Der Kaiser schickt Soldaten aus. Janko Ferk

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Der Kaiser schickt Soldaten aus - Janko Ferk

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Kälte der Botschaft konnte das Brautpaar nicht verstimmen. Das Glück wurde nicht getrübt und so sprach Franz Ferdinand vom „schönsten Tag unseres Lebens“.

      Der Kaiser lud das Paar erst zwei Monate nach der Trauung, im September, in die Hofburg. Bei erster Gelegenheit berichtete er seiner Freundin Katharina Schratt über die Privataudienz. „Sie war natürlich und bescheiden, sieht aber nicht mehr ganz jung aus.“ Trotzdem verlieh er ihr neun Jahre später den Titel einer Herzogin, mit dem die Anrede „Hoheit“ verbunden war.

      Der sehr glücklichen Ehe entsprossen bis zum Herbst neunzehnhundertvier drei Kinder, die Tochter Sophie sowie die Söhne Max und Ernst. Die Beziehung innerhalb der Familie, die in Konopischt zuhause war, wo es weder Hofzeremoniell noch Pomp gab, war eine innige.

      Nach seiner Heirat war Franz Ferdinand nie mehr ernsthaft oder schwer krank. Er war in der Ehe mit Sophie ein glücklicher Mann geworden.

      Die österreichisch-ungarische Monarchie hatte sich zunächst mit dem Zaren in Sankt Petersburg darauf verständigt, ihr Einflussgebiet auf dem Balkan nicht zu erweitern.

      Als Österreich-Ungarn Bosnien und die Herzegowina entgegen der diplomatischen Absprachen am fünften Oktober neunzehnhundertacht annektierte, kam es nicht nur zu einer Trübung der österreichisch-russischen Beziehungen. An diesem Tag hielt sich der russische Außenminister in Paris auf und war ahnungslos.

      Franz Joseph verkündete die Annexion Bosniens durch die österreichisch-ungarische Monarchie, ohne irgendeine andere Macht im Voraus zu informieren oder zu konsultieren. Auch Deutschland, das loyal zum österreichischen Bündnispartner stehen musste, wurde in die Spannungen miteinbezogen.

      Die Besetzung wurde in London sowie Paris und sogar Berlin mit Zorn zur Kenntnis genommen. In seiner ersten Wut wollte der deutsche Kaiser seinen österreichischen Verbündeten mit diesem Problem sogar sich selbst überlassen. „Wir missbilligen diese österreichische Dummheit auf dem Balkan zutiefst und werden sie noch unterstützen müssen.“

      Zu dieser Zeit wurde auch an der Rüstungsspirale schon ganz kräftig gedreht.

      Bemerkbar war eine Verhärtung der Verhältnisse zwischen den Bündnisblöcken, bei denen sich zu dieser Zeit auf der einen Seite Großbritannien, Frankreich sowie Russland und auf der anderen Seite Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich gegenüberstanden. Ein nicht ganz berechenbarer beziehungsweise zuverlässiger Partner beim zweiten Block war Italien.

      Die Gefahr eines Weltkriegs wurde klar gesehen und unmissverständlich angesprochen.

      In Serbien, dem ernannten oder selbsternannten „Mutterland“ Bosniens, wie immer man es sehen wollte, führte die österreichisch-ungarische Annexionsproklamation zu einem ordentlichen Aufruhr.

      Eines gab das andere, trotzdem ging alles Hand in Hand. Die Empörung war glänzend inszeniert. Und nicht einmal er- oder gekauft.

      In den Belgrader Straßen wurde demonstriert.

      Habsburgische Fahnen wurden unter johlender Zustimmung öffentlich verbrannt.

      Die Gesandtschaft der österreichisch-ungarischen Monarchie musste unter den Schutz des serbischen Militärs gestellt werden.

      Das Kriegsministerium berief die Reservisten ein.

      Das serbische Parlament trat in größter Eile und Wichtigkeit zusammen, um für die Armee sofort weitere und höhere Kredite zu bewilligen.

      Die Zeitungen des Landes stellten in Schlagzeilen mit dicken Lettern Forderungen auf. Das Land müsse unverzüglich Vorbereitungen für einen Kampf auf Leben und Tod treffen.

