5 – 2 = 7. Viktoria Sommer

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5 – 2 = 7 - Viktoria Sommer

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Doch das ist nun einmal das Naturgesetz aller in Freiheit lebenden Jungtiere.

      Ich rief noch einmal nach ihr, laut und vernehmlich, in der Hoffnung, sie würde es sich anders überlegen und erneut zurückkommen. Aber diesmal passierte nichts. Warum auch? Sie konnte mir armen Wicht doch nicht helfen. Vielleicht dachte sie auch, dass ich schon wieder nach Hause kommen würde, wenn der Schmerz nachließ. Katzen haben ja eine zähe Natur und geben so schnell nicht auf. Ich unternahm noch einen letzten Versuch, auf die Beine zu kommen und hinterher zu laufen. Es ging nicht. Der Schmerz war jetzt unerträglich geworden, an Aufstehen war nicht zu denken. Verzweifelt schaute ich meiner Familie nach, wie sie sich langsam entfernte.

      Wie hatte das nur alles passieren können? Es muss wohl so gewesen sein, dass der Fischhändler in dem Moment, als ich flach wie eine Flunder auf der Seite vor der Palette lag und mit all meinen Kräften versuchte, meinen Fischkopf darunter hervorzuholen, noch einmal vor die Tür getreten war, um etwas abzustellen, mich dabei total übersehen hatte und mit seinem ganzen Gewicht auf meine rechte Hüfte getreten war. Was das für die zarten Knochen eines jungen Kätzchens bedeutet, kann man sich vorstellen.

      Meine Klagerufe wurden allmählich schwächer, bis sie ganz verstummten. Glücklicherweise spendeten große, bunte, baldachinartige über der Gasse befestigte Tücher wohltuenden Schatten.

      Die Stunden verrannen, nichts geschah. Langsam wurde es dunkel. Ich dämmerte vor mich hin. Plötzlich packten mich zwei kräftige Männerhände, hoben mich hoch, trugen mich mit festem Griff auf die andere Seite der Gasse, wo Müllsäcke und leere Kartons zu einem Haufen zusammen getragen waren, und legten mich dazu – direkt vor einen Plastiksack. Dann entfernten sich die Schritte.

      Ich bekam einen furchtbaren Schrecken, was sollte das denn wieder bedeuten? So schwach, wie ich war, hatte ich mich nicht einmal mit meinen Krallen wehren können. Panische Angst packte mich. Ich versuchte erneut, mich aufzurappeln und davonzulaufen. Aber es gelang mir einfach nicht mehr. Ganz erschöpft sank ich wieder zurück.

      Die Dunkelheit war vollends hereingebrochen. Die Geräusche der Nacht verstummten allmählich und ich lag hier einsam und verlassen zwischen Abfallsäcken und dämmerte vor mich hin. Keiner kümmerte sich um mich und wer weiß, was noch hätte passieren können: Wahrscheinlich wäre ich samt Abfall, sozusagen als Kadaver, auf einer der städtischen Müllhalden gelandet – wenn nicht ein Wunder geschehen wäre, wenn Allah, der Allbarmherzige, sich meiner nicht erbarmt hätte.

      Die Nacht ging dahin. Ich verspürte eine merkwürdige Schwäche. Eine große Müdigkeit überkam mich. Meine Mama war nicht zurückgekommen, um mich zu holen, sie hatte mich vergessen. Das war mein letzter schmerzlicher Gedanke. Dann muss ich wohl eingeschlafen sein. Ich erwachte erst wieder von dem lauten Palaver kräftiger Männerstimmen. Sie unterhielten sich lebhaft nach orientalischer Art. Einer zeigte mit dem Finger auf mich. Worum es ging? Keine Ahnung. Ich hob ein wenig meinen Kopf und schaute verwirrt um mich. Müllsäcke, nichts als Müllsäcke. Wie lange hatte ich hier schon gelegen? Stunden? Tage? Ich wusste es nicht, hatte jedes Zeitgefühl verloren. Ermattet schloss ich wieder die Augen.

      Die Stimmen wurden lauter. Jetzt mischte sich eine verhaltene Frauenstimme in das Gespräch. Ich öffnete die Augen und blinzelte für einen Moment vorsichtig in die Sonne, die jetzt schon hoch am Himmel stand.

      Aber gerade in dem Augenblick, als ich meine Augen ermattet wieder schließen wollte, beugte sich ein Gesicht über mich; das Gesicht einer jungen Frau, eingerahmt von dunklen Locken. Zwei weiche Hände berührten mich sanft und versuchten behutsam, mich auf die Beinchen zu stellen. Vergeblich. Ich sackte sofort wieder in mich zusammen, kippte um und fiel auf die Seite. Ich war ja viel zu schwach, atmete nur noch ganz flach, und die schrecklichen Schmerzen waren auch wieder da. Ich miaute noch einmal kläglich, dann schwanden mir die Sinne. Eine wohltuende Dunkelheit umfing mich. Ich spürte nichts mehr.

      Lautes Tuten, schreckliches Geratter und ein durchdringender Pfiff schreckten mich auf. Zaghaft öffnete ich die Augen. Was für ein Lärm! Wo war ich?

