Die Forsyte-Saga. John Galsworthy
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Читать онлайн книгу Die Forsyte-Saga - John Galsworthy страница 43
Bosinney erwiderte lächelnd: »O, nein!«
»Wie, kam sie allein hierher?«
»O nein!«
»Wer – brachte sie denn her?«
»Ich weiß wirklich nicht, ob ich Ihnen das sagen darf.«
James, der wußte, daß Swithin es gewesen, war diese Antwort unbegreiflich.
»Aber!« stammelte er, »Sie wissen doch, daß –« doch er stockte, da er plötzlich die Gefahr merkte.
»Meinetwegen!« sagte er, »wenn Sie es mir nicht sagen, nehme ich an, daß Sie es nicht sagen wollen! Niemand sagt mir was!«
Zu seinem Erstaunen fragte ihn Bosinney:
»Übrigens, könnten Sie mir wohl sagen, ob noch jemand von Ihnen herkommen will. Ich wäre gern zur Stelle!«
»Noch jemand?« sagte James bestürzt, »wer sollte denn noch kommen? Ich weiß es von keinem. Adieu!«
Zu Boden blickend streckte er die Hand aus und berührte flüchtig die Bosinneys; dann faßte er seinen Schirm gerade über dem Seidenbezug und ging die Terrasse entlang davon.
Ehe er um die Ecke bog, warf er einen Blick zurück und sah, daß Bosinney »die Mauer entlang schleichend wie eine große Katze« – so kam es ihm vor – langsam folgte. Er beachtete es nicht, als der junge Mann den Hut lüftete.
Jenseits der Auffahrt und außer Sicht verlangsamte er seine Schritte noch mehr. Sehr matt, gebückter als beim Kommen, hager, hungrig und verzagt, legte er den Weg zur Bahnstation zurück.
Der ›Bukanier‹, der ihn so bedrückt nach Haus gehen sah, bedauerte vielleicht sein Benehmen gegen den alten Mann.
Fünftes Kapitel
Soames und Bosinney korrespondieren
James sagte seinem Sohne nichts von diesem Besuch des Hauses, doch als er eines Morgens in einer Angelegenheit zu Timothy ging, die ein Entwässerungssystem betraf, zu dem sein Bruder durch die Sanitätskommission gezwungen worden war, erwähnte er ihn dort.
Das Haus sei nicht schlecht, sagte er. Es ließe sich schon etwas daraus machen. Der Mensch wäre tüchtig auf seine Art, aber was es Soames noch kosten würde, bevor es fertig war, könne niemand wissen!
Euphemia Forsyte, die zufällig im Zimmer war – sie war gekommen, um Pastor Scoles neuestes Buch ›Leidenschaft und Ablenkung‹ zu leihen, das so beliebt war – mischte sich hinein.
»Ich sah Irene gestern im Kaufhaus. Sie und Mr. Bosinney hatten dort ein nettes Plauderstündchen.«
Sie erwähnte damit einfach eine Szene, die wirklich einen tiefen, nachhaltigen Eindruck auf sie gemacht hatte. Sie wollte für ihre Mutter, die draußen im Wagen wartete, schnell einen Rest prunefarbener Seide in der Seidenabteilung des Kirchen- und Handelsvereins aussuchen – jene Institution mit ihrem bewundernswerten System, nach dem nur verbürgte Personen zugelassen werden, die vor der Ablieferung bar zahlen, eine Einrichtung, wie sie für die Forsytes nicht empfehlenswerter gedacht werden konnte –.
Als sie durch die Lebensmittel-Abteilung kam, zog die Rückansicht einer sehr schönen Gestalt ihren Blick in peinlicher Weise auf sich. Sie war so wunderbar in ihren Verhältnissen, so ebenmäßig und so gut gekleidet, daß es Euphemia in ihrem instinktiven Anstandsgefühl sogleich verwirrte. Mehr intuitiv als aus Erfahrung wußte sie, daß solche Figuren selten im Verein mit Tugend zu finden sind.
Ihr Argwohn bestätigte sich glücklicherweise. Ein junger Mann, der aus der Droguerie kam, riß den Hut herunter und sprach die Dame mit der unbekannten Rückansicht an.
