Reinkarnation. Gabriele
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Woher kommen wir?
Wohin gehen wir?
Viele Menschen stellen sich diese Fragen gar nicht mehr. Sie begnügen sich damit, dass sie von ihren Eltern gezeugt wurden und sich jetzt eben durchs Leben schlagen müssen, ohne sich viele Gedanken über den Sinn ihres Lebens zu machen. Man will erfolgreich sein und das Leben nach Möglichkeit genießen. Eines Tages wird man sterben. Was danach kommt, bleibt für die meisten im Dunklen – soweit sie überhaupt an ein Leben nach dem Tod glauben.
Woher kommt eigentlich diese Gleichgültigkeit und Abstumpfung? Waren die kirchlichen Antworten auf die grundlegenden Fragen des Lebens so unerträglich, dass man lieber gar nicht mehr wissen wollte, woher man kommt und wohin man geht? Nach kirchlicher Lehre entsteht nämlich die Seele des Menschen bei der Zeugung. Was aus dieser Seele dann wird, entscheidet sich im Laufe eines mehr oder weniger kurzen irdischen Lebens. Wurde das Kind in die Kirche hineingetauft, so hängt angeblich alles davon ab, ob es als Heranwachsender und als Erwachsener den kirchlichen Lehren folgt und die von den Priestern angebotenen Sakramente empfängt. Geschieht dies nicht, droht der Seele unweigerlich ewige Verdammnis:
„Wer nicht die ganze kirchliche Überlieferung annimmt, die geschriebene wie die ungeschriebene, der sei ausgeschlossen.“ (Neuner-Ross, „Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung“, Randnummer 85) Und wer „ausgeschlossen“ ist, der landet nach katholischer Lehre im ewigen Höllenfeuer: Die Kirche „... glaubt fest, bekennt und verkündet, dass »niemand außerhalb der katholischen Kirche, weder Heide« noch Jude noch Ungläubiger oder ein von der Einheit Getrennter – des ewigen Lebens teilhaftig wird, vielmehr dem ewigen Feuer verfällt, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist, wenn er sich nicht vor dem Tod ihr (der Kirche) anschließt.“ (ebd., Randnummer 381)
Auch wenn man diese unglaubliche Drohbotschaft nicht ernst nimmt, bleibt es doch absurd, dass 70 oder 80 Jahre irdischen Daseins über eine ganze Ewigkeit entscheiden sollen. Genauso absurd erscheint es, dass eine unsterbliche Seele durch sterbliche Eltern geschaffen werden soll.
Reinkarnation –
Urwissen der Menschheit
Viel einleuchtender ist da die Lehre von der Reinkarnation. Der Glaube an die Wiedergeburt ist so alt wie die Menschheit. Er gehört – nach dem Psychologen C.G. Jung – zu den „Archetypen“ des Menschheitswissens. Mehr als die Hälfte der Menschheit hält das Gesetz von Ursache und Wirkung und den Gedanken, dass man sich mehrmals einverleiben kann, für eine völlig natürliche Sache. Er ist in allen Kulturkreisen zu finden – keineswegs nur im Osten, also z.B. im Buddhismus und Hinduismus, wie viele meinen. Die sogenannten christlichen Kirchen verurteilen die Reinkarnation als östliche Lehre – nehmen andererseits aber die Meditationstechniken der östlichen Religionen und speisen sie in ihre Institution ein. Daran wird deutlich: Die Kirche hat kein Rückgrat.
Sie liegt außerdem mit ihrer Behauptung falsch. Der Gedanke der Reinkarnation war Teil der griechischen Philosophie, bei Pythagoras, bei Platon; er war in Ägypten vorhanden, und es gab und gibt auch immer wieder große Geister und Dichter und Denker, die selbstverständlich davon ausgehen, dass wir öfters auf Erden leben dürfen, um uns zu läutern. Zur Zeit Jesu war der Reinkarnationsgedanke auch im jüdischen Volksglauben zu finden.
Der jüdische Religionswissenschaftler Schalom Ben Chorin schreibt: „Der Gedanke der Wiedergeburt ist im Judentum der Zeit Jesu offensichtlicher Volksglaube ... So hielten die Leute Jesus für einen der alten Propheten, der wiedergekommen ist (Luk 9, 8 u. 19). Im Talmud finden sich oft merkwürdige Notizen, die auf einen Seelenwanderungs- oder Wiedergeburtsglauben schließen lassen, wie etwa die Bemerkung: ‚Mordechai, das ist Samuel’. Hier will gesagt sein, dass der Jude Mordechai, der Onkel der Königin Esther, eine Wiedergeburt des Propheten Samuel war ...“ 1)
Auch in der Zeit des Urchristentums gingen noch zahlreiche Schriften von Hand zu Hand, in denen wie selbstverständlich vom Reinkarnationsgedanken ausgegangen wurde.
