Katzenschwund. Reinhard Kessler

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Katzenschwund - Reinhard Kessler страница 4

Katzenschwund - Reinhard Kessler

Скачать книгу

mit leerem, aber frankiertem Rückantwortkuvert erhielt, so füllte er dieses Kuvert randvoll mit Altpapier und schickte es zurück an den Absender. Später ergänzte er dann mal, dass er das auch mit unfrankierten Kuverts macht. Dann zahlt halt der Empfänger Strafporto – und zwar ordentlich.

      Das war seine persönliche Rache wegen der Belästigung durch unbestellte Werbung. Er stellte sich die Szene vor, wie der Brief mit dem Altpapier von einer fassungslosen Sekretärin in irgendeinem Büro geöffnet würde und welchen Gesprächsstoff das dann lieferte. Da müsste also auch dem letzten Mohikaner klar werden, dass der angestrebte Werbeeffekt definitiv nicht erreicht worden ist und der Adressat der Werbung sich womöglich belästigt gefühlt hat.

      Der Langhaarige war so gesehen ein auf Ausgleich bedachter, gerechter Mann. Für ihn war das eine Frage der Ehre: beschenkte man ihn mit Müll, so revanchierte er sich mit einem grösseren Gegengeschenk. Er hatte diesem Ritual auch einen Namen gegeben: Müll-Potlach. Da bei diesem indianischen Brauch der Ruf des Schenkenden mit der Grösse des Geschenkes wächst, bildete er sich wohl ein, bald einmal als spiritueller Häuptling anerkannt zu werden.

      Die Nachbarn hatten dann aber mit der Zeit doch gemerkt, dass nur der Kommissar gelegentlich mit dem Polizeiauto abgeholt wurde, nicht aber der Langhaarige. Ein Kollege hatte den gleichen Weg zur Dienststelle und wenn der Einsatzplan es zuliess, fuhr man eben zusammen.

      An seine wechselnden Arbeitszeiten hatte man sich inzwischen auch gewöhnt. Heute musste er um neun Uhr los und hatte am Nachmittag bereits einen neuen Fall.

      Sie mussten ins Biberland zu den Talweihern, irgendwo in der Pampas, im Wald im Oberbaselbiet, wo auch immer das ist.

      Es gab einen Leichenfund mit ungeklärtem Hintergrund. Mord, Selbstmord, Unfall, natürliche Todesursache? Das musste geklärt werden und sie waren gefordert. Sie, das waren er und sein Assistent.

       Leichenfundort Talweiher

      Am Fundort der Leiche angekommen hatte die Polizei die Zufahrt bereits mit dem aus dem Fernsehen bekannten rot-weissen Plastikband abgesperrt. Für sie wurde es angehoben und sie konnten durch.

      Sie stiegen aus, er nickte begrüssungsmässig zu den Polizisten, einige kannte er recht gut, er orientierte sich kurz und ging dann zielstrebig auf einen Mann zu, der tief gebeugt am Wasser stand und etwas untersuchte.

      “Hallo, Karli.“

      “Hallo, Jelato.“

      “Und, wie lange?“

      “Was, wie lange? Ich bin schon eine halbe Stunde hier.“

      “Mensch, wie lange ist er schon tot?“ fragte der etwas füllige Kommissar und schaute sich am Fundort um.

      “Das ist wie im Krimi im Fernsehen: Genaueres nach der Obduktion“, antwortete der heute zuständige Forensiker Karli.

      Der Spurensicherer hiess zwar Karli, aber sie nannten ihn alle nur Mister Hmm, natürlich nur, wenn er nicht dabei war. Warum sie ihn so nannten, wird sich noch zeigen.

      “Okay. Dann eben wie im Fernsehkrimi: mach den Jungs im Labor Druck.

      “Hmm – davon geht’s nicht schneller.“

      “Wenigstens die Ursache?“

      “Wasser-Intoxikation, gestorben an einer Überdosis Wasser, vermutlich.“ Und er dachte: ‚das ist meistens so bei Leuten, die in einem Weiher liegen‘.

      Die Stelle war aber seicht, eigentlich kein Ort zum Ertrinken.

      “Hier?“

      “Hmm, dein Job.“

      “Wer hat ihn gefunden?“

      “Die drei Kleinen dahinten, am Polizeiwagen.“

      “Was, die Kinder?“

      “Hmm“

      “Werden die schon betreut?“

      “Ja, … gleich … von dir.“

      “Ich liebe meinen Beruf“, sagte der Kommissar und ging in Richtung der drei Kleinen in der Nähe der inzwischen angewachsenen Gruppe von Menschen am Polizeiwagen. Ein Polizist sprach mit den Kindern und machte Notizen.

      Die Ambulanz war schon am Zusammenpacken. Für sie gab es hier heute nichts zu tun. Das war mal wieder eine von den unerwünschten Leerfahrten. Man hatte sie halt vorsichtshalber mit aufgeboten. So ein Ärger. Sie trugen es mit Fassung. Immerhin mussten sie nach dieser Fahrt nicht ihr Auto innen putzen, Blutflecken entfernen und so. Diesmal blieb es sauber. Und medizinisches Material hatten sie auch nicht verbraucht. Irgendjemand wird den Einsatz schon zahlen …

      Ein Leichenwagen mit zwei dunklen Gestalten stand schon an der Seite bereit. Die hatten heute keine Leerfahrt. Aber einen richtig glücklichen Eindruck machten die deswegen auch nicht.

      Ein junger Mann fotografierte. Er wird die Szene sicher gleich ins Netz stellen. Das geht ja heutzutage ratzfatz, speziell wenn etwas Schlimmes passiert ist.

      Die Gaffergemeinde wächst dann zwar exponentiell, aber stört wenigstens nicht vor Ort.

      ‘Sind ja wirklich noch Kinder‘, dachte er. Dann war er bei den Dreien und wusste nicht, wie er eigentlich anfangen sollte.

      “Sooo, ihr habt den … äh … also … ihr habt die Polizei gerufen?“

      “Jo.“

      “Wie heisst ihr denn?“

      “Ich bin Winneone, das ist Winnetwo, und das ist Winnethree.“

      “Aha, sozusagen Apachen, so, so, aber ihr habt sicher auch richtige Namen.“

      “Jo.“

      “Also fangen wir mit dir an: wie ...“

      “Das haben wir dem Polizisten da schon alles gesagt.

      Können wir jetzt unsere Katze weiter suchen?“, wurde er von Winneone mit sorgenvoller Miene unterbrochen.

      “Wie? Katze suchen?“

      “Na deshalb sind wir ja hier. Wir suchen unsere Katze. Die ist weg.“

      “Katzen kommen spätestens bei Hunger wieder von selbst zurück, die muss man nicht gross suchen.“

      “Hier verschwinden aber manchmal Katzen.“

      “Und unsere Katze ist ein besondere Katze!“

      “Wie, besondere Katze? Was ist denn so besonders an der Katze?“

      “Das ist eine Suchkatze!“

      “Eine Suchkatze? Was ist das denn? Heisst die so, weil man sie suchen muss?“

      “Neiii!

Скачать книгу