Jetzt erst sah sie, wen sie vor sich hatte. Die Dame war ohne Zweifel Mrs. Soames, der junge Mann Mr. Bosinney. Schnell verbarg sie sich beim Einkauf einer Schachtel tunesischer Datteln, denn sie fand es unleidlich, jemand zu dieser geschäftigen Zeit am Morgen unbeholfen mit Paketen in den Händen zu begegnen, und so wurde sie ganz unwillkürlich die interessierte Beobachterin ihrer kurzen Zusammenkunft.
Mrs. Soames' Wangen, die gewöhnlich etwas bleich waren, hatten eine wundervolle Farbe; und Mr. Bosinneys Wesen war seltsam, wenn auch anziehend (sie fand sein Aussehen sehr vornehm, und Georges Namen für ihn ›der Bukanier‹ – der etwas Romantisches hatte – ganz reizend). Er schien sich zu verteidigen. Sie sprachen wirklich so eifrig – oder vielmehr er sprach eifrig, denn Mrs. Soames sagte nicht viel – daß sie rücksichtslos eine Stockung des Verkehrs veranlaßten. Ein netter alter General, der in das Zigarrenlager wollte, war genötigt einen Umweg zu machen, und als er zufällig aufblickte und Mrs. Soames' Gesicht sah, nahm er tatsächlich den Hut ab, der alte Narr! Das sah einem Manne ähnlich!
Aber besonders ärgerlich war Euphemia über Mrs. Soames' Augen. Sie blickte Mr. Bosinney nicht ein einziges Mal an bis er ging, allein dann sah sie ihm nach. Und oh, dieser Blick!
Diesem Blick hatte Euphemia viele besorgte Gedanken gewidmet. Es ist nicht zuviel zu sagen, daß er sie mit seiner dunkeln, sehnsüchtigen Weichheit verletzt hatte, es sah wahrhaftig aus, als wollte die Frau ihn damit zurückziehen und etwas zurücknehmen was sie gesagt hatte.
Ja, eigentlich hatte sie mit ihrer prunefarbenen Seide in der Hand ja gar nicht Zeit gehabt sich in die Sache zu vertiefen; aber sie war sehr ›intriguée‹ – sehr! Sie hatte Mrs. Soames dann eben noch zugenickt, um ihr zu zeigen, daß sie sie gesehen; und hernach, als sie mit ihrer intimsten Freundin Francie (Rogers Tochter) darüber sprach, sagte sie im Vertrauen: »Sie sah ja aus, wie eben ertappt!« ...
James war durchaus abgeneigt so auf den ersten Anstoß hin an Neuigkeiten zu glauben, die seinen eigenen quälenden Argwohn bestätigten, und unterbrach sie gleich.
»Ach,« sagte er, »sie haben sicherlich Tapeten ausgesucht.«
Euphemia lächelte. »In der Lebensmittelabteilung?« sagte sie sanft; dann nahm sie ›Leidenschaft und Ablenkung‹ vom Tisch und fügte hinzu ehe sie ging: »Also du leihst es mir, Tantchen? Adieu!«
James ging fast unmittelbar darauf; es war spät geworden.
Als er das Bureau von Forsyte, Bustard und Forsyte betrat, fand er Soames in seinem Drehstuhl sitzen und damit beschäftigt eine Verteidigung auszuarbeiten. Er begrüßte den Vater mit einem kurzen Guten-Morgen, zog dann ein Briefkuvert aus der Tasche und sagte:
»Es interessiert dich vielleicht dies durchzulesen.«
James las folgendes:
»Sloane Street. 309 d.
15. Mai.
»Lieber Forsyte!
Da der Bau Ihres Hauses nun vollendet ist, sind meine Dienste als Architekt zu Ende. Wenn ich mit der Innendekoration fortfahren soll, die ich auf Ihren Wunsch übernahm, bitte ich Sie zu berücksichtigen, daß ich freie Hand haben muß.
Sie sind nie hier, ohne etwas vorzuschlagen, was meinen Plänen widerspricht. Ich habe hier drei