Und keiner hat’s gemerkt. Christina Conradin
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Besser wird es nicht mehr, äußere ich mich zufrieden, als ich schließlich fertig umgezogen bin.
Später treffen wir uns bei Annie, um uns dort zu schminken. Annie verwendet die Tusche ihrer Mum, Lynn. Annies Mama stammt eigentlich aus Kalifornien, blieb aber in Deutschland, als sie ihre große Liebe, Fritz, kennenlernte. Deshalb hat Annie auch einen englischen Namen. „Bin fertig!“, freut sich diese. Ich zucke kurz, als mir klar wird, dass es nun soweit ist. „Wie hast du nur wieder meine Mama so schnell überredet?“, frage ich Annie voller Erstaunen und vor allem Dankbarkeit! Aber Mama vertraut Annie blind, da sie sie noch nie enttäuscht hat.
Auf der Party eingetroffen, bleibe ich anfangs in Annies Nähe und versuche mich innerlich zu beruhigen, was mir vor freudiger Erwartung aber überhaupt nicht gelingt. Die Leute dort sind freundlich zu mir, lassen mich aber zum Glück ganz einfach nur neben Annie stehen und zuhören, oder zumindest den Anschein dazu machen. In einer Ecke setzt sich die Gruppe rund um Annie und mich. Ich beobachte das Geschehen. Vorne legt ein Freund von Jens Musik auf, erklärt mir ein sympathisches Mädchen namens Mara. Mein Platz erlaubt eine gute Sicht auf die Türe. Ich warte. Die einzig entscheidende Zielperson ist nirgends zu sehen. Zwei Stunden sind bereits vergangen, in denen ich Getränke schlürfend warte.
Dann ertönt eines meiner Lieblingslieder. Ohne nachzudenken springe ich auf und drücke mich zur Tanzfläche durch. Ganz versunken genieße ich es, mich zur Musik zu bewegen. Ein schönes Lied nach dem anderen ertönt. Ich tanze.
Irgendwann, ich habe jegliches Zeitgefühl verloren, blicke ich auf die Uhr und erschrecke. Es ist schon sehr spät. Längst hätte ich zu Hause sein sollen. Ich suche meine Jacke.
Schock! Seine Augen! Meine Jacke hängt direkt hinter ihm. Lässig lehnt er an einem Tisch, ein Bein über das andere gelegt. Was soll ich tun? Langsam gehe ich auf ihn zu. Er blickt mich an, als hätte er mir die ganze Zeit beim Tanzen zugesehen. Immer weiter tragen mich meine Beine voller Ohnmacht in seine Richtung. Mir ist schlecht vor lauter Anspannung. Soll ich was sagen? Was?, schießt es mir nur so durch den Kopf.
Jetzt stehe ich direkt vor ihm. Sein Blick ruht immer noch in meinem. Ich neige meinen Oberkörper ein wenig zur Seite, um meiner Jacke näher zu kommen. „Du bist doch das Mädchen vom Volksfest?“, stellt er die für mich lebenswichtige Frage. Er kann sich an mich erinnern? „Ja, ich heiße Klara“
„Ich bin …“, beginnt er.
„Max!“, schießt es aus mir heraus. Er lächelt ein breites, liebevolles Lächeln. Wie peinlich!, schäme ich mich leise. Offensichtlicher hätte ich ihm nicht sagen können, dass er mir gefällt. Unsicher greife ich nach meiner Jacke. Ich bin ihm so nah, dass ich seinen Atem spüre. Meine Beine beginnen nachzugeben. Ich habe das Gefühl, als würde ich einfach in mir zusammenfallen. In diesem Moment steht er aus seiner angelehnten Haltung auf. Ein Arm umklammert mich, der zweite folgt. Es fühlt sich so an, als ob ich fliege. Aber tatsächlich. Max hebt mich hoch. Er flüstert mir ins Ohr: „Seh ich dich wieder?“
Komplett aus der Bahn geworfen und verzaubert von seinem Geruch, hauche ich nur fast lautlos: „Oh ja!“
Max lässt mich wieder los. Ich drehe mich um und gehe zur Zimmertüre hinaus, einfach so.
Dort erwartet mich Annie bereits, die die Szene scheinbar beobachtet hat: „Es tut mir leid, Klara, ich war die ganze Zeit in der Küche und hab ihn gar nicht kommen sehen. Aber scheinbar lief es ja eh gut!“
An der frischen Luft komme ich erst langsam wieder zum Durchatmen.
