Der mondhelle Pfad. Petra Wagner
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der mondhelle Pfad - Petra Wagner страница 75
„Wie gesagt: Er passt perfekt zu Adalrich. Man muss die beiden einfach gerne haben.“ Silvanus seufzte und schürzte nachdenklich die Lippen. Mit vorsichtigem Tonfall sagte er: „Apropos ‚gerne haben‘ … Wolltest du nicht gerade weg von hier, Loranthus?“
„Äh, ja! Wird besser sein!“, gluckste Loranthus und warf Silvanus einen feixenden Seitenblick zu. Wenn sie Adalrich begegnet waren, konnten sie auch jederzeit Furia über den Weg laufen. Darauf konnte er gut und gerne verzichten. Ihm war schon längst aufgefallen, dass Silvanus dieses Weib nicht leiden konnte. Warum wohl nicht. Schmunzelnd schob Loranthus seinen Freund zwischen riesigen Johannisbeersträuchern hindurch.
Exakt zwei Schritte weiter blieb er schon wieder wie angewurzelt stehen.
Irritiert starrte er auf eine ganze Kohorte in die Erde eingelassener Holzluken, erkannte aber recht schnell einen sicheren Weg durch ihre Anordnung und schritt zielstrebig voran, nur um wieder zu erstarren. Ethmanja dagegen wirkte höchst erfreut.
Viele Sklaven waren damit beschäftigt, Fleisch zu teilen, zu würzen oder Speck in Tiermägen zu füllen. Andere Sklaven saßen sich vor einem Holzbrett gegenüber, das so breit wie ein Zelt war. Jeder hielt einen Holzgriff in den Händen und zwischen ihnen sausten riesige, gebogene, blutbesudelte Messer auf und ab.
Sie sahen aus wie die Wiegemesser, mit denen er selbst schon Kräuter zerkleinert hatte. Doch diese hier waren nicht klein und handlich, sondern machten einen gefährlichen, wenn nicht sogar monströsen, Eindruck. Deshalb hätte Loranthus auch hier am liebsten die Flucht ergriffen, aber er wollte unbedingt sehen, was unter den Messern zerschnitten wurde.
Also trat er sachte näher heran und beugte sich über die Sklaven. Im selben Augenblick klatschte seine Hand von ganz alleine auf seinen Mund und er unterdrückte ein Würgen. Alles Mögliche an Schlachtresten wurde von den Messern in Stücke gehackt. Es sah widerlich aus. Die Sklaven schien das nicht zu stören. Sie riefen sich zu, hoben ihre Messer, schoben die Brocken damit zusammen und zerstückelten fröhlich weiter. Es war eine einzige, schmierige, blutrünstige Metzelei und sie sangen sogar dabei. Einer winkte mit blutiger Hand zu ihnen hinüber, krallte lachend seine Finger in die Brocken und warf einen Fleischfetzen mit Schwung durch die Luft.
Ethmanja sprang hoch und schmatzte.
Loranthus würgte und drehte sich um, doch das war keine gute Idee.
Andere Sklaven steckten bis zum Ellenbogen in Bottichen mit genau derselben Masse, bekamen Salz und andere Gewürze dazu geschüttet und wühlten weiter in der Pampe. Daneben stand ebenfalls ein Bottich. Hier hielten schon Sklaven Trichter bereit und quetschten die Masse in einen endlos langen Darm, bis er vollgestopft und ineinander gerollt da lag wie eine Schlange.
Wenigstens war es keine blutige Schlange, da sie alle paar Windungen mit Wasser gesäubert wurde. Loranthus trat dennoch einen Schritt zurück, was seinem Oberkörper leider immer noch nicht reichte. So stand er also ziemlich schräg nach hinten geneigt und beobachtete, wie die Sklaven das Darmende verknoteten und das lange Ding in einen riesigen Kupferkessel mit kochendem Wasser gleiten ließen. Darin schwammen schon die Tiermägen mit ihrem blutigen Inhalt und blubberten gemächlich vor sich hin. Ein alter Sklave rührte mit einem Holzstock in der Brühe, der so lang war wie er selbst und auch genauso dünn.
Ein paar Schritte weiter schürte ein anderer mit einem Handblasebalg ein Feuer unter einem wahren Berg aus Holzkohle. Das Eisengitter darüber hatte ein Gestell, das fast so groß war wie das Schneidebrett vorhin.
Loranthus rümpfte die Nase und zupfte Silvanus am Ärmel.
