Hitlers Vater. Roman Sandgruber

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Hitlers Vater - Roman Sandgruber

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auf das Vermögen nach Johann Nepomuk, der zwar sicherlich nicht arm war, weder zum Zeitpunkt der Legitimierung noch zwölf Jahre später, zum Zeitpunkt seines Todes, eröffnete diese Legitimierung keine Ansprüche. Denn als Neffe wäre Alois keineswegs bevorzugter Erbe gewesen, solange noch leibliche Kinder, in diesem Fall die drei Töchter, vorhanden waren. Die nationalsozialistische Erbhof-Erbregelung, die Adolf Hitler 1935 einführen würde und die den männlichen Onkeln und Neffen gegenüber leiblichen Töchtern einen Erbvorrang einräumte, war ja 1876 mit bestem Willen nicht vorauszuahnen. Auch das steuerrechtliche Argument ist aus der Luft gegriffen, weil die 1876 geltenden Erbschaftssteuerregelungen keine derartige Staffelung der Steuersätze nach Verwandtschaftsgraden vorsahen. Und dass Derartiges später einmal kommen würde, konnten weder Alois noch Johann Nepomuk voraussehen. Wenn Johann Nepomuk tatsächlich sein ehemaliges Ziehkind Alois am Erbe teilhaben lassen wollte, hätte er es zum eigenen Sohn und nicht zum Sohn seines Bruders erklären lassen müssen. Wenn Alois von Johann Nepomuk später Vermögen erhielt, insbesondere die angeblichen 5000 fl, die er für den Kauf eines Bauernhauses in Wörnharts verwendete, so war es eine Schenkung vor Eintreten des Erbfalls.

      Von anderen Autoren wird ebenfalls Johann Nepomuk als treibende Kraft hinter der Namensänderung gesehen, aus Stolz auf seinen Verwandten und Ziehsohn, der es so weit gebracht habe: »Der Anstoß zu dieser dörflichen Intrige ist zweifellos von Johann Nepomuk Hüttler ausgegangen«, schreibt John Toland: »Denn er hatte Alois erzogen und war begreiflicherweise stolz auf ihn. Alois war gerade erneut befördert worden, er hatte geheiratet und es weiter gebracht als je ein Hüttler oder Hiedler zuvor: nichts war verständlicher, als dass Johann Nepomuk das Bedürfnis empfand, den eigenen Namen in dem seines Ziehsohnes zu erhalten.«55 Das ist nicht auszuschließen, aber angesichts der geänderten Schreibweise des Familiennamens nicht sehr logisch. Es könnte aber für die tatsächlich Beteiligten, nämlich die drei beim Notar erschienenen Zeugen, insbesondere für Josef Romeder als Schwiegersohn Johann Nepomuks, das wirkliche Motiv für ihre Aussage gewesen sein: Man wollte damit einer vielleicht von diesem tatsächlich beabsichtigten Anerkennung der Vaterschaft zuvorkommen, indem dessen längst toter Bruder amtlich zu Alois Vater erklärt und Alois als Konkurrent bei einer Erbschaft nach Johann Nepomuk als nicht direkter Nachkomme ausgeschaltet wurde.

      Mit der Eintragung in das Taufbuch war Alois Schicklgrubers Namensänderung amtlich. Noch im Juni, kaum zwei Wochen nach den Ereignissen in Weitra und Döllersheim, hatte der Braunauer Pfarrer von seinem dortigen Amtsbruder erfahren, dass Alois Schicklgruber nunmehr Alois Hitler heißt. Natürlich erforderte diese Änderung auch bürokratische Schritte bei den staatlichen Stellen. Nachweisbar ist, dass die für Döllersheim zuständige Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, als sie von der Legitimierung erfuhr, deswegen mit der Braunauer Finanzdirektion korrespondierte und sich sowohl beim bischöflichen Sekretariat in St. Pölten als auch bei der Wiener Statthalterei über die Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise des Döllersheimer Pfarrers informierte. Am 6. Oktober 1876 erhielt sie von der Statthalterei einen bestätigenden Bescheid, dass der k.k. Zollamtsoffizial Alois Schicklgruber nunmehr den Namen »Alois Hitler« führen dürfe. Als die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach immer noch zweifelte und am 8. Dezember bei der Statthalterei nochmals nachfragte, ob nunmehr auch die Dokumente des Alois Schicklgruber »auf Hitler« umgeschrieben werden müssten, wurde ihr am 27. Dezember mitgeteilt: »Zurück mit dem Bemerken, dass die mit dem Berichte vom 8. Dezember 1876 … wiederholt gestellte Anfrage schon … (am) 30. November 1876 … ihre Beantwortung gefunden hat.« 56

      Über den gesellschaftlichen Diskurs im kleinbürgerlichen Braunau, der durch so einen Schritt ausgelöst worden sein muss, bei seinen Arbeitskollegen, am Stammtisch, im Tratsch auf dem Kirchenplatz, in der Nachbarschaft und in den Vereinen, wissen wir nichts. Im Innviertel waren der Umgang mit unehelichen Kindern und die damit verbundenen Namensänderungen ohnehin alltäglich.

