach. Bestandsschonend deshalb, weil die Rammler und Häsinnen zu verschiedenen Zeiten einwechseln und man deshalb vor allem Rammler schießen konnte. Der Ansitz an fast jeder Stelle der Feldmark am Waldrand versprach Erfolg, vorzugsweise dort, wo das Gelände zum Feld etwas anstieg, so dass man die einwechselnden Hasen gegen den hellen Morgenhimmel gut sehen konnte. Meister Lampe kam meist sehr früh und da um diese Zeit noch kein Mensch auf der Feldmark war und die Schrote ja auch nicht weit trugen, konnte man es verantworten, gegen den Himmel zu schießen. Was man ja ansonsten nicht macht - und eigentlich auch nicht darf.

      Wem der Teckel schon einmal einen Hasen lanciert12 hat, weiß, wie spannend diese Jagdart ist. Ich habe sie, warum weiß ich nicht, nie ausgeübt, aber begeisterte Berichte darüber gelesen. Dazu begibt man sich in den Wald und lässt den Hund frei suchen. Findet dieser einen Hasen, braucht man eigentlich nichts weiter zu tun, als sich in Ruhe und Geduld zu üben und zu warten. Was dann vielleicht geschieht, lässt jedes Jägerherz höher schlagen.

      Der kleine Hund kommt meist nicht so nahe an den flüchtenden Hasen heran, dass aus dem Spurlaut ein Hetzlaut werden könnte. Langsam wird der Spurlaut leiser und leiser, um nach geraumer Zeit wieder anzuschwellen. Der Hase kommt im großen Bogen zurück zu seinem Einstand. Im Zweifelsfalle sucht er sogar die Sasse13 auf, aus der er kurz zuvor flüchten musste. Die Erlegung eines solcherart durch den Hund lancierten Hasen ist dann keine Kunst mehr, aber bietet hohe jagdliche Freude.

      Einmal im Jahr führten wir in den 1960-er Jahren noch eine kleine Hasenjagd mit wenigen Schützen durch. Entweder wurde auf der Feldmark ein Kessel von relativ bescheidenem Umfang ausgelaufen oder wir stellten die Windschutzstreifen ab, die ein solventer und naturliebender Grundherr schon vor 150 Jahren in der Feldflur anlegen ließ. Die begehrtesten Stände waren naturgemäß die an den Enden der Hecken. Als ich einmal das Glück hatte, dort zu stehen, konnte ich beobachten, dass mein Teckel das Lancieren auch beherrschte - oder war es vielmehr so, dass der Hase sich selbst lancierte? Jedenfalls kam mir auf diesem Stand ein Lampe, den ich leider krank schoss. Obwohl mir klar war, dass für das Bringen eines kranken Hasen eigentlich ein Vorstehhund erforderlich ist, aber keiner da war, schnallte ich Utz. Dieser nahm die Spur sofort auf und nachdem er sich darauf festgesaugt hatte, ertönte auch bald sein heller, anhaltender Spurlaut. Nun wurde es spannend. Der Laut entfernte sich außer Sicht immer mehr von mir, war dann seitlich über eine längere Strecke zu hören und näherte sich wieder der Hecke, an deren Ende ich stand. Dann sah ich auch den Hasen, wie er weit entfernt in die Hecke flüchtete. Nur wenige Meter dahinter lief der Hund, der auf der Spur des Hasen ebenfalls

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