Träume - Spiegel der Seele, Krankheiten - Signale der Seele. Reinhold Ruthe

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Träume - Spiegel der Seele, Krankheiten - Signale der Seele - Reinhold Ruthe

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zu vermeiden. Da sich die tiefenpsychologischen Schulen (Freud, Adler und Jung) inhaltlich voneinander unterscheiden, ist es erklärlich, dass sie auch Träume unterschiedlich werten und gewichten.

      Sigmund Freud nennt den Traum, den wir erinnern, den »manifesten Traum«. Es handelt sich dabei um die Bilder, Symbole und Ereignisse, die uns beim Erwachen noch gegenwärtig sind. Die Hintergrundmotive, die versteckten Absichten und das, was uns das Unbewusste sagen will, nennt Freud den »latenten Traum«.

      »Den Vorgang der Verwandlung vom latenten zum manifesten Trauminhalt werde ich die Traumarbeit nennen … Der Gegensatz vom manifesten und latenten Trauminhalt … hier finden sich die Rätsel vor, die erst verschwinden, wenn man den manifesten Traum durch den latenten Gedankeninhalt ersetzt.«1

      Die eigentliche Traumdeutung nennt Freud die Analysearbeit. Sie beabsichtigt, den manifesten Traum auf seine latenten, verborgenen Wünsche und Ziele hin zu untersuchen. (Ich halte mich in diesem Buch nicht an die Formulierungen Freuds, weil sie in meinem Konzept eine untergeordnete Rolle spielen.)

      Die Traumdeutung ist in der Regel eine wirkliche Arbeit und erfordert umfassende Kenntnis der menschlichen Persönlichkeit. Da der Traum nur aus der Kenntnis der Gesamtpersönlichkeit erschlossen werden kann, ist es wichtig, niemals den Ratsuchenden oder den Träumer nur von der Deutung des Traumes allein zu verstehen. Auch wenn Freud den Traum als den »Königsweg« zum Menschen charakterisiert, ist es bedenkenswert, folgende Elemente bei der Deutung zu berücksichtigen:

       Tagesreste, Eindrücke des vergangenen Tages,

       gegenwärtige Probleme, Probleme der Charakterstruktur, frühkindliche Erinnerungen,

       spezielle Ängste und Schwierigkeiten,

       wichtige Lebensstilaspekte.

      Nur dann kann man einer Gesamtaussage über diesen Menschen gerecht werden. Dieses Sehen im Zusammenhang bewahrt Seelsorger und Berater vor Fehleinschätzungen. Je sicherer ein Seelsorger diese Zusammenhänge erkennt und die Linien verschiedener Aussagen miteinander verknüpfen kann, desto umfassender fühlen sich Ratsuchende verstanden.

      Warum sind die Träume so verworren? Warum sind viele Träume für den Durchschnittsmenschen nicht auf Anhieb durchschaubar? Freud hat hier von der »Zensur« gesprochen. Er kommentiert die Traumzensur folgendermaßen:

      »Wer an dem Gesichtspunkte der Zensur als dem Hauptmotiv der Traumentstellung festhält, der wird nicht befremdet sein, aus den Ergebnissen der Traumdeutung zu erfahren, dass die meisten Träume der Erwachsenen durch die Analyse auf erotische Wünsche zurückgeführt werden …

      Seitdem wir die in ihren Äußerungen oft so unscheinbare, regelmäßig übersehene und missverstandene infantile Sexualität kennen gelernt haben, sind wir berechtigt zu sagen, dass fast jeder Kulturmensch die infantile Gestaltung des Sexuallebens in irgendeinem Punkte festgehalten hat, und begreifen so, dass die verdrängten infantilen Sexualwünsche die häufigsten und stärksten Triebkräfte für die Bildung der Träume ergeben.«2

      Freud geht davon aus, dass erotische Wünsche im manifesten Traum als asexuell erscheinen sollen und daher in der Traumzensur »entstellt« werden, wie er das bezeichnet.

      Da sexuelle Vorstellungen angeblich tabuisiert und verdrängt werden, dürfen lediglich Andeutungen, Anspielungen und indirekte Aussagen im Traumgeschehen auftauchen.

