Ein Bier, ein Wein, ein Mord. Susanne Mischke

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Ein Bier, ein Wein, ein Mord - Susanne Mischke

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      Eingefleischte Gäste von Plümecke versus Kaiser streiten seit Jahren darum, in welchem der beiden Lokale die beste Currywurst zubereitet wird. Mit welchen tödlichen Schicksalen diese beiden Gastwirtschaften in Berührung gekommen sind, entwickeln zwei unserer Autoren. Für das Lokal in der Oststadt-List eröffnet Richard Birkefeld die geschichtliche Dimension des Stammpublikums im Plümecke, das auch von politischen Brüchen und anderen schwerwiegenden Ereignissen unbeirrt bleibt.

      Eine nur scheinbar klar motivierte Tat im akademischen Plagiatoren-Milieu, in und bei der Nordstädter Gaststätte Kaiser, lässt Bodo Dringenberg in einer Tresensituation gesprächsweise zu Tage kommen.

      So etwas Frugales wie die oben erwähnte Currywurst würde die Bar Oscar’s natürlich nicht anbieten, zumal die Zeitschrift Playboy sie auf Platz zwei eines bundesdeutschen Bar-Tests gesetzt hat. Unpassendes kann an einem solchen Ort die entspannte Stimmung ruinieren. Susanne Mischkes Protagonist nutzt günstige Umstände, sich solcher Störungen im Oscar’s gründlich zu entledigen.

      Apropos – falls Sie, liebe Leserin, lieber Leser, in einer dieser sieben Kneipen Gast oder Wirt sind und weitere Hinter- und Abgründe erfahren möchten, so laden Sie uns einfach auf ein Bier oder einen Wein ein. Das Weitere wird sich finden …

      Die Herausgeber

      Gaststätte: Kalabusch (Südstadt)

      Tatort Kalabusch

      Nur mit Mühe drang der Schein der Straßenlaternen bis hinab auf den Asphalt. Dichter, eklig nasskalter Novembernebel hatte sich zwischen den Häuserzeilen und Alleen der Südstadt breit gemacht. Den ganzen Tag über hatte es wie aus Kübeln gegossen. Die Sallstraße lag verlassen. Fahrbahn, Bürgersteig und parkende Autos waren tropfnass, die Linden, Kastanien und Gleditschien kahl, ihre Blätter längst zu Brei gefahren.

      Es war Sonntagabend. Ideales Tatort-Wetter.

      Die Kirchturmuhr der Nazarethkirche schlug achtmal. Hannes musste sich sputen, wenn er noch einen guten Platz im Kalabusch ergattern wollte. Die letzten beiden Male war er auch schon zu spät gekommen und hatte mit einem Platz auf der Treppe vorlieb nehmen müssen.

      Hannes begann zu laufen. Nicht nur, weil er spät dran war, sondern auch, weil er fror. Er trug lediglich eine Jeansjacke. Als ewiger Student konnte er sich eine warme Winterjacke nicht leisten; sie stand jedoch ganz oben auf seiner Wunschliste.

      Mit dem Beginn des Wetterberichts der Tagesschau betrat er die Gaststube. Die Vorhersage für die nächsten Tage verhieß nichts Gutes.

      Das Kalabusch war gut besucht. Wie immer, wenn Tatort im Fernsehen lief. Das gemeinsame sonntägliche Krimigucken und das Gewinnspiel, bei dem es galt, den Mörder zu raten, zogen viele Amateurermittler an.

      Hannes hatte Glück. Er fand einen freien Stuhl mit guter Sicht auf die große Leinwand vor dem Fenster. Direkt neben dem Klavier mit dem Hannover 96 Banner darüber. Die anderen waren schon da: Hermann, Jörg, Dagmar, Olaf und wie sie alle hießen. Er kannte sie nicht persönlich, sondern nur aus dem Internet. Die Gewinner des Ratespiels wurden auf der Homepage des Kalabuschs veröffentlicht. Nur die Vornamen, versteht sich. Aus Datenschutzgründen.

      »Wie immer?«, übertönte die Bedienung die Erkennungsmelodie des Krimiklassikers.

      Hannes nickte: »Hefeweizen, ja.«

      Ein Tatort aus Münster war mal wieder an der Reihe. Mit Axel Prahl und Jan Josef Liefers. Es war Hannes’ Lieblings-Tatort. Nicht nur ihm gefielen die verbalen Scharmützel zwischen dem Forensik-Professor Karl-Friedrich Boerne und seiner kleinwüchsigen Assistentin Silke Haller, alias Alberich. Wenn sich die beiden anpflaumten, wurde im Kalabusch gegrölt, geklatscht und getrommelt, dass sich die Tische bogen.

