Die Rache des Inquisitors. Alexander Hartung

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Die Rache des Inquisitors - Alexander Hartung

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vor dem Eingang. Als er Friedrich gewahr wurde, hielt er in seiner Arbeit inne und blickte den Stadtrat lächelnd an.

      »Vater Liborius«, sagte Friedrich außer Atem.

      »Was ist los?«, fragte Liborius besorgt. Sein Lächeln war einem ernsten Ausdruck gewichen. »Warum seid Ihr so in Eile?«

      »Die Inquisition ist in Reheim«, antwortete Friedrich, »und die Männer wollen Euch sofort sehen.«

      Vater Liborius hielt die Luft an. In seinem sonst so sanften und sicheren Blick zeigte sich Überraschung.

      »Habt Ihr eine Ahnung, was die Männer hier wollen?«, hakte Friedrich nach.

      »Nein«, sagte Liborius abwehrend. »Ich habe damit nichts zu tun«, stammelte er weiter. »Ich bin ebenso verwundert wie Ihr.«

      Für einen Moment hingen beide Männer schweigend ihren Gedanken nach.

      »Wir sollten die Inquisitoren nicht warten lassen«, drängte Friedrich. »Vielleicht erfahrt Ihr mehr über den Grund ihrer Anwesenheit.«

      »Wartet einen Moment«, sagte Liborius und ließ den Besen fallen. »Ich ziehe eine andere Kutte an. Dann können wir gehen.«

      Friedrich kam wieder zu Atem. Es hatte keinen Sinn, sich über die Anwesenheit der Dominikaner Sorgen zu machen. Sicher war alles nur ein Missverständnis, aber die Furcht, die ihn seit der Ankunft der Inquisitoren erfasst hatte, ließ ihn noch immer zittern.

      Nachdem sie von Agnes zurückgekommen war, hatte Klara ihre langen, blonden Haare aufgesteckt und ihren Korb genommen, um noch etwas Gemüse bei einem Bauern zu holen. Es dämmerte schon, als sie das Dorf erreichte. Auf dem Marktplatz hatten die Menschen kleine Gruppen gebildet und unterhielten sich leise flüsternd. Es war voller als an einem Markttag, doch die Stimmung war gedrückt und düster. Klara konnte kaum etwas verstehen, daher ging sie näher heran. Sie wollte gerade den Krämer des Dorfes ansprechen, als jemand ihren Arm ergriff und sie unsanft zur nächsten Ecke zog.

      »Lieber Himmel, was soll das denn jetzt?«, rief Klara erbost, während sie versuchte, sich aus dem Griff zu lösen. Im Zwielicht der Dämmerung erkannte sie Peter. Sie ließ sich noch ein paar Schritte mitziehen, bevor sie ungehalten stehen blieb.

      »Sei leise«, flüsterte Peter.

      »Was ist hier los?«, murmelte Klara. »Warum ziehst du mich in die Gasse wie einen gemeinen Räuber? Warum haben sich alle auf dem Marktplatz versammelt und zittern wie Schafe vor dem Wolf?«

      »Sprich nicht so laut und beruhige dich«, antwortete Peter. »Dann erzähle ich dir alles.«

      Ihre Neugier siegte, also atmete sie tief durch und strahlte Peter mit einem gezwungenen Lächeln erwartungsvoll an.

      »Schon besser. Setz dich hin«, sagte Peter und ließ sich auf einer Stufe nieder. Klara nahm neben ihm Platz.

      »Heute Mittag ist die Inquisition in Reheim angekommen.«

      »Die Inquisition?«, rief Klara und sprang wieder auf.

      »Zum letzten Mal, sei endlich leise«, sagte Peter mit zorniger Stimme. Er zog Klara am Arm, die sich daraufhin wieder hinsetzte.

      »Heute Mittag kam eine Kutsche in Begleitung von acht Soldaten hierher. Aus der Kutsche stiegen zwei Priester des Dominikanerordens. Sie haben kurz mit meinem Vater geredet. Scheinbar wird jemand im Dorf der Ketzerei bezichtigt.«

      Klaras Hände krallten sich nervös in ihren Rock, während sie weiter den Worten Peters lauschte.