„Wenn ich nicht gleich etwas anderes zu sehen bekomme, würge ich dir meinen Gerstenbrei vor die Füße!“
„Bloß nicht! Die habe ich erst frisch gewaschen! Aber ich weiß einen Ort, wo es dir besser gefällt. Ist gleich um die Ecke, hinter den Johannisbeerhecken.“
„Ach ja? Und warum sollte es mir dort besser gefallen?“
Silvanus schüttelte den Kopf und grinste.
„Mal sehen, ob du es alleine herausfindest!“
Vor sich hin grummelnd, schlurfte Loranthus neben Silvanus her und stand gleich darauf unter mächtigen Apfelbäumen. Erleichtert atmete er tief ein und sah sich um.
Hier standen mannshohe Fässer, eine Armspanne breite Bottiche, riesige Kupferkessel mit langen dünnen Rohren, dahinter gab es noch lange Holzrinnen und andere seltsame Gerätschaften.
Zwei junge Männer betätigten sich gerade an einer dieser Konstruktionen, die aussah wie ein riesiger Holzeimer mit Ablaufrohr und Holzgestell darüber. Sie schütteten körbeweise Äpfel in den Eimer, bis er fast überquoll. Dann zückte der eine einen Holzgriff, an dem sich unten lange Klingen kreuzten. Dieses gefährliche Instrument setzte er lachend auf die Äpfel und drückte fest dagegen. Sofort gaben die Äpfel ein schmatzendes Geräusch von sich und sackten ein Stück zusammen.
Loranthus legte den Kopf schief, denn das kam ihm irgendwie bekannt vor, außer, dass hier kein Blut floss. Das Prinzip war jedoch das gleiche: Das Schneidewerkzeug wurde aus der Apfelmasse gezogen und wieder neu hinein gerammt. Nach mehrfachem Auf und Nieder ruhte sich der erste Mann aus, der zweite schüttete Äpfel nach und machte weiter. Dann besahen sich beide ihr Werk, nickten zufrieden und setzten einen Deckel auf.
Loranthus ging noch ein Stück näher, nun war die Gefahr gebannt, und außerdem schien es interessant zu werden. Der eine zückte nämlich ein gewundenes Ding, das so lang und so dick war wie sein Arm. Es war aus Holz und das verblüffte Loranthus so sehr, dass er unwillkürlich die Hand danach ausstreckte, um sicher zu gehen. Die beiden Männer verstanden sein Interesse etwas falsch, denn plötzlich lag die riesige Holzschraube in seinen Händen. Loranthus starrte die stabilen Windungen an und das Loch an einem Ende. Prüfend betrachtete er das Holzgestell und setzte die Schraube an ihren Platz, einem genau passenden Ring mit Innengewinde.
Die beiden Männer nickten anerkennend und schoben ein Querholz durch das Schraubenloch. Der erste fasste es an beiden Enden und begann zu drehen, der zweite löste ihn ab.
Loranthus stellte sich auf die Zehenspitzen und sah, wie sich der Deckel immer weiter in den Eimer schraubte, unten plötzlich Saft aus dem Rohr austrat und in den bereitgestellten Eimer lief.
„Das ist eine Saftpresse! Eine riesige Saftpresse!“, rief er begeistert und hockte sich vor das Austrittsrohr. „Und diese Konstruktion dort …“ Er zeigte auf den kupfernen Kessel mit Rohren. „ … ist zum Destillieren! Ihr macht hier Wein! Apfelwein!“
„Das hast du gut erkannt, Loranthus. Unsere Saftpresse im Dorf ist zwar kleiner, aber für unsere Zwecke reicht sie vollkommen. Und wie zu Hause machen wir auch hier nicht nur Apfelwein, Loranthus, sondern auch Apfelessig, Korma und natürlich … „Silvanus nickte zum Eimer, der sich rasch füllte. „Apfelsaft und Saft aus verschiedenen Beeren, Wein aus Beeren, Essig aus Beeren …“
Er nahm sein Horn, hielt es unter den austretenden Saftstrahl und winkte Loranthus, es ihm gleichzutun.
„Mmmh, ja! Euer Fruchtsaft ist wirklich genial und der hier schmeckt seeehr fruchtig“, befand Loranthus, schmatzte und nahm noch einen Schluck. „Und leicht säuerlich.“
„Also säuerlich würde ich nicht sagen …“ Silvanus leckte sich die Lippen. „ … eher aromatisch.“
„Aber auch ein bisschen säuerlich. Aromatisch-säuerlich!“