1918. Johannes Sachslehner
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Da sonach Österreich-Ungarn sämtliche Bedingungen angenommen hat, von welchen der Herr Präsident den Eintritt in Verhandlungen über den Waffenstillstand und den Frieden abhängig gemacht hat, steht nach Ansicht der österreichischungarischen Regierung dem Beginne dieser Verhandlungen nichts mehr im Wege.
Die österreichisch-ungarische Regierung erklärt sich daher bereit, auch ohne das Ergebnis anderer Verhandlungen abzuwarten, in Verhandlungen über einen Frieden zwischen Österreich-Ungarn und den gegnerischen Staaten und über einen sofortigen Waffenstillstand an allen Fronten Österreich-Ungarns einzutreten und bittet den Herrn Präsidenten Wilson, die diesfälligen Einleitungen zu treffen.“
So gut gemeint die Note an Wilson auch ist – sie wird beim Präsidenten und seinen Beratern, vor allem bei Robert Lansing, US Secretary of State, und bei „Colonel“ Edward House, seinem Europa-Spezialisten, keinerlei Eindruck mehr machen. Die Amerikaner sind auf dieses Angebot der Österreicher längst nicht mehr angewiesen, der Vielvölkerstaat an der Donau ist für sie so oder so „erledigt“, die Verbündeten, allen voran Italien, wollen den Lohn für ihre Opfer kassieren. Eine geradezu explosive Wirkung entfaltet diese Note dagegen auf die politische Lage im Inneren der Monarchie. Wieder einmal hat Kaiser Karl genau das Falsche veranlasst: Anstatt zur Entspannung beizutragen, wird die Note Andrássys den Zerfall seines Reiches schon in wenigen Stunden in verhängnisvoller Weise extrem beschleunigen …
Während Arz von Straußenburg und die Stabsoffiziere in den Kommandozentralen noch über die fatalen Folgen der Wiener Politik für ihre Militärmaschinerie sinnieren, lassen die Alliierten nicht locker. Sie sind fest entschlossen, ihre drei am 27. erkämpften Piave-Brückenköpfe bei der Grave di Papadopoli, bei Sernaglia und bei Pederobba, wo der Fluss aus den Bergen in die Tiefebene tritt, weiter auszudehnen. Der Befehl für die 10. Armee von Lord Cavan, dem 10. Earl of Cavan, lautet unmissverständlich: Der Angriff wird am 28. fortgesetzt …
Südlich des Dörfchens Fontigo hat die reißende Strömung des aufgrund der Regenfälle in den vorangegangenen Tagen noch immer Hochwasser führenden Piave die drei Brücken über den Fluss teilweise zerstört; italienische Pioniere arbeiten in tiefer Dunkelheit fieberhaft an ihrer Wiederherstellung. Für die Truppen der italienischen 8. Armee unter Generalleutnant Enrico Caviglia, die im Morgengrauen des Vortags über den Fluss gegangen sind und im überraschenden Angriff bis Sernaglia bzw. zum Soligobach vordringen konnten, ist die Verbindung lebenswichtig, da die Munition im Brückenkopf am linken Piaveufer bereits knapp wird und die Versorgung aus der Luft nicht effizient genug ist.
Knapp nach Mitternacht ist es so weit: Die Brücken sind wieder passierbar; österreichisch-ungarische Stellungsartillerie, die die Übergänge unter Beschuss nehmen könnte, ist nicht mehr vorhanden, da die Geschütze der 11. Honvédkavalleriedivision und der 12. Reitenden Schützendivision, die diesen Abschnitt verteidigten, in den Gefechten des Vortags bereits verloren gegangen sind. Dramatisch die Verluste bei den Mannschaften: Die Zahl der Toten, Vermissten und Verwundeten am 27. Oktober erreicht bei der 12. Reitenden Schützendivision 40 % des Standes, in die weiteren Kämpfe wird man nicht mehr entscheidend eingreifen können. Um die Italiener an einem weiteren Vordringen aus dem Brückenkopf Sernaglia zu hindern, hat man sich buchstäblich aufgeopfert, gewonnen hat man allerdings nur etwas Zeit – Zeit, die letztlich doch wieder vom Feind besser genützt werden kann. Nachschub und Verstärkungen rollen nun über den Piave: die italienische 60. Infanteriedivision und Teile der 66.; doch die Belastung für die notdürftig instand gesetzten Brücken ist zu groß; noch bevor es Tag wird, sind sie wieder unpassierbar, die Truppen Caviglias neuerlich abgeschnitten.
Die Chance, die sich den k. u. k. Truppen damit unverhofft bietet, kann jedoch nicht genützt werden. Generalmajor Hegedüs von der 21. Honvédkavalleriebrigade und Oberst Alois Czulik von Thurya, der mit den Reserven der 25. Infanteriedivision und hier vor allem mit dem 84. Infanterieregiment und zwei Bataillonen des 44. Infanterieregiments den Gegenangriff Richtung Sernaglia führen soll, können zwar am frühen Abend des 27. Oktober Geländegewinne erzielen, kommen in der Dunkelheit aber nicht mehr entscheidend weiter, ja, das Infanterieregiment 128 verirrt sich sogar und taucht plötzlich im Rücken der eigenen Truppen auf, die vor Sernaglia kämpfen. Nach Mitternacht befiehlt Hegedüs deshalb den Rückzug nach Pieve del Trevisan. Die abgekämpfte 12. Reitende Schützendivision geht in fester Ordnung hinter den Soligobach zurück, ihre Nachhuten halten die Linie Kote 151 südlich Soligo bis Kote 136 südlich Pieve di Soligo.
