Denkwerkzeuge der Höchstleister. Gerhard Wohland

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Denkwerkzeuge der Höchstleister - Gerhard Wohland

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Belohnung oder Strafe.

      Die Hinterbühne als Kern der Kultur ist unsichtbar und nur an ihrer Wirkung erkennbar. Sie kann nicht verändert werden, sie verändert sich. Sie kann aber beobachtet werden, und sie reagiert auf die gewonnenen Erkenntnisse.

      Denkzettel 4: Kultur - Verhalten und Werte

       Verhaltenskultur ist das, was man sieht und gestalten kann (Vorderbühne). Die Wertekultur steckt unsichtbar dahinter und gestaltet sich (Hinterbühne).

      Die Kultur eines Unternehmens hat eine sichtbare Vorderbühne und eine unsichtbare Hinterbühne. Die Vorderbühne besteht aus dem Verhalten der Mitarbeiter. Nur dieses kann direkt beobachtet werden. Die Hinterbühne wirkt durch unsichtbare Werte. Werte sind Gefühle, die ein bestimmtes Verhalten angenehm oder unangenehm machen. Aus dem sichtbaren Verhalten kann nur sehr schwach auf die unsichtbaren Werte geschlossen werden: Menschen können lügen und heucheln.

      Bei niedriger Dynamik gibt es viel Routine und wenig Überraschung. Es ist möglich, Regeln für richtiges Verhalten zu formulieren und ihre Einhaltung zu fordern. Da das Verhalten dem Willen unterliegt, kann diese Forderung erfüllt werden. Verhalten sich Mitarbeiter richtig, so ist die Verhaltenskultur in Ordnung. Wenn nicht, so kann sie durch Argument, Belohnung und Strafe „repariert“ werden.

      Bei hoher Dynamik muss auch dann gehandelt werden, wenn es keine Regeln gibt (Überraschung). Dieses autonome Handeln braucht Entscheidungen. Diese können nur im Kraftfeld eigener Werte getroffen werden. Anders als Verhalten können Werte nicht willentlich verändert werden. (Verändern Sie mal Ihre Lieblingsfarbe!)

      Werte funktionieren wie ein Gedächtnis. Sie bilden und verändern sich ständig - aber nur durch Erfahrung, nicht durch willentliche Gestaltung. Kultur ist nicht Ursache der Verhältnisse, sondern ihr Abbild oder besser: ihr Schatten.

      Fast alle großen Unternehmen lassen immer wieder ihre kulturellen Werte bearbeiten. Wenn überhaupt, verändert dies nur das Verhalten, die Werte bleiben wie sie sind oder reagieren negativ.

      Höchstleister versuchen nie, ihre Kultur zu entwickeln. Sie entwickeln dynamikrobustes Geschäft. Kultur wird nur beobachtet, denn sie zeigt, ob und wie gut dies gelingt. So wird aus der eigenen Kultur eine Lernumgebung, aus der das Management die Qualität der eigenen Arbeit ablesen und verbessern kann.

      Weil das Verhalten einer Person ihrem Willen unterliegt, kann die Forderung nach einem bestimmten Verhalten erfüllt werden.

      Werte sind Gefühle, sie unterliegen nicht dem Willen. Wie ein Gedächtnis ändern sich Werte oft und leicht. Das kann beobachtet, nicht aber gestaltet werden. Positive Werte zu fordern, erzeugt fast immer das Gegenteil.

      Nehmen wir den Wert

Vertrauen. Er gilt als Basis für
dynamikrobuste Organisation. Was aber geschieht, wenn in einer Misstrauenskultur mit Argumenten, Belohnung oder Strafe Vertrauen gefordert wird? Da bleibt nur die Möglichkeit, Vertrauen zu spielen oder, wenn man
Manager ist, Vertrauen „vorzuleben“. Meist fliegt die Heuchelei nicht auf. Wir erinnern uns: Werte sind unsichtbar. Nur das (geheuchelte) Verhalten kann direkt beobachtet werden. Allerdings: Wer den Zwang zur Heuchelei an sich bemerkt, vermutet ihn bei für anderen. Irgendwann wissen alle von allen, dass geheuchelt werden muss, um sich zu arrangieren. In dieser Situation ist es unvermeidlich, sich zu misstrauen. Die Forderung nach Vertrauen erzwingt also Misstrauen. Am Ende entsteht nicht die angestrebte Vertrauenskultur, sondern das Gegenteil.