      Um mich herum war es dunkel. Ich konnte nichts erkennen. Jetzt nahm ich einen schmalen Lichtschein wahr, der durch einen winzigen Spalt in meine Dunkelheit drang. Eng war es und furchtbar heiß. Mein Atem war flach, stoßweise. Ich öffnete in kurzen Abständen mein Mäulchen, um mehr Luft zu bekommen. Von Natur aus lieben Katzen zwar die Wärme und vertragen auch große Hitze, aber die Temperatur in meinem engen Verließ – einem Schuhkarton! – war auch für einen Wüstentiger entschieden zu hoch. Mein Zustand begann bedenklich zu werden. Puhhh, war das schwül! Ich hatte ja keine Ahnung, dass ich mich in einem Eisenbahnwagen im Zug von Tunis nach Hammamet befand und dass es in diesen Zügen ganz normal ist, wenn die Klimaanlage öfter einmal während der Fahrt ausfällt. Die Reisenden nehmen das mit stoischer Gelassenheit hin.

      Mein Unbehagen wuchs von Minute zu Minute und ich ließ ein klägliches Miauen hören. Es musste wohl vernommen worden sein, denn siehe da: Plötzlich wurde es ganz hell. Ein mir nun schon vertrautes Gesicht beugte sich lächelnd über mich und wurde immer sorgenvoller, je länger ihr Blick auf mir ruhte. Mein Zustand schien offenbar recht bedrohlich zu sein, denn immer wieder tauchte das Gesicht über mir auf und betrachtete mich prüfend. Vertrauensvoll blickte ich die junge Frau an. Ich ahnte, alles würde gut werden. Doch dann begann die Umgebung um mich herum zu verschwimmen. Erleichtert schloss ich die Augen. Ich wurde wieder bewusstlos. Darum weiß ich auch nicht, was weiter geschah, und bemerkte auch nicht, dass wir auf einem kleinen Bahnhof ausstiegen.

      Ein köstlicher Duft stieg mir in die Nase und weckte meine Lebensgeister. Noch ganz benommen öffnete ich die Augen und sah etwas ungemein lecker Riechendes direkt vor meiner Nase. Das gesunde Hungergefühl machte sich bemerkbar. Mit aller Kraft versuchte ich mich aufzurichten. Aber es gelang nicht. Ich war noch viel zu schwach und kippte einfach wieder auf die Seite. Das liebe Gesicht beugte sich ratlos über mich und murmelte etwas vor sich hin. Dabei schüttelte die junge Frau sorgenvoll den Kopf. Und ich glitt wieder hinüber in meinen ohnmachtsähnlichen Schlaf.

      Auf diese Weise muss ich wohl die ganze Nacht verbracht haben, denn als ich zu mir kam und die Augen aufschlug, war es ganz hell und ein paar Sonnenstrahlen drangen bereits durchs Fenster. Ich fühlte mich, weich gebettet auf einem Handtuch in einer großen Basttasche, recht wohl und schon viel kräftiger, begann vorsichtig, mich zu strecken, und ermuntert durch mein besseres Befinden, versuchte ich zaghaft aufzustehen. Jetzt schaffte ich es sogar, doch mehr schlecht als recht, denn ich merkte sofort, dass ich mein hinteres Beinchen nicht aufsetzen konnte.

      Nur nicht aufgeben! Ich probierte es mit drei Beinen – es ging. Vorsichtig lehnte ich mich an die Tasche, die daraufhin zur Seite kippte und mir die Gelegenheit gab herauszukrabbeln. Ja, und da sah ich die junge Frau zum ersten Mal ganz deutlich, nicht schemenhaft wie bisher. Sie lag direkt neben mir und schlief tief und fest. Neugierig und ganz vorsichtig schnupperte ich an ihren dunklen Haaren und an ihrem Gesicht. Nach eingehender Betrachtung und weil sie sich nicht rührte, wurde mir bald langweilig und ich griff zu einer anderen Methode, um sie zu wecken. Ganz sanft biss ich in ihre Nasenspitze. Als sie sich immer noch nicht rührte, wurde ich kesser und biss etwas kräftiger zu. Diesmal hatte ich Erfolg. Sie schlug die Augen auf, strahlte mich an und streichelte mich liebevoll. „Mein Gott, ist das schön, mein Kleiner, es geht dir besser! Jetzt werde ich dir ganz schnell dein Futter holen.“

      Schwups stand sie auf und verschwand hinter einer Tür, hinter der es merkwürdig zu rauschen begann – ich konnte damals ja noch nicht wissen, dass es eine Dusche war –, kam wieder herein, zog sich an und verließ das Zimmer. Wo mochte sie wohl hingehen?

      Schon nach kurzer Zeit kam sie mit einem Teller und einem Becher zurück. Ich lag auf dem Bett, sie bückte sich und hielt mir den Teller direkt vor die Nase. Vorsichtig schnupperte ich daran. Hmm, rohes Hackfleisch, roch das lecker! Im Nu hatte ich alles verputzt.

      „Ach,

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