Streifzüge durch meine Heimat. Horst Bosetzky

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Streifzüge durch meine Heimat - Horst Bosetzky страница 5

Streifzüge durch meine Heimat - Horst Bosetzky

Скачать книгу

des Friedens. Auf ihr erreicht man nach wenigen Hundert Metern die Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen. Oranienburg kann sich glücklich schätzen, dass sein Name meist zuerst mit dem Schloss assoziiert wird – und erst dann mit dem Konzentrationslager. Unzählige Menschen sind hier gequält worden, wie etwa Jurek Becker, oder ermordet, wie der Hitler-Attentäter Georg Elser. Gott, was wäre der Welt an Schrecken und Elend erspart worden, hätte er am 8. November 1939 im Münchener Bürgerbräukeller sein Werk vollenden können!

      Am Ufer des Lehnitzsees kann man im »Eiscafé Dietrich« einkehren und versuchen, die dunkelste Epoche deutscher Geschichte zu verdrängen. So ganz wird das aber nie gelingen, zumal in und um O-Burg regelmäßig nicht explodierte Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden werden, die aufwendig entschärft werden müssen. Weil hier viele Chemie- und Rüstungsbetriebe ansässig waren, war die Stadt ein vorrangiges Ziel der Luftangriffe der Alliierten. Es soll Berliner geben, die sich wegen der ständig gefundenen Blindgänger weigern, nach O-Burg zu fahren.

      Wagt man den Ausflug dennoch und steigt an der Enthaltestelle Oranienburg aus der Berliner S-Bahn, sticht einem sofort der riesige Komplex des Gymnasiums F. F. Runge ins Auge. Gleich nach der Wiedervereinigung sind hier auch etliche sitzengebliebene Schüler aus den Nordberliner Ortsteilen Frohnau und Hermsdorf untergekommen. Weil es damals in Brandenburg nur 12 Schuljahre gab, in West- Berlin aber noch 13, konnten sie dann im selben Jahr ihr Abitur machen wie ihre ehemaligen Klassenkameraden.

      Rechts vom Gymnasium beginnt die Willy-Brandt-Straße. Gehen wir die hinunter, können wir unter Umgehung der Hauptstraße über den Louise-Henriette-Steg den Schlossplatz erreichen. Ganz hier in der Nähe muss der Ort gelegen haben, an dem mein Ost-Berliner Freund und Kollege Jan Eik und ich gleich nach der friedlichen Revolution gemeinsam lesen sollten. Die Gastgeberin machte es sich leicht und bat uns, als wir vorn am Lesetisch nebeneinander Platz genommen hatten, uns doch bitte selbst vorzustellen. Auf mich zeigte sie zuerst. Und so sagte ich: »Mein Name ist Jan Eik, eigentlich Helmut Eikermann, geboren am 16. August 1940 in Berlin, und ick jloobe, det hört man ooch. Eigentlich bin ich Diplomingenieur für Informationstechnik, seit 1987 aber freiberuflicher Autor. Ich hoffe, Sie kennen meine beiden Kriminalromane hier.« Die lagen vor uns auf dem Tisch, und ich brauchte sie nur hochzuheben. »Das lange Wochenende, Verlag Neues Leben, Berlin 1975, und Poesie ist kein Beweis, 1986, erschienen in der DIE-Reihe.«

      Danach stellte sich Jan Eik als Horst Bosetzky vor. Zu unserem Entsetzen durchschaute lange Zeit keiner, was da gespielt wurde.

      Fällt das Wort Oranienburg, dann rufen viele sofort: »Ah, Eden!« Gemeint ist dabei aber nicht Rolf Eden mit seinem Berliner Nachtklub, sondern die Oranienburger »Gemeinnützige Obstbau-Siedlung Eden«, 1893 gegründet und ausgerichtet auf naturnahes und gesundes Leben.

      Eine möglichst nachhaltige Genesung mit der Option auf ein gesundes Leben versuchte auch die Lungenheilstätte am Grabowsee zu gewährleisten, an welche ich als Lungenkranker sofort denken muss. An ihren Zäunen haben wir nach der Wiedervereinigung bei unseren Ausflügen von Frohnau aus oft gestanden. Bis 1995 war sie noch russisches Lazarett, dann begann sie langsam zu zerfallen. Heute wird die Anlage gern als Filmkulisse genutzt.

      Auch Friedrichsthal sollte man besuchen und sich den Malzer Kanal mit seinen Schleusen ansehen. In der Friedrichsthaler Kirche wirkte der spätere evangelische Bischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Kurt Scharf von 1933 bis 1945 als Pfarrer.