      Beim Auffinden der Ermordeten – es handelte sich um eine übel zugerichtete Leiche einer Prostituierten in einem Sexmobil am Waldesrand – nahm Hannes einen kräftigen Schluck aus seinem Bierglas.

      Das Knattern des Geländemotorrads, das in rasanter Fahrt am Kalabusch in die Stolzestraße einbog, hörten weder er noch die anderen Kneipenbesucher.

      *

      Sie warteten im Schatten einer herbstkahlen Kastanie. Bei laufendem Motor und mit heruntergeklappten Visieren. Das Nummernschild des Motorrads war derart verschmutzt, dass es nicht zu entziffern war. Auch der Dreck an den Stollenreifen, den Schutzblechen und dem Motorblock deutete darauf hin, dass die Maschine kürzlich im Gelände unterwegs gewesen war. Die Person am Lenker hatte mindestens eine Größe von 1,90 Metern und breite Schultern, der Sozius dagegen war deutlich kleiner und von schlanker, graziler Statur.

      Die Aral-Tankstelle Ecke Marienstraße/Am Südbahnhof hatte einen einzigen Kunden. Einen Mercedes SL-Fahrer, der trotz der lausigen Kälte nur mit einem T-Shirt bekleidet war. Der Mann ließ sich Zeit beim Tanken, überprüfte noch den Luftdruck seiner Reifen, kontrollierte den Ölstand und das Wasser für die Scheibenwaschanlage. Nachdem er endlich fertig und der Wagen Richtung Pferdeturmkreuzung davongebraust war, setzte sich das Motorrad langsam in Bewegung.

      Die Enduro-Motocross-Maschine stoppte direkt vor der Tankstellentür. Ohne den Motor auszuschalten und ohne den Seitenständer herunterzuklappen, ließ der Fahrer seinen Sozius absteigen. Nachdem dieser den Lenker und somit die Balance für das Zweirad übernommen hatte, stieg auch der Fahrer ab.

      Er schaute noch einmal in die Runde. Sie waren die einzigen Kunden, der Verkehr auf der Marienstraße war spärlich. Sie nickten sich zu.

      Den Sicherheitshinweis an der Tür – ›Bitte nehmen Sie den Helm ab, wenn Sie den Shop betreten‹ – ignorierend, marschierte der Fahrer zügig in den Verkaufsraum. Nicht nur den Helm behielt er auf dem Kopf, sondern auch das Visier heruntergeklappt. Im Gehen zückte er eine Pistole und trat an die Kasse.

      »Geld her!«, rief eine männliche Stimme, die durch den Helm dumpf klang. »Aber dalli, sonst …« Er fuchtelte mit der Pistole und warf der Kassiererin einen Rucksack zu. »Da rein!«, befahl er. »Schnell, schnell!«

      »Okay, okay«, erwiderte die Tankstellenangestellte, eine Mittvierzigerin mit gepiercter Unterlippe. Instinktiv hatte sie beide Arme gehoben, die sie langsam wieder senkte. »Immer mit der Ruhe.«

      Es war ihr dritter Überfall in zwei Jahren, sie wusste, was zu tun war. Während sie begann, die Geldscheine aus der Kasse in den Rucksack zu stopfen, betätigte sie nebenbei heimlich den Notrufknopf.

      »Nun beeilen Sie sich schon«, rief der Gangster. »Hopp, hopp!« Nervös tippelte er von einem Bein aufs andere. Die Kassiererin ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Stoisch fuhr sie fort, die Einnahmen der letzten zwei Stunden im Rucksack unterzubringen.

      *

      Im Kalabusch herrschte eine gewisse Spannung. Das lag nicht allein am Münsteraner Tatort, der mal wieder außergewöhnlich kurzweilig und witzig war. Es galt, den Täter der Prostituierten zu tippen. Das musste bis 21:00 Uhr erledigt sein. Nur so konnte man am Gewinnspiel teilnehmen und seine Chance auf einen 10 %igen Rabatt des abendlichen Verzehrs wahren. Außerdem konnte man Punkte für die Saison-Rangliste ergattern, die regelmäßig im Internet veröffentlicht wurde und einen zusätzlichen Preis versprach.

      Hannes hatte schon öfter richtig getippt und war in der letzten Saison auf Platz drei der Gesamtwertung gelandet. In diesem Jahr lag er bereits auf Platz zwei. Wenn

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