Kreta Reiseführer Michael Müller Verlag. Eberhard Fohrer

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Kreta Reiseführer Michael Müller Verlag - Eberhard Fohrer MM-Reiseführer

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in der Ecke ... Evans Idee dazu: Versuchten hier die ver­zweifelten Pries­ter in letzter Mi­nute, schon wäh­rend der großen Ka­ta­stro­phe, die Erd­gott­heit gnädig zu stim­men? Inner­halb weniger Stun­den muss alles vor­bei gewe­sen sein, der Pa­last ein Trümmer­haufen, der Thron­saal kon­ser­viert für Jahrtausende.

      Auf der anderen (rechten) Seite der Trep­pe vom Piano Nobile in den Zent­ral­hof ste­hen die Reste der Fassade des dreiteiligen Heiligtums 17. Es ist über­dacht und kann nicht betreten werden. Hinter dem Vorraum mit Bänken er­kennt man die Tür­öffnungen der sog. Pfeiler­krypten 18. Je ein massi­ver vier­ecki­ger Pfei­ler steht dort in der Mitte der beiden Räume, einge­ritzt sind klei­ne Sym­bole der hei­ligen Doppeläxte. Um die Basen der Pfeiler sind flache Gruben für das Blut von Op­fer­tieren aus­gehoben. Rechts vom Vor­raum liegt im letzten um­mau­erten Ab­schnitt die Schatzkammer 19 des Heilig­tums. In den rechteckigen Gruben hat man u. a. die be­rühm­ten „Schlan­gengöttinnen“ gefunden (Arch. Mu­seum Iráklion).

      Zentralhof: Der lang gestreckte Hof in der Mitte des Palastes diente der Belüf­tung und Beleuchtung der sich an­schlie­ßenden Gemächer. Von seiner Pflas­te­rung sind noch Spuren erhalten. Vielleicht fand hier ne­ben anderen Kult­handlungen und Fes­ten auch das berühmt-berüchtigte Stier­sprin­gen statt (→ Ge­schich­te). Einige groß­artige Fres­ken sind er­halten, die das Ge­wim­mel auf den Tribünen zeigen.

      Großes Treppenhaus: Das über­dachte Treppenhaus 20 ist der zentrale Ab­schnitt des Ostflügels von Knossós (s. u.) und das wohl großartigste Bau­werk des Palastes. Es ist nicht zu­gänglich, aber von oben kann man ein Stück weit hineinschauen. Die Trep­pen­fluchten sind breit und aus­ladend, ein geräumiger Lichtschacht führt von oben nach unten und beleuch­tet jedes Stockwerk. Die Absätze auf den ein­zelnen Stock­wer­ken sind mit einer niedrigen Balustrade vom Lichtschacht abgetrennt, auf der wieder die rekon­struier­ten, leuch­tend roten Säulen ste­hen. Eigenartiger­weise be­ste­hen die Stu­fen aus Ala­baster, einem weichen, gipsartigen Material, das sich schnell ab­tritt. Diese Tat­sache hat den deut­schen Geolo­gen Hans Georg Wun­der­lich zu sei­ner mitt­ler­wei­le widerlegten Theorie über die Funktion des Pala­stes von Knos­sós als To­ten­stadt (Nekro­pole) geführt. Die Wände seitlich der Trep­pe waren wahr­scheinlich mit Fres­ken be­malt. Weiter unten liegt die sog. Rampe der Königli­chen Wache mit Fres­ken, die ei­gen­artige Schilde in Form der Zahl Acht zeigen (die Aus­spa­rung in der Mitte diente der Ge­wichts­ver­rin­gerung, noch Homer schreibt 800 Jahre später von ihnen!). Vielleicht wa­ren hier die Wär­ter un­ter­ge­bracht, die den Zu­gang zu den kö­nigli­chen Ge­mä­chern be­wachten.

Das Megaron der Königin: luftig und lebensfroh

      Das Megaron der Königin: luftig und lebensfroh

      Ostflügel: Ursprünglich war er wohl fünf Stockwerke hoch - zwei Stock­werke rag­ten über den Zentralhof hinaus, drei weitere sind an den Rand des Hügels gebaut, der an dieser Seite steil zum Fluss­bett abfällt. Ein weit aus­ladendes, heute für Besucher ge­sperr­tes Treppenhaus (s. o.) führt hin­un­ter ins einstige Zentrum der Macht, wie Evans vermutete.

