Mordgelüste in der Schlossklinik Buchenhain. Herbert Seibold

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Mordgelüste in der Schlossklinik Buchenhain - Herbert Seibold

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in den Beruf nach der Kinderauszeit!“ Er bemühte sich um einen lockeren Plauderton. „Wenn man nach einer Zeit des Abstandes wieder zurückkommt, nimmt man wohl Ungereimtheiten, vielleicht Missstimmungen im Alltag eher wahr, als wenn man seit Jahren im gleichen Trott steckt.“

      Sie nickte. „Das könnte stimmen. Aber worauf wollen Sie hinaus?“

      „Könnten Sie mir aus Ihrer Sicht die Stimmung oder das Klima in der Abteilung und im Krankenhaus schildern? Vielleicht ist Ihnen auch gestern um die Vormittagszeit etwas Ungewöhnliches aufgefallen? Was erzählt man sich in der Kantine und welchen Eindruck haben Sie bei den Morgenbesprechungen?“

      Sie überlegte und zog dabei die Stirn in Falten. „Zur fraglichen Zeit war ich schon zu Hause, weil ich Nachtdienst hatte. Die Stimmung ist seit einigen Monaten insgesamt besser geworden. Ich selbst spüre weniger Zukunftsangst, wir Assistenten wurden vom Geschäftsführer – oh Wunder – sogar gelobt. Oder vielleicht lobte der wegen der positiven Zahlen indirekt nur sich selbst, weil wir im letzten Jahr erstmals schwarze Zahlen geschrieben haben. Der Geschäftsführer kommt mir ehrlich gesagt sehr unnahbar, ja fast eiskalt vor. Gestern Vormittag beobachtete ich, wie Muniels Sekretärin wie jeden Mittwoch angezogen eiligen Schrittes aus der Tür des Verwaltungsschlösschens kam, als ich gerade wegfuhr.“

      Frau Doktor Seidler stockte kurz, sodass Joe Moser fortfuhr: „Trotz der angeblichen Verbesserung der Stimmung kündigen gerade jetzt Assistenzärzte.“

      „Das ist, wie ich meine – ich verstehe ja von Psychologie und Motiven bei Ärzten so viel wie eine Kuh vom Trompetenblasen – in der Tat ein anderes Kapitel – fast so komplex wie eine geriatrische Diagnose! Die Krankenhausszene ist mobiler geworden. Die nicht Ortsgebundenen wollen ins Ausland und in den Süden Deutschlands.“

      „Okay, aber woran liegt es, dass es in den letzten Monaten besser geworden ist, jetzt aber Leute kündigen? Ist der Geschäftsführer plötzlich ein angenehmer Mensch geworden?“

      „Es ist nicht der Geschäftsführer, sondern das zusammengeschweißte Team, einschließlich der Chefärzte. Mir gefällt es deswegen, weil wir zusammenhalten und mein Chef, Professor Seneca, zu uns hält und überhaupt ein toller Mensch ist. Er maßregelt nicht, sondern erklärt und übernimmt zum Beispiel schon mal einen schwierigen Entlassungsbericht selbst, ohne viele Worte zu verlieren. Vor sechs Monaten war das anders! Bei Personalmangel wurden bis dahin vermehrt Russen, Ukrainer und Weißrussen neben Arabern eingestellt. Die waren einfach schlechter ausgebildet als wir, sprachen nur dürftig Deutsch und ihre Entlassungsberichte waren nicht nur nicht rechtzeitig fertig, sondern eine Zumutung. Auch gab es immer Zoff auf der Station, besonders die Schwestern waren sauer, weil diese Kollegen Medikamente falsch und unleserlich eintrugen et cetera.“

      „Wissen Sie noch Namen?“

      „Oh, Sie meinen von den letzten zwei Jahren? Die haben so entsetzlich komplizierte Namen wie Cerebboll?? Oder bellovich? Sagen wir doch einfach Kleinhirnchen und Alanari oder Ahmadhi.“ Die Assistenzärztin hob den Zeigefinger. „Ich bin einfach glücklich, dass wir das Problem jetzt los sind. Wissen Sie was, wenn ich Kommissarin wäre, würde ich den Computer von der Personalabteilung auf alle fremd klingenden Namen durchsuchen lassen. Der Personalleiter wird zwar sauer sein, aber er kann ja auch einmal seinen Hintern bewegen und was schaffen, wie die Schwaben sagen würden.“

      Die Frau Doktor ist wirklich herzerfrischend, dachte Herr Moser bei sich, beeilte sich aber, sich bei ihr zu bedanken, und entließ sie mit einem Schmunzeln: „Vielen Dank, eine Superidee! Wenn ich einen Bonus zu vergeben hätte, würde ich ihn gleich für Sie vorschlagen.“

      Eine leichte Röte überzog das Gesicht der Assistenzärztin, bevor sie den Hauptkommissar wegen seines Charmes unschlüssig ein bisschen misstrauisch anblinzelte, dann aber abrupt mit schnellen Schritten, ohne sich noch einmal umzusehen, hinausging.