      Dienst unter dem Doppeladler: Mit der neuen Brücke über den Inn gewann das »Nebenzollamt erster Klasse« in Braunau weiter an Bedeutung. Hier begann Alois 42 Hitler 1871 seine Arbeit als Zollbeamter.

       Das Dasein, als Zöllner zu leben

      Für Ziehkinder gab es selten einen dauerhaften Platz im Haus der Zieheltern. Für Alois blieb nach dem Ende der Schulpflicht daher nur die Wahl, zu anderen Bauern in Dienst zu gehen oder sich eine Existenz außerhalb der Landwirtschaft zu suchen: im Handwerk, als Taglöhner, Fabrikarbeiter, Soldat oder Auswanderer. Mit dreizehn Jahren, im Jahr 1850, begann er daher bei dem Spitaler Schuhmachermeister Anton Ledermüller aus der Weitraer Schusterzunft eine Lehre. Eine wirklich qualifizierte Ausbildung war das wahrscheinlich nicht. Sie war ja mit zwei Jahren auch nur sehr kurz. Sehr anspruchsvoll waren weder das Schuhwerk, das damals im Waldviertel getragen wurde, noch die Ausbildung, die für seine Erzeugung erforderlich war: Holzschuhe, Holzbundschuhe und die üblichen Ausbesserungsarbeiten – eine Flickschusterei eben. Nach einem Probejahr erfolgte am 19. März 1851 die Aufdingung, also die fixe Aufnahme als Lehrling. Der entsprechende Eintrag im Zunftbuch lautet: »Lässt Anton Ledermüller von Spital den Alois Schicklgruber von Döllersheim aufdingen und zahlt 1 fl 20 kr. nach 1 Probejahr.« Am 28. März 1852 war bereits die Freisprechung zum Gesellen erreicht: »Lässt Anton Ledermüller von Spital seinen Lehrjungen Alois Schicklgruber von Döllersheim freisprechen und zahlt 1 fl 30 kr.«57

      Als Geselle ging man auf Wanderschaft. Am besten nach Wien. »Als Dreizehnjähriger schnürte der damalige kleine Junge sein Ränzlein und lief aus der Heimat, dem Waldviertel, fort«, schrieb Adolf Hitler in Mein Kampf: Das ist nicht ganz richtig. Richtig ist, dass Alois als Dreizehnjähriger eine Lehre in Spital begann und als Fünfzehnjähriger nach Wien wegzog. Nach Adolf Hitlers Darstellung sei es »ein bitterer Entschluss« gewesen, »sich mit drei Gulden Wegzehrung so auf die Straße zu machen, ins Ungewisse hinein«. Man kann aber davon ausgehen, dass sich Alois auf vorhandene Netzwerke stützen konnte. Man könnte an Johann Prinz denken, einen sechs Jahre älteren Verwandten, den er von Spital her kannte und der ebenfalls nach Wien gegangen war, dort später als Badewärter im Dianabad arbeitete und Jahrzehnte später zum Taufpaten für seine Kinder und auch für Adolf Hitler wurde.58

      Als Schuster, wenn auch mit sehr kurzer Lehrzeit, fand Alois in Wien zwar sicherlich Arbeit, ob in der Kundenschuhmacherei, als Sitzgeselle oder in der Verlags- und Marktschusterei. Dass er tatsächlich in Wien noch einmal eine Lehrzeit anhängte und erst mit siebzehn Jahren, wie in Mein Kampf behauptet, die Gesellenprüfung ablegte, ist angesichts der Weitraer Zeugnisse unsinnig. Aber ein Schusterleben war auch als ausgelernter Geselle in der Stadt kein Honiglecken. Den meisten Schustern ging es schlecht. Das mag bei Alois zu dem Entschluss geführt haben, 1855 statt in den Militärdienst, der in den unruhigen 1850er Jahren vielleicht in den blutigen Schlachten in Oberitalien geendet hätte, in die k.k. Finanzwache einzutreten, wo er fürs Erste im Zollgrenzbezirk Saalfelden, Land Salzburg, zur Dienstleistung eingeteilt wurde.

       Zöllner und Schmuggler im Pinzgau

      Recht merkwürdig ist, was Adolf Hitler in einem seiner Monologe im Führerhauptquartier im Jahr 1941 daherredete: »Im alten Österreich gab es zwei Berufsgruppen, für die man mit Vorliebe Vorbestrafte wählte: die Zöllner und die Förster. Zu den Zöllnern nahm man Schmuggler, meist solche, die vor der Wahl standen, Zuchthaus zu bekommen oder in den Staatsdienst zu gehen; zu Förstern machte man Wilderer. Beide, Schmuggler und Wilderer, treibt die Leidenschaft, es liegt ihnen im Blut. Wenn einer so einen romantischen Komplex hat, dann muss man ihm Gelegenheit geben, ihn abzureagieren …«59

      Ob diese Geschichte überhaupt Sinn ergab oder auf einem Missverständnis beruht, ob ihm solches sein Vater erzählt hatte oder ob gar der Vater damit gemeint war? Auf

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