„Ich wurde geflogen“, sage ich leise. Annie lächelt und nimmt meine Hand. Sie lässt mich schweigen – und genießen.
Der Anruf
Hab ich das doch nicht einfach nur geträumt?, frage ich mich, als ich am nächsten Tag völlig verwirrt aufwache. Er war mir so nah, das kann kein Traum gewesen sein! Auf der Seite liegend, das Kissen wieder fest im Arm, schnüffelt meine Nase, als könnte ich seinen Duft so herbeizaubern.
Plötzlich sitze ich aufrecht im Bett. Er meinte, ob wir uns wiedersehen! Vielleicht war das aber nur eine Masche. Vielleicht macht er das immer so. Er weiß ja, dass viele Mädchen auf ihn stehen. So hat er sie alle in seinen Bann gezogen! Ich träume weiter vor mich hin. Aber, wenn nicht?
Gleich nach dem Frühstück klingele ich bei Annie. Lynn erklärt mir, Annie müsse einiges für sie erledigen und komme erst später wieder nach Hause.
Als hätte Mama es geahnt, kommt auch sie auf die Idee, ich solle ihr etwas besorgen und zur Post fahren. Ablenkung tut gut, denke ich mir. Im Moment weiß ich eh nicht so genau, was ich tun soll. Immerhin vergeht die Zeit auf diese Weise schneller.
Nachdem ich mit meiner Arbeit fertig bin, liege ich unter dem offenen Fenster in meinem Bett und träume. Bald schon höre ich Annies rotes Fahrrad in die Einfahrt einbiegen. Ihre unverwechselbare Klingel gibt immer laute Töne von sich, wenn sie über die Bordsteinkante fährt. Sofort springe ich auf. Doch was würde ich mit Max` Telefonnummer denn eigentlich wollen? Ihn anrufen?
Als ich bei Annie bin, schreibt sie trotzdem sofort, nachdem sie das Wort Telefonnummer nur gehört hat, mit ihrem Handy eine Nachricht, oder mehrere? Es dauert nicht lange und aus ihrem Handy zwitschert es: Die entscheidende Nachricht mit seiner Nummer ist eingetroffen. Glücklich und unendlich aufgeregt, drücke ich Annie ganz fest und gehe.
Wieder zu Hause in meinem Zimmer blicke ich die Aneinanderreihung der Ziffern immer und immer wieder an.
Draußen dämmert es bereits. Wenn ich jetzt anrufe, laufe ich ihm hinterher, kommt es mir in den Sinn. Doch dann merke ich schnell, wie ernst er es gemeint hat, mit dem Wiedersehen.
Ich wähle. Es klingelt! Hilfe, kommt es mir plötzlich! Was soll ich nur sagen, wenn er tatsächlich rangeht? Eine Frauenstimme meldet sich, seine Mutter vermutlich. Höflich nenne ich meinen Vornamen und frage nach Max. „Maax!“, ruft die Frau, „eine Klara für dich!“
„Hallo?“, höre ich ihn am anderen Ende der Leitung. Irgendetwas schießt unaufhaltsam in meine Magengegend, während ich es nicht glauben kann, seine Stimme zu hören. „Ich dachte, ich melde mich mal!“, geht es mir ganz cool über die Lippen. „Ich bin das Mädchen vom Volksfest!“, ergänze ich noch. Er lacht kurz, was mich zunächst irritiert. Dann aber sagt er: „Es ist schön, dass du anrufst.“
„Ging die Party noch lange?“, frage ich ihn, was zum Glück zunächst ein peinliches Schweigen verhindert.
„Ein bisschen schon noch, aber ohne dich war`s nur noch halb so schön!“
Will er mich jetzt veräppeln? Ich bin verunsichert. Sind das alles doch nur leere Floskeln? Mein Gesicht verdunkelt sich.
„Was machst du denn in den Ferien? Fährst du irgendwo hin?“, fragt er mich mit seiner männlichen, aber doch sanften Stimme weiter.
„Wir fahren nach Italien, auf einen Campingplatz.“ Eine coolere Antwort kann ich auf diese Frage leider nicht geben.
„Ans Meer mit deinen Eltern?“, erkundigt er sich.
„Mein Bruder, Felix, meine Mama und ich fahren. Papa kommt vermutlich nicht mit“, erkläre