So z.B. in der Pistis Sophia, einem der apokryphen (= verborgenen) Evangelien, nach welchem Jesus im Zusammenhang mit der Rückkehr einer Seele aus dem Jenseits in einen menschlichen Körper davon spricht, dass die Seele einen „Becher mit dem Trunk des Vergessens“2) trinkt.
Die Verfälschung der Bibel und ihre Folgen
Diese Schriften wurden jedoch, wie viele andere, nicht in den offiziellen Kanon der kirchlichen Bibel aufgenommen. Die entstehende Machtkirche, die Jesus von Nazareth nicht gegründet hat, begann erstmals gegen Ende des 2. Jahrhunderts damit, bestimmte Texte anderen vorzuziehen. Erst Ende des 4. Jahrhunderts wurde dieser Prozess der gezielten Auswahl (Kanonisierung) abgeschlossen.
Im Jahre 383 erhielt Hieronymus (345-420), der Bibelschreiber, den Auftrag von Papst Damasus I., einen einheitlichen lateinischen Bibeltext zu erstellen. Es entstand die sogenannte Vulgata, die lateinische Bibel, die bis heute dem allzu leichtgläubigen Volk als fehlerloses Wort Gottes „verkauft“ wird. Hieronymus hatte jedoch alles andere als eine einheitliche Textgrundlage. Man kennt derzeit ca. 4860 griechische Handschriften des Neuen Testamentes, von denen keine zwei im Text übereinstimmen. Theologen zählen heute ca. 100.000 verschiedene Varianten. Hieronymus, der bei seiner Arbeit etwa 3500 Stellen in den Evangelien änderte, schrieb damals an den Papst: „Wird sich auch nur einer finden, der mich nicht ... lauthals einen Fälscher und Religionsfrevler schilt, weil ich die Kühnheit besaß, einiges in den alten Büchern, den Evangelien, zuzufügen, abzuändern oder wegzulassen?“
Doch was ließ er weg, was fügte er hinzu? Und was änderte er ab? Man muss davon ausgehen, dass Hieronymus – einerseits unter dem Druck seines Auftraggebers, des Papstes, andererseits in dem Bestreben, diesem zu gefallen und in der Kurie weiter Karriere zu machen – vieles von der Lehre der frühen Christen, das noch bis zum 4. Jahrhundert weit verbreitet war und von dem auch Hieronymus wusste, unterschlug. Es geht vor allem um das Wissen von der Reinkarnation und der Präexistenz der Seele. Hieronymus wusste sehr wohl, dass die Wiederverkörperung Bestandteil der frühchristlichen Lehre war. In einem Brief schreibt er über den frühchristlichen Weisheitslehrer Origenes (185-254), dass nach dessen Lehre die Seele des Menschen „ihren Körper wechselt“. (Epistula 16) Und in einem anderen Brief findet sich die Aussage: „Die Lehre von der Wiederkehr wurde seit den allerersten Zeiten ... verkündet als ein überlieferter Glaube“. 3)
Ein weiteres Beispiel: Hieronymus war auch die Bedeutung der vegetarischen Ernährung im Leben der ersten Christen bekannt. Dieser Aspekt fand ebenfalls keinen Eingang in die offiziellen Bibeltexte. Und das, obwohl Hieronymus selbst Vegetarier war und bezeugte: „Der Genuss des Tierfleisches war bis zur Sintflut unbekannt; aber seit der Sintflut hat man uns die Fasern und stinkenden Säfte des Tierfleisches in den Mund gestopft ... Jesus Christus, welcher erschien, als die Zeit erfüllt war, hat das Ende wieder mit dem Anfang verknüpft, so dass es uns jetzt nicht mehr erlaubt ist, Tierfleisch zu essen.“ 4) An anderer Stelle heißt es im gleichen Brief: „Und so sage ich zu euch: Wenn ihr vollkommen sein wollt, dann ist es förderlich, ... kein Fleisch zu essen.“ 5)
Die historische Bibelfälschung der Kirche, die in Hieronymus ihren Höhepunkt fand, hat die Menschheit in einen Abgrund geführt, der sich gerade heute immer mehr auftut. Mit der Unterschlagung dieses und anderen alten urchristlichen Wissens hat für alle Lebewesen auf dieser Erde und auch für die Erde selbst eine unvorstellbare geistige Katastrophe ihren unheilvollen Lauf begonnen, die bis in die Gegenwart unser aller Leben beeinflusst. Denn wie wäre die Geschichte wohl verlaufen, wenn ein Großteil der Menschheit gewusst hätte, dass negative Taten in diesem oder in einem weiteren Erdenleben auf den Urheber zurückfallen können, sofern dieser nicht rechtzeitig bereut und um Vergebung bittet? Hätte es dann z.B.