      Auch die Politik wusste, wie die Frage noch zusätzlich anzuheizen war. Sie forderte, Bosnien und die Herzegowina müssten zu autonomen Gebieten erklärt werden.

      Der Außenminister begab sich auf eine Reise durch westeuropäische Regierungssitze und warb um politische Unterstützung gegen die Österreicher.

      Der Führer der Radikalen Partei, Nikola Pašić, ersuchte bei Zar Nikolaus dem Zweiten in Sankt Petersburg um Hilfe. Pašić war an der richtigen Adresse. In Russland überschlug sich der panslawistische Blätterwald in seinem Eifer und hetzte für ein bedingungsloses Eingreifen am Balkan.

      Zar Nikolaus der Zweite befand sich in einem unlösbar scheinenden Zielkonflikt. Er wollte seine Stellung als Übervater aller Slawinnen und Slawen nicht verlieren, schreckte aber vor einem militärischen Angriff zurück. Er versicherte dem radikalen Pašić, dass Serbien in der russischen Außenpolitik vorrangig behandelt werde, eine Militäraktion jedoch undenkbar sei.

      In Österreich herrschten sogar mehrere Meinungen. Man konnte nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob dies typisch oder untypisch für Österreich war.

      Aloys Freiherr von Aehrenthal, der Außenminister, war ausdrücklich gegen alles, was nach militärischer Vorbereitung aussah.

      Franz Freiherr Conrad von Hötzendorf, der Generalstabschef, wollte die Truppen unbedingt verstärken.

      Franz Ferdinand war in Konopischt, als die Annexion proklamiert wurde, und bat den Generalstabschef „dringendst von allzu stürmischen Drauflosgehen nach Tunlichkeit“ abzusehen. In ihrem Gottesgnadentum hatten die Habsburger offensichtlich den unbändigen Drang, vor großen Entscheidungen tunlichst zurückzuweichen und auf ein Wunder zu warten. Conrad und der Entscheidungsdrang waren zu bändigen … Mussten bezwungen werden …

      Es wurde jedenfalls ein Brand ausgelöst, der lange nicht mehr gelöscht werden konnte. Ein Brand, der auf einem Pulverfass namens Balkan zunächst zu glimmen, dann zu knistern, was gefährlich genug war, und schließlich zu lodern begann. Ein Brand, der sich über die ganze Welt ausbreiten sollte. Und über Jahre nicht gelöscht werden konnte.

      Keine drei Tage nach der österreichischen Annexionsproklamation versammelten sich in Belgrad prominente Vertreter des stolzen Serbenvolks, mit dem einzigen Zweck, darüber zu beraten, wie die Stimmung gegen die österreichisch-ungarische Monarchie am besten, wirkungsvollsten und anhaltend ausgenützt werden könnte.

      In der Schar der Versammelten sah man alle und alles, auch Leute, die hier an sich nicht zu sehen sein sollten, hohe Beamte, den Bürgermeister der Stadt, aktive Politiker, darunter den Erziehungsminister, gewissermaßen als pädagogischen Kriegstreiber, ehemalige Minister, Offiziere der serbischen Armee, Honorarprofessoren, Universitätsprofessoren und andere in Belgrad weltbekannte Männer.

      Diese illustre Ansammlung serbischen Scharfblicks und Scharfsinns beschloss einmütig die Gründung der „Narodna Odbrana“, auf Deutsch „Volksschutz“, deren Präsident ein General im Dienst wurde.

      Aus ihrem heiligen Zweck machte die Organisation bei Gott kein Geheimnis.

      Das Motto war martialisch und verwegen. „Wer Serbe ist, muss Soldat sein und für das Serbentum und die Heimat alles opfern; wer nicht kämpfen kann, soll Geld beisteuern.“

      Die „Narodna Odbrana“ sollte das serbische Nationalbewusstsein innerhalb und außerhalb des Mutterlands stärken und propagandistisch gegen Österreich-Ungarn tätig werden.

      Auf dem Staatsgebiet der Monarchie sollten Sabotageakte geplant und durchgeführt werden.

      Die

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