      »Sie haben Vater Liborius zu sich kommen lassen. Er ist noch immer bei den Dominikanern.«

      »Was wollen sie von ihm?«

      »Ich habe keine Ahnung. Wahrscheinlich suchen sie jemanden, der ihnen den Namen eines Ketzers verrät.«

      »Das kann nicht sein«, fuhr Klara auf. »Vater Liborius ist ein freundlicher, ehrlicher Mann. Er würde niemals einen von uns verraten, selbst wenn er sich der Ketzerei schuldig gemacht hätte.«

      »Wach auf, Klara«, sagte Peter und winkte mit der Hand vor ihrem Gesicht. »Die Inquisition ist im Dorf. Die Dominikaner sind nicht ohne Grund hier. Einer von uns ist ein Verräter.«

      »Das glaube ich nicht.«

      Peter richtete seine Augen gen Himmel.

      »Deine Unschuld in allen Ehren, Klara, aber du bist einfältig.«

      Klara wollte eben eine bissige Bemerkung machen, als sich Stimmen in der Menschenmenge vor dem Wirtshaus erhoben. Sie stand auf. Peter kletterte auf einen Heuwagen und zog Klara mit sich. Von dort konnten sie über die Köpfe der Leute hinwegsehen.

      Die Tür des Wirtshauses hatte sich geöffnet. Von einem Soldaten begleitet, trat Vater Liborius hinaus. Sein Kopf war nach unten gebeugt, als schämte er sich, den Bürgern von Reheim in die Augen zu blicken.

      »Was wollen die Inquisitoren von uns?«, rief ein Mann aus der Menge.

      »Sag uns, was passiert ist«, verlangte eine ältere Frau.

      »Warum warst du so lange bei ihnen?«

      »Was habt ihr besprochen?«

      Vater Liborius wich vor den Fragen zurück. Er wollte schon wieder in das Wirtshaus hineingehen, als Thomas aus dem Haus trat. Er hob seine Hände, und die Menge wurde ruhig.

      »Wir werden alle eure Fragen beantworten. Morgen, bei der Versammlung.«

      »Was für eine Versammlung?«, rief der ältere Mann dazwischen.

      »Morgen, zur Nona, gebieten wir, dass sich alle Bürger von Reheim im Festsaal zu versammeln haben. Ein Fernbleiben müssen wir als Missachtung der Kirche ansehen und somit als Ungehorsam gegenüber Gott.«

      Für einen Moment hatten seine Augen einen harten Ausdruck angenommen. Dann sprach er mit ruhiger Stimme weiter: »Geht nach Hause. Morgen werdet ihr alles erfahren. Wir wünschen keine weiteren Störungen.«

      Dann drehte sich Thomas um und ging in das Wirtshaus zurück.

      Vater Liborius blieb allein vor dem Haus zurück. Als er die Blicke der Bürger auf sich spürte, lief er zu seiner Kirche am Dorfrand zurück.

      Viele Bürger blickten ihrem geistlichen Beistand überrascht oder erschreckt nach, doch dann zerstreuten sich die Menschen auf dem Marktplatz langsam und gingen nach Hause. Klara blieb bis zuletzt auf dem Wagen stehen. Dann nahm sie Peters Hand und drückte sie fest, als suchte sie Halt, bevor sie ohne ein weiteres Wort zu verlieren vom Wagen hinunterkletterte und nach Hause ging.

      Peter sah ihr noch lange nach. Als er sie nicht mehr ausmachen konnte, verbarg er sein Gesicht in den Händen und schüttelte den Kopf. Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte er echte Angst. Nicht die Furcht vor dem prügelnden Vater, dessen Tochter er verführt hatte. Diese Angst ging tiefer. Es war die Furcht vor Folter, vor Demütigung und dem qualvollen Tod auf dem Scheiterhaufen. Peter war nie ein besonders gläubiger Mensch gewesen, doch in dieser Nacht würde er zu Gott beten und seine Gnade erflehen.

      Die Dunkelheit hatte die letzten Strahlen der Sonne vertrieben.

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