Die drei Bataillone der 84er haben sich, nachdem ihr Angriff zum Stehen gekommen ist, auf der Linie Nordrand Mosnigo – Südende Giusin – Gravette–Kote 134 südlich von Antonio eingegraben – in notdürftig ausgehobenen Schützenlöchern inmitten von dichten Obstkulturen, durchnässt vom Regen, versucht man den Scheinwerfern der Italiener zu entgehen, deren Lichtkegel immer wieder suchend über das Schlachtfeld tasten. Ohne Pause toben die Geschütze der Italiener, die schweres Sperrfeuer über die Nachschubwege der Österreicher legen, vor allem auch auf die Straße von Canale nach Posmone, die von Granaten zerpflügt, kaum noch passierbar ist. Zerstörte Geschütze, umgestürzte Wagen, Leichen und Pferdekadaver säumen den Weg, auf dem Verwundete zurückgebracht werden und der Nachschub versuchen muss irgendwie durchzukommen. 70 Italiener, die als Gefangene eingebracht worden sind, werden dazu angehalten die Verwundeten der 84er zurück in die Kirche von Fontane zu tragen, die als Lazarett dient – das Gotteshaus füllt sich rasch mit Blessierten, beim Schein von Taschenlampen leisten die Ärzte unermüdlich die notwendigste Erstversorgung.
Um Mitternacht, nach langen Bemühungen, steht endlich auch die Küche in der Nähe der ersten Schwarmlinie: In kleinen Gruppen kommen die Soldaten aus ihren Stellungen, um Essen zu fassen, da es unmöglich ist, den Kochkessel zu ihnen nach vorne zu schleppen. Zu essen gibt es etwas Brot und Suppe und wie überall an der Südwestfront den unvermeidlichen „Drahtverhau“, staubtrockenes Dörrgemüse, das sich nur mit dem Heißhunger der Kämpfer hinunterschlingen lässt.
Bereits vor Mitternacht ist vom Kommando der 25. Infanteriedivision die Gefechtsdisposition für den 28. eingetroffen. Man ist entschlossen, dem Feind hartnäckigen Widerstand entgegenzusetzen, nüchtern und umsichtig plant man die Attacke auf die Armee Caviglias, von Selbstaufgabe oder Katastrophenstimmung keine Spur: „Morgen allgemeiner Gegenangriff. Feldmarschallleutnant Luxardo mit der 11. und 12. Kavalleriedivision, dem Infanterieregiment 128 und die 34. Infanteriedivision greifen mit dem rechten Flügel vom Westende Farra di Soligo in der Richtung auf das Westende Mosnigo an. Oberst von Czulik und die 50. Infanteriebrigade, letztere mit allen aus der Piavefront entbehrlichen Kräften, schließen sich nach Maßgabe der vorrückenden Truppe Feldmarschallleutnant Luxardo im Angriffe an. Das Bataillon Hauptmann Foschum (84. Infanterieregiment) nimmt noch nachts über Farra di Soligo Verbindung mit der Gruppe des Oberstleutnants Glaser auf. Oberst von Czulik hat eine intensive Aufklärung nach Moriago und Sernaglia durchzuführen. Die eingeschobenen Honvédhusaren Nr. 3 (ca. 200 Mann) im Raume Casa Balbi stellen die Verbindung zwischen der Gruppe Oberst von Czulik und den entbehrlichen Angriffskräften des Oberstbrigadiers Haas her, werden diesem unterstellt. Die Artillerie ist mündlich angewiesen, den Gegenangriff zu unterstützen und wird in den Raum Posmone – Canale vorgeschoben. Die Fernkampfgruppe unterhält ein ständiges Feuer auf die feindlichen Flussübergangsstellen südlich von Fontigo.“ Der Disposition sind Grüße und Glückwünsche Seiner Exzellenz des Korpskommandanten zur braven Haltung in den kritischen Stunden des 27. angeschlossen.
Unverzüglich werden alle Maßnahmen zur Umsetzung dieser Disposition getroffen – in über vier Jahren Krieg sind die Mechanismen der Todesmaschine zur Perfektion gereift, jeder Offizier weiß, was er zu tun hat.
Es ist schon nach Mitternacht, als beim Regimentskommando der 84er ein Befehl der 25. Infanteriedivision eintrifft, der doch etwas Besorgnis auslöst: „Nachdem mit dem Eingreifen einer neuen eigenen Division aus dem Raume Refrontolo erst am Nachmittag gerechnet werden kann, muss sich die 25. Division bis dahin aus eigenen Kräften