Die Rache des Inquisitors. Alexander Hartung

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Die Rache des Inquisitors - Alexander Hartung

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die Menschen unter der Folter ausdünsteten. Es stank nach Schweiß und Exkrementen. Das Klirren von Ketten zeigte ihm, dass die Frau schon aufgehängt war. Normalerweise begannen die Ketzer schon bei seinem Anblick, um Gnade zu flehen, aber die Gefangene schwieg. Baselius nickte ein wenig mit dem Kopf. Dieser Fall schien etwas hartnäckiger zu sein.

      »Schließt die Tür«, sagte er und trat in den Raum hinein. »Wir haben eine lange Nacht vor uns.«

       Agnes

      Die Glocken der Kirchen läuteten die Zusammenkunft ein. Alle Bürger waren gekommen und strömten in den großen Versammlungssaal. Der Saal war oft Ort hitziger Diskussionen gewesen, als über die Verteilung von Weiderechten und Wegzöllen diskutiert worden war, aber jetzt feierte man hier ausgelassene Feste, beging Hochzeiten oder hob das Glas auf die Geburt eines neuen Stammhalters.

      Klara hatte nur gute Erinnerungen an diesen Saal, doch als sie mit ihrem Onkel in den düsteren Raum hineinging, schien jede Freude aus ihm gewichen zu sein. Die beiden Dominikanerpriester saßen auf ihren Stühlen und musterten die einströmende Menge. Auch wenn der alte Priester blind war, so war sein trüber Blick starr auf den Gang gerichtet, als könnte er die Menschen sehen.

      Die Kamine im Raum waren aus, nur spärliches Kerzenlicht erhellte den Saal. Die Angst der Bewohner war fast mit Händen zu greifen. Niemand sprach ein Wort. Alle blickten zu Boden, und selbst die Kinder schienen sich des Ernstes dieser Versammlung bewusst zu sein. Sie redeten nicht, tollten nicht umher und ließen sich zu keinerlei Streichen anstiften.

      Die Bänke waren voll besetzt, als Pater Baselius aufstand. Klara biss sich nervös auf die Lippe. Sie redete nicht schlecht über Gott, ging jeden Sonntag in die Kirche und betete morgens und vor dem Schlafengehen.

      Noch vor ein paar Tagen hatte sie mit Agnes über Recht und Unrecht gesprochen. Es war um die Bestrafung eines Viehhirten gegangen, der seine Tiere auf einer ungenutzten Wiese seines Nachbarn hatte grasen lassen. Wie immer hatte Agnes zu keiner Zeit gesagt, »das war richtig« oder »das war falsch«. Sie hatte von Klara verlangt, selbst zu beurteilen, was in einem solchen Fall zu tun war. Als Klara dann die Entscheidung getroffen hatte, dass es nicht anstößig war, seine Tiere auf eine brachliegende Wiese zu treiben, auch wenn sie einem nicht gehörte, hatte Agnes nur zufrieden genickt. Ihre Meinung dazu hatte sie wie immer für sich behalten.

      Es gab keinen Grund für Klara, ein schlechtes Gewissen zu haben, das war ihr bewusst, und doch konnte sie den Dominikanern nicht in die Augen sehen, sondern senkte eingeschüchtert den Blick. Vielleicht lag es an der Macht über Leben und Tod, die die Männer innehatten. Möglicherweise war es auch die Angst, die durch die unzähligen grausigen Geschichten von der Inquisition geschürt worden war.

      Ihre Hand umfasste das silberne Kreuz, eines der wenigen Schmuckstücke, die ihr noch von ihrer Mutter geblieben waren. Sie schloss die Augen und dachte an ihr sanftes Lächeln. Immer wenn sie sich fürchtete, war ihre Mutter in ihr Zimmer gekommen, hatte sie in die Arme geschlossen und ihr sanft über den Rücken gestrichen. Dann waren die Schreckgespenster aus den Albträumen verschwunden, das Gewitter nicht mehr so bedrohlich erschienen und die bösen Kreaturen vor ihrem Fenster geflohen.

