Die 40 bekanntesten historischen und archäologischen Stätten in Istrien. Wolfram Letzner
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Das Paläolithikum spiegelt sich in mehreren bedeutenden Fundplätzen auf der Istrischen Halbinsel wider. Unter den vielen geheimnisvollen Höhlen Istriens, die als Naturdenkmäler bezeichnet werden können, nehmen zwei eine wichtige Rolle ein. Dabei handelt es sich um die Romuald-Höhle am Limski-Kanal und die Šandalija-Höhle, ganz in der Nähe Pulas gelegen. In der Romuald-Höhle, die in Gruppen besichtigt werden kann und heute aufgrund ihrer Fledermauspopulation unter Naturschutz steht, fanden sich Werkzeuge aus Feuerstein und Knochen von mehr als 40 Tierarten, die gejagt wurden. Der Šandalija-Höhle kommt aber vielleicht noch eine größere Bedeutung zu, weil hier neben vergleichbaren Funden zur Romuald-Höhle auch menschliche Überreste aufgedeckt wurden, die mit naturwissenschaftlichen Methoden datiert werden konnten. Das Knochenmaterial aus der tieferen, also älteren Schicht weist ein Alter von 28.000 Jahren auf, während die Knochen aus der höheren, jüngeren Schicht nur 12.320 Jahre alt sind.
Aufgrund der überregionalen Bedeutung sind die meisten dieser Funde in das Geologisch-Paläontologische Institut der Kroatischen Akademie der Wissenschaften nach Zagreb gebracht worden. Im Archäologischen Museum Istriens in Pula (s. S. 94) können heute nur wenige Objekte gezeigt werden, wie die dortigen Kollegen bedauern.
Vom Paläolithikum zum Neolithikum ist ein großer zeitlicher Sprung; das Neolithikum wird in die Zeit von 6000 – 2000 v. Chr. datiert. Für die Menschheitsgeschichte ist diese Phase von großer Bedeutung, weil hier der Übergang von der Existenz des Jägers und Sammlers zum Ackerbauern und Viehzüchter stattfand. Gerne spricht man daher auch von der „Neolithischen Revolution“, auch wenn der Begriff den Kulturwandel nicht ganz trifft. Eine Revolution setzt einen radikalen und plötzlichen Umbruch voraus. Der neolithische Mensch veränderte eher durch das Beobachten der Natur und die daraus entstehenden Erkenntnisse seine Umwelt. Begleitet wurde dieser Prozess durch erhebliche Verbesserung der Handwerkskunst. So entstanden etwa fein polierte Äxte und Hämmer aus Stein.
Aber auch Keramik, häufig durch Ornamente geschmückt, wurde in größerem Umfang angefertigt. Vergleicht man diese Art von Keramik, die bei einer Reihe von Fundstätten (z. B. Medulin, Vižula oder Verudica) gefunden wurde, mit solcher von anderen Fundplätzen im Mittelmeerraum, so lässt sich erkennen, dass es schon im Neolithikum einen Kulturaustausch gab.
Zwischen dem Neolithikum und der Bronzezeit hat die Forschung eine Übergangsphase erkannt, die als Äneolithikum bezeichnet wird. Für Istrien kennzeichnend ist dabei das Vorkommen von Keramik aus dem dalmatischen Raum; daneben findet sich aber auch eine neue Keramikart, die bis nach Oberitalien nachgewiesen ist.
Zu den Lebenswelten der Menschen in Istrien während des Äneolithikums ergibt sich ein durchaus erstaunliches Bild: In einer Reihe von Höhlen – etwa Cingarela, Vešanska Peć oder Pečine – gab es Spuren, die auf eine dauerhafte Nutzung als Wohnraum hindeuten. Daneben existierten aber auch Grubenhäuser, Bauten, die teilweise in den Boden eingetieft waren.
Ein grundlegender kultureller Wandel sollte sich zu Beginn des 2. Jts. v. Chr. vollziehen. Von Kleinasien aus wanderten indoeuropäische Völker in die Balkanregion ein. Sie brachten ein Material mit, das der Epoche ihren Namen geben sollte: die Bronze. Mit ihrer Ankunft erreichte aber auch neues, sich in vielfältiger Weise zeigendes Gedankengut Istrien und die angrenzenden Gebiete.