      Der Träumer kennt im Allgemeinen nicht die Bedeutung der sexuellen Symptome, die er in der Traumarbeit verwendet. Freud nimmt aber an, dass diese Symptome weit über Länder- und Sprachgrenzen hinausgehen und Träumer aller Länder vereinen.

      Freud will daher in seiner Analysearbeit auf die Deutung der alten Völker zurückgreifen, die – so nimmt er an – mit der Psychoanalyse im Verstehen sexueller Symbole übereinstimmt.

      Diese Aussage Freuds, dass sexuelle Symptome in der Regel verdeckt zur Sprache kommen, erscheint überaus einleuchtend. Sie kann zutreffend sein. Aber die Traumentstellung einseitig auf die Verdrängung sexueller Wünsche zu reduzieren macht sie fragwürdig. Ich bin mit Alfred Adler, dem Begründer der Individualpsychologie, der Meinung, dass alle Aspekte, die die Lebens-Grundüberzeugungen zur Sprache bringen, im Traum unverdeckt, aber in Bildern und Symbolen erscheinen. Das heißt, im Traum, der

       den Lebensstil spiegelt,

       das Bewegungsgesetz dieses Menschen charakterisiert (ob er pessimistisch oder optimistisch, zwanghaft oder mutig ans Leben herangeht),

       eine Spiegelung der Lebens-Grundüberzeugungen darstellt und diese zur Sprache bringt,

      kommen unterdrückte sexuelle Vorstellungen und vom Lebensstil ausgeblendete Gedanken ans Licht.

      Der Träumer vergisst – wie im Wachzustand –, was er vergessen möchte. Er unterschlägt, was er unterschlagen möchte. Die »Traumentstellung«, wie sie Freud charakterisiert, entspricht der subjektiven Wahrnehmung des Träumers, ist also keine Traumentstellung, sondern Ausdruck des Lebensstils.

       Ich sehe, was ich sehen will,

       ich höre, was ich hören will,

       ich fühle, was ich fühlen will,

       ich empfinde, was ich empfinden will.

      Meine unverstandenen Äußerungen – im Wachen oder im Schlafen – sind Äußerungen meines Lebensstils, meiner Einstellung zu Gott und den Menschen.

      Adler schreibt zur Traumzensur: »Was aber Freud ›die Zensur‹ nennt, ist nichts anderes als die größte Entfernung von der Wirklichkeit im Schlafe, ein beabsichtigtes Fernbleiben vom Gemeinschaftsgefühl, dessen Mangelhaftigkeit eine normale Lösung eines vorliegenden Problems verhindert, sodass das Individuum, wie in einem Schock, anlässlich einer erwarteten Niederlage einen anderen Weg zu einer leichteren Lösung sucht, zu dem ihm die Phantasie, im Banne des Lebensstils, abseits vom Commonsense (vom Gemeinschaftsgefühl) behilflich sein soll.«3

      Die Traumzensur kommt in der Individualpsychologie Alfred Adlers nicht vor, sie ist überflüssig.

      Das Gemeinschaftsgefühl ist für Alfred Adler das Barometer

       für seelische Gesundheit,

       für Beziehungsfähigkeit,

       für ein konstruktives Zusammenleben.

      Der Mensch, der auf Grund seiner Lebensführung dieses Gemeinschaftsgefühl vermissen lässt, weicht im Leben und im Traum der Verantwortung vor Gott und vor dem Nächsten wie auch den Anforderungen des Lebens aus. Er sucht eine »leichtere Lösung«, die sich aber als gemeinschaftsfeindlich entpuppt.

      Wo Freud die Verdrängung sexueller Wünsche anspricht, spricht Adler von gestörten Beziehungen. Für Adler gibt es keine Traumzensur. Der Traum offenbart unser Denken, Fühlen und Handeln und damit unseren Lebensstil. Ist die Beziehungsfähigkeit untergraben, kommen im Traum die »leichten Lösungen« zur Sprache, die sich der Träumende zurechtlegt.

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