      KW und O-Burg – diese DDR-Kürzel haben sich in meinem Gedächtnis derart festgesetzt, dass ich zu raten beginne, als mein Cousin Curt mir sagt, seine Tochter sei in SPO. »Sperenberg-Ost oder Spremberg-Ost?«

      »Nein, Sankt Peter-Ording.«

       Bad Belzig und Wiesenburg

      »Treffpunkt Bad Belzig. Wir gehen am Sonnabend durch die Rummel«, verkündet unser Wanderführer.

      »Über den Rummel!«, schreien da reflexartig die Kenner der deutschen Hochsprache, den Rummelplatz meinend.

      Doch der Mann hat recht, obwohl das Wort nicht einmal im Duden zu finden ist. Die Rummel ist eine im Hohen Fläming gebräuchliche Bezeichnung für die hier anzutreffenden periglazialen Trockentäler wie beispielsweise die Rummel »Steile Kieten« zwischen Preußnitz und Bad Belzig und die »Brautrummel« bei Grubo.

      Neben Freienwalde, Liebenwerder, Saarow und Wilsnack wurde im Bundesland Brandenburg auch Belzig mit dem Beinamen Bad geadelt. Das Städtchen liegt inmitten des Naturparks Hoher Fläming und verfügt mit dem Hagelberg über eine der höchsten Erhebungen im Norddeutschen Tiefland. Zudem findet man in seiner Nähe eines der letzten Refugien der Großtrappe in Deutschland. Interessant ist auch, dass der geografische Mittelpunkt der DDR zwischen Weitzgrund und Verlorenwasser – heute Teile des Stadtgebiets – gelegen hat. Verlorenwasser heißt aber nicht nur ein Ortsteil von Bad Belzig, sondern auch ein Flüsschen, das in Richtung Havel fließt.

      Was ist an Bad Belzig besonders erwähnenswert? Erstens, dass Martin Luther hier 1530 in der Marienkirche gepredigt hat, zweitens, dass es 1547 im Schmalkaldischen Krieg von spanischen und 1636 im Dreißigjährigen Krieg von schwedischen Truppen zerstört worden ist, und drittens, dass sich hier die Burg Eisenhardt befindet. Die ist das Highlight der Stadt. Die slawischen Heveller hatten an ihrem Standort einen Burgwall errichtet, den Albrecht der Bär 1157 für die Askanier eroberte. Später ließ der Graf Siegfried von Belzig dann die massiv gebaute romanische Steinburg errichten. Den imposanten Bergfried, den »Butterturm«, im Innenhof der Burg kann man erklimmen, es sei denn, man leidet wie ich unter Höhenangst und hat nicht mehr genügend Kraft in den Oberschenkeln. Die Ringmauer und das Heimatmuseum sind einen Rundgang wert, ein wahres Erlebnis ist es aber, im Innenhof der Burg Eisenhardt zu sitzen, zu speisen und zu trinken und den Panoramablick zu genießen. Voller Glück können wir dann singen:

       O Täler weit, o Höhen,

       O schöner grüner Wald,

       Du meiner Lust und Wehen

       Andächtger Aufenthalt.

      Nicht nur der Butterturm, auch der zweihundert Meter hohe Hagelberg will erklommen sein. Auf dem haben sich in den Befreiungskriegen im Vorfeld der Völkerschlacht bei Leipzig am 27. August 1813 die Preußen und die Franzosen in der sogenannten Kolbenschlacht bekriegt. Deren Name rührt daher, dass die Soldaten überwiegend mit Bajonetten und Gewehrkolben kämpfen mussten, weil wegen Dauerregens die Pulver und Gewehre feucht geworden waren. Als es schon so aussah, als würden die Preußen verlieren, erschienen die Russen auf dem Hagelberg und retteten ihnen den Sieg. Es gab Tausende von Toten und Verwundeten.

      Auch ich erlitt eine Verwundung, nachdem ich den Hagelberg mit meiner Wandergruppe bestiegen hatte, jedoch nicht durch den Stich eines Bajonetts, sondern durch die Klinge meines Taschenmessers. Ich hatte mir einen Apfel mundgerecht zerteilen wollen, schrie auf wie ein preußischer Landsturmmann und wälzte mich filmreif im Grase. Zum Glück hatten wir einen Arzt in unserer Mitte, der meine Wunde kunstgerecht verbinden konnte.

      Ist man schon einmal in Bad Belzig, lohnt es sich, auch das nahegelegene Wiesenburg zu besichtigen. Nach rund zweieinhalb Stunden Fußmarsch ist man vor Ort und kann das im Stil der Neorenaissance erbaute Schloss bewundern und im Schlosspark flanieren. Vom Bahnhof Wiesenburg ist man mit einem Zug der Linie RE7 in etwas mehr als einer Stunde wieder am Berliner Bahnhof Zoo.

       Bad Freienwalde und Falkenberg / Mark

      Der Name Bad Freienwalde (Oder) ist etwas irreführend,

Скачать книгу