Prägend für die Kultur der Bronzezeit (1800 – 1000 v. Chr.) war im gesamten istrischen Raum die Siedlungsform. Auf Hügeln, die strategisch günstig lagen, entstanden Siedlungen, die als Castelliere oder Gradine bezeichnet werden. In Istrien konnten bislang rund 400 dieser Orte nachgewiesen werden. Viele der heutigen Städte stehen auf solchen Siedlungsplätzen. Die Antwort auf die Frage, ob sich aus dieser Zahl eine hohe Siedlungs- oder Bevölkerungsdichte erschließen lässt, darf als problematisch bezeichnet werden, weil zwei Aspekte berücksichtigt werden müssen. Grundsätzlich ist einmal zu fragen, ob alle Castelliere überhaupt zeitgleich bestanden. Zum anderen muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass eine Reihe dieser Orte lediglich als Fluchtburgen diente, während andere dauerhaft bewohnt waren. Sicher eine der am besten untersuchten Castelliere ist die Siedlung von Monkodonja (s. S. 71), die nie überbaut wurde und so ihren prähistorischen Zustand zeigt.
Ein wichtiges architektonisches Element der Castelliere ist die Befestigung. Diese konnte recht unterschiedlich ausfallen: In der Siedlung Gradine auf Brijuni (s. S. 96) konnten etwa mehrere Ringmauern beobachtet werden, während sich in Marzula nur eine Verteidigungslinie fand. Daneben gab es aber auch Siedlungen, die nur durch Abschnittsbefestigungen geschützt waren.
Die Höhenlage brachte für die Siedlungen aber noch ein anderes Charakteristikum mit sich: Abhänge in ihrer natürlichen Form ließen sich nur schlecht bebauen. So musste man durch intensive Arbeiten Terrassen schaffen. Ein Nebeneffekt dieser Maßnahmen war, dass mit dem abgetragenen Steinmaterial zugleich auch das Baumaterial für die Befestigungen und für Gebäudefundamente gewonnen wurde. Aus der Verteilung der Castelliere lässt sich aber auch etwas zur Gesellschaftsstruktur der Bronzezeit ablesen. Es existierten wohl Zentralsiedlungen, die als Mittelpunkte von Stammesgesellschaften verstanden werden könnten.
Bei den meisten dieser Siedlungen wurden auch die Nekropolen nachgewiesen, in denen man die Toten als Körperbestattungen mit verschiedenen Beigaben in Tumuli beisetzte. Dabei handelte es sich um Einzel- oder Familiengräber. Dass es durchaus aufwendige Gräber sein konnten, zeigt etwa das „Tholos-Grab“ auf dem Maklavun (s. S. 75), das zugleich auch auf wirtschaftliche und kulturelle Verbindungen zu den Metropolen der damaligen Zeit – etwa Mykene mit seinen gewaltigen Mauern und dem berühmten Löwentor – hinweist.
Eine weitere gravierende Veränderung sollte am Ende des 2. Jts./Anfang des 1. Jts. v. Chr. erfolgen. Von Osten her drangen erneut fremde Völker in die Region ein. Die Periode wird als Eisenzeit bezeichnet, die sich in zwei Phasen unterscheiden lässt. Sie beginnt mit der älteren Eisenzeit, die von 1000 – 400 v. Chr. datiert werden kann. Entsprechend wird die jüngere Eisenzeit ab dem 4. Jh. v. Chr. bis zur römischen Besetzung Istriens angesetzt.
Der Prozess der Landnahme in der älteren Eisenzeit ist recht schwierig zu deuten, weil offenbar eine Reihe von Höhensiedlungen, die die Kultur der Bronzezeit geprägt hatten, zerstört wurde, während andere Siedlungen fortbestanden. Erschwert wird die Beurteilung dieses Bruches durch das geringe Vorkommen von Funden aus Bronze, Eisen oder Schmuck. Dies lässt sich aber damit erklären, dass Gegenstände aus Metall, wenn sie defekt waren oder nicht mehr gebraucht wurden, eingeschmolzen und zu neuen Gegenständen verarbeitet wurden.
Die größte Veränderung, die sich beobachten lässt, betrifft die Friedhöfe oder eher die Bestattungsbräuche. Gab es in der Bronzezeit überwiegend Körperbestattungen, so wurden nun Brandbestattungen zur Regel. Die Nekropolen waren innerhalb der Höhensiedlungen angelegt. Exemplarisch sei auf Limski gradina verwiesen: Hier wurden 74 Urnengräber freigelegt. Ein anderes Bild zeigt die Nekropole von Nesactium (s. S. 104). Neben Urnengräbern gab es auch einfache Brandschüttungsgräber, d. h. die Asche wurde ohne Urne in das Grab gegeben.
Dass es während der Eisenzeit insgesamt intensive Verbindungen zur Mittelmeerwelt gab, belegen die zahleichen Funde von Keramik, die aus dem unteritalischen Bereich (Apulien) oder sogar aus dem griechischen Mutterland (etwa Athen) stammen. Ein Prunkstück ist z. B. eine schwarzfigurige attische Oinochoe, die um 490 v. Chr. datiert wird. Die Vase, heute im Archäologischen Museum in Pula, zeigt einen Krieger auf einer Quadriga.
Die jüngere Eisenzeit in Istrien lässt