      Vertrauen ist das Kreditwesen der Kommunikation. Wie jeder Wert entsteht auch Vertrauen nur aus der Erfahrung, dass sich Vertrauen lohnt. Bleibt diese Erfahrung aus, entsteht Misstrauen. Wer das ändern will, muss die Ursache für Misstrauen finden und beseitigen. Wenn dann Vertrauen entsteht, war es die richtige Ursache, wenn nicht, muss man weiter suchen.

      Wer seine Kultur beobachten möchte, muss sie beschreiben. Dazu werden oft Mitarbeiterbefragungen empfohlen. Mit diesem Verfahren werden jedoch nur individuelle Meinungen erfasst und statistisch aufbereitet. Da die Kultur eines Unternehmens aber weder von Personen gemacht ist, noch aus ihnen besteht, ist Kulturbeobachtung so nicht möglich.

      Beispiel: Applaus oder Buhrufe im Theater oder Stadion. Erst die (nichtverbale) Kommunikation unter Anwesenden erzeugt ein Publikum mit einer „Meinung“, der sich der Einzelne dann anschließt oder nicht. Dieses „Wir“ kann aus erfragten Einzelmeinungen nicht errechnet werden. Trotzdem wird es vielfältig gemacht. Aus Einschaltquoten beim Fernsehen, Wahlergebnissen oder Meinungsumfragen wird „der Fernsehzuschauer“, „der Wähler“, „der Bürger“ oder eben „der Mitarbeiter“ errechnet. Alles nur Pappkameraden ohne wirkliche Entsprechung.

      Ein alternatives Beispiel stammt von einem Hersteller jugendlicher Sportschuhe. Die Entscheidung über Entwurfsalternativen wurde lange Zeit aus Umfragen abgeleitet. Als dies immer weniger funktionierte, wurde der Firmenparkplatz in ein Eventareal für Jugendliche umgestaltet. Die Jugendlichen hatten ihren Spaß, und das Management beobachtete, bei welchen der ausgestellten Schuhmodelle sich die größten Trauben bildeten. Diese wurden produziert, die anderen nicht. Der Erfolg hält bis heute an.

      Hier wurde beachtet, dass kein Jugendlicher allein wissen kann, was „Hip“ ist oder sein wird. Erst die Kommunikation unter Anwesenden kann das. Der Einzelne wäre manchmal wohl selbst überrascht, wenn er schon vorher wüsste, was er am Ende für gut halten wird.

      Wer sich an statistischen Phantomen orientiert, läuft Gefahr, Maßnahmen zu ergreifen, die zwar die Messwerte verbessern, nicht aber die Situation oder die

Meinung darüber. Die Wertekultur eines sozialen Systems setzt sich nicht aus den Meinungen ihrer Mitglieder zusammen, sondern wird immer wieder neu durch Kommunikation erzeugt.

      Die Verhaltenskultur der Vorderbühne kann leicht beobachtet und verändert werden. Aber gerade deshalb gibt die Vorderbühne nur wenig Auskunft über die Wertekultur der Hinterbühne. Aus Verhalten kann nur dann auf Werte geschlossen werden, wenn es freiwillig geschieht und ohne Risiko unterbleiben könnte. Oder anders: Kultur lässt sich nur dort beobachten, wo keine

Macht benutzt wird.

      Wenn ein bestimmtes Tun oder Unterlassen mit Belohnung oder Strafe korreliert, wird nicht die Wirkung von Kultur, sondern von Macht beobachtet. Auch finanzielle Anreize oder Aktivitäten zur Kulturentwicklung behindern die

Beobachtung von Kultur. Denn beides legt nahe, Werte auch dann zu zeigen, wenn sie nicht vorhanden sind. Um dazu nicht „heucheln“ sagen zu müssen, sagt man „vorleben“.

      Beispiel: Die Kantine eines Software-Unternehmens hat eine Kasse, aber keinen Kassierer. Die Mitarbeiter legen das Geld für ihr Mittagessen in die Kasse und entnehmen das Wechselgeld. Wenn jemand, ohne zu bezahlen,

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