      Im Laufe der Befragungen tauchten noch zwei Namen von Assistenten, die frühzeitig in der Probezeit entlassen wurden, auf. Joe nahm sich vor, ihre Aufenthalte ermitteln zu lassen. Bei der schwierigen Kooperation mit den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, der Ostblockstaaten und den arabischen Ländern, die keine perfekte Verwaltung haben, besonders nach der arabischen Revolution, war das ein Suchen nach der berühmten Stecknagel im Heuhaufen. Doch die Zeit drängte.

      Der Hauptkommissar traf sich mit Kollegin Gerngross um vierzehn Uhr siebenundvierzig in einem separaten Raum der Kantine zur Besprechung. Sie gab ihm ein Stimmungsbild vom Fußvolk, wie sie das Pflegepersonal nannte. Es schälte sich heraus, dass tatsächlich seit einem halben Jahr Ruhe unter den Mitarbeitern und minimal mehr Zufriedenheit bei den Schwestern, den Therapeuten und dem technischen Personal eingekehrt war. Die Pflegedienstleitung und die Pflegedirektorin berichteten auch, dass der Ton untereinander wohl freundlicher geworden sei, was auf weniger unnötigen Stress hindeuten würde. Welch ein Wunder bei diesem Geschäftsführer! Die Schwestern hören die Buschtrommeln in einem Krankenhausbetrieb ja bekanntlich eher und intensiv wie sonst nur die Putzfrauen und berichteten von zwei Assistenzärzten, die schon früh nach Arbeitsantritt als nicht optimal aufgefallen seien und bei denen die Verwaltung aktiv geworden sei. Ein Doktor Cerebelliniwitch oder so ähnlich und ein Doktor Medjanovich oder Medjedew wurden spontan genannt, die wohl etwas aufbrausend waren und deren Auftreten im krassen Gegensatz zu ihren Leistungen stand. Einer sei sogar manchmal anzüglich geworden.

      „Danke, Gertrude, das geht alles in die gleiche Richtung. Ich ruf mal die KTU an.“

      Die KTU berichtete von den ausgewerteten Fingerabdrücken. Tatsächlich seien Fingerabdrücke an einer Tasse nachweisbar, die keinem derzeitigen Mitarbeiter zugeordnet werden könnten.

      Joe klappte sein Handy zusammen und berichtete Gertrude davon. „Wo ist der Fremde oder die Fremde? Willst du mit der Personalabteilung über die Adressen der ausländischen Ärzte sprechen? Vielleicht haben wir ja Glück.“

      Gerngross hatte zuvor schon von der Pflegedirektorin erfahren, dass für Muniel eine neurologische Reha vereinbart und von der Privatkasse bewilligt worden war – kein Wunder bei der Zweiklassenmedizin und der Hoffnung auf Weiterbeschäftigung!

      Joe rief den Chefarzt an und erfuhr: Die weitere Strategie und das Rehaziel seien eine Aktivierung des Gedächtnisses für den unmittelbaren Zeitraum vor Wirkungseintritt der K.-o.-Tropfen. Der Chef in der Reha habe sich mit diesem Thema, Gedächtnisverlust und Stress, habilitiert. Vielleicht konnte man ja doch Hinweise auf den unheimlichen Besucher und Mordverdächtigen gewinnen.

      Noch einmal traf sich Joe mit dem Chef der Inneren Abteilung, Professor Bernd Pfeifferlich, um etwas über Muniels Befinden und was man mit ihm vorhabe zu erfahren. Der erzählte ihm überraschend, dass Muniel im Moment, nachdem sein Kopf klar geworden sei, eher sanfter wirke und das Schroffe und Überhebliche nicht mehr wahrnehmbar sei. Auch sei er mit der Aussicht auf Reha mehr als einverstanden. Er lasse sich auf alles ein, um wieder gesund und leistungsfähig zu werden. Das ließ hoffen! Die genaue neuropsychologische Testung werde, so Professor Pfeifferlich, einen genaueren Einblick in das Arbeitsgedächtnis, die Informationsverarbeitung und das Denkvermögen geben, sodass auch die berufliche Situation und Perspektiven klarer würden. Auch solle eine spezifischere mentale Aktivierung möglich sein, sodass auch das Wiedererkennen des Täters nicht ganz unrealistisch sei.

      Auch Frau Muniel freute sich, dass die rastlose Ungeduld und Aggression ihres Gatten momentan verschwunden war. Er perseverierte nur, indem er immer wieder fragte: „Liebling, sag mir: Habe ich einen Schlaganfall erlitten?“

      Amalie streichelte seine Hand, nickte nur optimistisch und sagte: „Alles wird wieder gut.“

      Professor Pfeifferlich hatte ihr beim Eintreffen Mut gemacht. Der hatte ihrem Mann zuvor fünfmal den Sachverhalt zu erklären versucht. Schließlich sagte er nur noch: „Das

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