Denkwerkzeuge der Höchstleister. Gerhard Wohland

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Denkwerkzeuge der Höchstleister - Gerhard Wohland

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Frage „Wer kann es schaffen?“

      Chaos entsteht durch Mangel an Wissen, Dynamik durch Ideen - ein wichtiger Unterschied.

      Aus Gewohnheit versuchen die meisten Unternehmen, beiden Typen von Überraschung durch Wissen zu begegnen. Weil bei Dynamikproblemen die Wirkung ausbleibt, wird immer mehr Wissen produziert. Resultat sind geschwollene, entzündete Prozesse ohne Chance, mit dynamischen Störungen fertig zu werden. Das nennen wir eine

Havarie.

      Höchstleister schützen ihre blauen Prozesse vor roter Dynamik, indem sie Talente in ihre Abläufe integrieren. Das macht sie schlank und dynamikrobust.

4 Taylorismus - Aufstieg und Fall einer genialen Idee

      Die Ursachen der charakteristischen Merkmale moderner, dynamikrobuster

Höchstleistung sind Veränderungen in der Marktumgebung von
Unternehmen. Dazu müssen wir zunächst auf ihren historischen Vorläufer, den Taylorismus, eingehen. Der aus einer Quäkerfamilie stammende amerikanische Ingenieur Frederick Winslow Taylor (1856 - 1915) gilt als Begründer der modernen Arbeitswissenschaft und als Schöpfer eines der erfolgreichsten Konzepte industrieller Fertigung, des sogenannten
Taylorismus.

      Zu Taylors Zeiten war der vorherrschende Organisationstyp für Produktionsunternehmen die Manufaktur: In ihr arbeiteten qualifizierte Handwerksmeister mit ihren Gesellen, eigenen

Methoden und Werkzeugen. Die Manufaktur war ein Organisationstyp, der durch seine hohe
Komplexität an lokal begrenzte dynamische
Märkte gut angepasst war. Wie heute erforderten diese Märkte hohe Flexibilität der konkurrierenden Unternehmen. Billige Massenproduktion für große Märkte war noch kein Thema. Der Transport über große Entfernungen war noch zu teuer.

      Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde das anders. Durch billige Transportmöglichkeiten wie Eisenbahn und Dampfschiff entstanden große, träge Märkte. Sie saugten die billigen Massengüter auf wie der Wüstenboden die Regentropfen. Für diese neuen Märkte war die Manufaktur unnötig komplex, also den damals neuen Taylor-Strukturen unterlegen. Taylor präsentierte ein Konzept, das den Horizont der üblichen technologisch basierten Strategien zur Produktivitätssteigerung sprengte. Seine Idee war, das Können der Meister in der Manufaktur durch wissenschaftlich erworbenes Wissen der Ingenieure zu ersetzen. Im Bereich der Organisation von Arbeit war das eine epochemachende Innovation. Er nannte fünf Schritte für seine Vorgehensweise:

      1 Auswahl weniger Werker, die eine Arbeit im Sinne des Unternehmens am besten tun

      2 Beobachtung und Dokumentation ihrer Arbeitsschritte

      3 Auswahl der jeweils schnellsten Schritte durch Messung mit der Stoppuhr

      4 Weglassen nutzloser Schritte

      5 Zusammensetzen des neuen Arbeitsprozesses aus den jeweils schnellsten Schritten

      Kurz: Nicht mehr der qualifizierte Werker gestaltet seine Arbeit, sondern der „Wissenschaftler“ tut das für ihn. Er erforscht die Arbeitsweise der Besten und leitet daraus einen optimalen Arbeitsablauf für alle ab. Dieses tayloristische Kernprinzip des „Best Practice“ gilt bis heute als modern und ist immer noch weit verbreitet.

      Das Verblüffende und Geniale an Taylors Idee war, dass bei trägen Massenmärkten die Produktivität steigt, wenn menschliche Fähigkeiten wie Intelligenz, Phantasie und Initiative stillgelegt werden. Wir sagen heute: Taylor reduzierte die überflüssig gewordene

Komplexität der Manufaktur auf ein Niveau, das zu den trägen Massenmärkten passte.

      Basis dieses enormen Erfolges ist nicht menschenverachtende Unterdrückung, sondern im Gegenteil ein bis heute wirksamer sozialer Konsens. Er lautet: „Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps.“ Oder anders: Wenn ein Arbeiter für acht Stunden am Tag auf seine Bürgerrechte verzichtet, entsteht für den Rest des Tages gut finanzierte „Freizeit“, in der mehr Menschenwürde realisiert werden kann als vorher. Obwohl der 8-Stunden-Tag, der höhere Lohn und die menschenwürdige Freizeit zur Idee von Taylor gehörten, mussten diese Elemente immer wieder durch harte Arbeitskämpfe realisiert werden.

      Die tayloristische Arbeitsorganisation steigerte die Produktivität innerhalb von zwei Generationen um das Hundertfache. Taylorismus war die Höchstleistung dieser Zeit.

      1991 erschien die heute berühmte Womack/Jones-Studie zur Zukunft der Automobilwirtschaft. Zum ersten Mal wurde publik, dass sich die Situation geändert hatte. „Marktdruck“, nicht nur aus Japan, wurde zum dominierenden Lebensgefühl tayloristischer Unternehmen. Die

Globalisierung fast aller wichtigen
Märkte blieb aber als Grund für die neue Situation verborgen. Märkte globalisieren sich durch Wachstum in der Fläche. Ist ein Markt schließlich global, ist seine Ausbreitung zu Ende. Es wird eng, weil sich die Marktteilnehmer nicht mehr ausweichen können. Mit der Globalisierung von bisher lokalen Märkten wird meist die Vorstellung von wachsender Weite verbunden. Internationale Logistik über große Entfernungen, Mehrsprachigkeit oder weltweit vernetzte EDV sind typische Themen. Hier ist aber ein anderer Aspekt wichtig, er kann auch im Biologielabor beobachtet werden: Wenn eine wachsende Population verschiedener Mikroben den Nährboden einer Petrischale schließlich ganz bedeckt, wird es eng. Die Lebensbedingungen verändern sich. Plötzlich sind die giftigen den schnell wachsenden Pilzen überlegen. Sie erobern neuen Lebensraum, weil es eng ist.1

      Bild 1: Dynamik durch Enge Zunächst sind die schnellwachsenden Pilze im Vorteil. Sie füllen den leeren Raum. Sobald es aber eng wird, sind die giftigen Pilze (rot) im Vorteil.

      Die Enge verändert die Lebensbedingungen der Konkurrenten. Im „globalen Käfig“ ist kreative Wendigkeit, also

Dynamik, wichtiger als Größe und minimale Kosten. Überraschung wird zur taktischen Waffe. Wer seine Wettbewerber mit einer guten
Idee (zum Beispiel einem neuen Produkt) auf dem falschen Fuß erwischt, gewinnt zu deren Lasten Marktanteile.

      Den

Marktdruck erzeugen in diesem Umfeld flexible
Unternehmen, die ihre Konkurrenten ständig mit Ideen oder anderen Überraschungen belästigen, selbst aber gegen Überraschungen robust sind. Marktdruck wird oft auch als Preis-, Termin- oder Kundendruck bezeichnet. Das verleitet zu dem Irrtum, Marktdruck sei das gemeinsame Schicksal aller. Es wird übersehen, dass Marktdruck nur von anderen Unternehmen

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