      Die kratzige Stimme des älteren Priesters riss sie aus ihren Erinnerungen. »Da wir, Pater Baselius und Pater Thomas vom heiligen Orden der Dominikaner, mit all unserer Kraft dafür kämpfen, dass das christliche Volk und der katholische Glaube geschützt und von allem ketzerischen Ungemach ferngehalten werde, haben wir diesen Prozess einberufen. Dies geschehe zum Ruhm und zur Ehre des verehrungswürdigen Namens Jesu Christi und zur Vernichtung der Häresie und des Hexentums hier in Reheim.«

      Pater Baselius machte eine kurze Pause. »Man hat uns von ketzerischen Handlungen berichtet, von Schaden an Mensch und Tier, von Hexerei und dem Verkehr mit Dämonen. Jeder, der die heilige Inquisition in ihrer Arbeit behindert, soll vom Stab der Exkommunikation niedergestreckt werden. Jede Enthüllung, die einen Ketzer überführt, wird mit Absolution der Sünden vergolten.«

      Der Dominikaner setzte sich wieder und winkte einem seiner Soldaten. »Man bringe die Gefangene.«

      Die Menge im Versammlungssaal wurde unruhig. Klara blickte sich um und versuchte festzustellen, ob alle Bürger gekommen waren, wer fehlte. Von ihrer Bank aus hatte sie schlechte Sicht, daher wollte sie sich erheben, aber ihr Onkel fasste sie am Arm und zog sie auf ihren Platz. Sein ernster, warnender Blick ließ keinen Widerspruch zu, und so setzte sie sich.

      Aus dem hinteren Teil des Saals hörte man das Klirren von Ketten. Die Soldaten führten eine kleine Gestalt hinein. Sie zog ihr rechtes Bein ein wenig nach. Ihr Kopf wurde von einem Sack verborgen, und ihr hagerer Körper war von einer alten, zerrissenen Kutte bedeckt. Klara versuchte zu erkennen, wer es war.

      Die Frau wurde nach vorne gebracht, sodass sie von jedem Besucher gesehen werden konnte. Auf einen Wink von Pater Baselius zogen die Soldaten der Gefangenen den Sack vom Kopf und rissen ihr das Gewand vom Leib.

      Klara erblickte Agnes. Die Haare waren ihr vom Kopf geschoren worden. Ihr linkes Auge war geschwollen und ihre Nase offenbar gebrochen. Ihr Körper war von Peitschenhieben verunziert, und ihr linker Arm hing in einem grotesken Winkel schräg von ihrer Schulter weg. Der kleine Finger ihrer linken Hand war nur noch ein Stumpf, und auf ihrer Brust waren mehrere Brandwunden.

      Klara übergab sich auf den Boden. Der Saal war in Aufruhr. Mütter bedeckten ihren Kindern die Augen, Frauen fingen an zu weinen, und selbst die stärksten Männer wandten sich von diesem Anblick ab.

      Agnes stand zitternd in der Mitte des Saals und konnte sich vor Schwäche kaum auf den Beinen halten. Ihr Blick war starr zu Boden gerichtet.

      »Bedeckt sie«, sagte Pater Thomas. Die Soldaten warfen ihr das Gewand über die Schulter, das ihre Blöße nur unzureichend verhüllte.

      Der junge Inquisitor erhob sich von seinem Platz, entrollte ein Schriftstück und begann, laut vorzulesen. »Agnes Barand. Ihr habt Euch der Ketzerei schuldig gemacht. Ihr habt Christus entsagt, die Sakramente geschändet und dem Teufel Opfer dargebracht. Man wirft Euch die Schuld am Tod dreier Kinder vor, weiter sollt Ihr ein Viehsterben verursacht und die Felder eines Bauern verhext haben. Ihr wurdet gesehen, wie ihr zum Hexensabbat geflogen seid. Dort habt Ihr Unzucht mit dem Teufel in Gestalt eines großen Ziegenbocks getrieben. Bei der anschließenden Zusammenkunft mit anderen Hexen habt ihr ihm kniend gehuldigt, ihn angebetet und einen Pakt mit ihm geschlossen.«

      Thomas rollte das Schriftstück zusammen und wandte sich direkt an die Gefangene. »Im Angesicht dieser rechtschaffenen Bürger bitte ich Euch, gesteht Eure Häresie. Widerruft den Pakt mit dem Teufel und kehrt zurück in die Gemeinschaft der Gläubigen.«

      Agnes blickte noch immer zu Boden. Sie schüttelte leicht den Kopf.

      Thomas flüsterte Baselius etwas zu. Die beiden Männer besprachen sich einen Moment, dann erhob der Prior die Stimme.

      »Ruft den ersten Zeugen.«

      Thomas erhob sich und rief in die Menge der Zuschauer. »Maria Höfner. Tretet vor.«

      Die alte Frau stand auf und trat zögernd nach vorne. Ihr Blick war auf ihre Füße gerichtet, als schämte sie sich, hier zu sein. Für einen Moment sah sie zu Agnes, doch ihr Anblick schien ihr Qualen zu bereiten, und so wandte sie sich schnell wieder ab. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie vor den Tisch trat.

      »Maria Höfner«, sagte Thomas mit ruhiger Stimme. »Entspricht es der Wahrheit, dass Euer Mann die der Ketzerei angeklagte Agnes Barand kannte?«

      Maria nickte nur

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