      Hinweis: Megaron der Königin und Nebenräume, Megaron des Kö­nigs und Saal der Doppeläxte sind für Besu­cher gesperrt, können aber im Vorbeigehen von außen besichtigt werden.

      Vom Südflügel aus erreicht man zunächst das sog. Megaron der Köni­gin 23, das man durch die of­fene Fenster­öffnung gut betrachten kann. Mit sei­nen Fresken, Orna­menten und leuch­tenden Farben ist es heute zweifellos der Raum mit der dich­tes­ten At­mo­sphä­re - schon al­lein we­gen des wun­der­schönen Delphinfres­kos: dun­kel­blau auf hell­blauem Grund, dazu Fische und stachlige Seeigel. Es be­sitzt eine rund­um lau­fende Bank, außer­dem mehrere Fenster und Lichthöfe an zwei Seiten. Evans emp­fand es als weiblich, deshalb das „Mega­ron der Köni­gin“. Hier sind auch noch Evans’ frühe Holzrekon­struk­tionen zu sehen - und auch, wie der Zahn der Zeit daran ge­nagt hat. Dies war der Grund, weshalb er im Weiteren ausschließ­lich mit Beton arbeitete.

      Nebenan schließt sich ein win­zi­ges, von außen nicht einsehbares Zimmer an, nach Evans das Badezimmer der Königin! Die tönerne „Bade­wanne“, die hier steht, be­sitzt jedoch keinen Ab­fluss. Wunderlich hat das zum An­lass ge­nom­men, die Wanne als Sarkophag zu deu­ten - doch die minoi­schen Sarko­pha­ge hatten Ab­fluss­lö­cher (zur besse­ren Verwesung).

      Ein schmaler Gang führt in das sog. Ankleidezim­mer der Kö­nigin 24, das ebenfalls nicht einsehbar ist. Und hier hat man etwas besonders Überraschen­des gefunden - eine Toilette mit Was­ser­spü­lung! In der Wand gibt es eine Vor­richtung für einen höl­zernen Sitz, unten ist ein Loch, das in Verbin­dung mit der Ka­na­li­sa­tion steht, ne­ben dem Sitz Platz für ein Ge­fäß zum Spülen. Die Röhren der Ka­na­li­sa­tion führ­ten zum benach­barten Fluss. Hin­ter der Toi­lette lag ein Archiv für Ton­täfelchen.

      Wenn man weitergeht, kommt man am Megaron des Königs 25 vorbei. Ein­falls­reich und charakteri­stisch für die mi­noi­sche Bauweise ist die architek­toni­sche Ge­stal­tung. In drei Wän­den des Raumes befinden sich breite Tür­öff­nun­gen. Wenn man die Holztü­ren öff­ne­te, ver­schwanden sie fast völlig in den seitlichen Ver­tie­fun­gen. Der Raum wirkte dann, als ob er nur von Säulen umge­ben wäre, und muss wunder­bar luf­tig gewesen sein. Über­haupt ist es hier im Un­ter­ge­schoss schön kühl und schat­tig - im Som­mer sicher der ange­nehmste Teil des Pala­stes. Diese sog. viel­tü­ri­gen Räu­me findet man auch in den Pa­läs­ten von Zákros, Mália, Agía Triáda und Fes­tós.

      Hin­ter dem Megaron liegt der Saal der Doppeläxte 26, so benannt nach den win­zi­gen Symbolen, die in die West­wand des Lichtschachtes geritzt sind. Viel­leicht war er eine Art Audienz­saal, denn an der Wand be­findet sich unter Glas ein Kalk­stein­ge­bil­de, auf dem der Abdruck eines ehe­ma­li­gen Thrones (oder Al­tars) er­kannt wor­den ist.

      Nörd­lich der Königssuiten befanden sich die ehemaligen Werkstätten. In der Stein­metz­werkstatt 27 hat man Basalt vom Peloponnes gefunden, der für die Her­stel­lung von Siegelsteinen ver­wen­det wurde. Nebenan lagen Töpferschei­ben 28. An ver­schie­de­nen Stellen kann man im Boden Reste der Ka­na­li­sa­tion er­ken­nen, die noch vom ers­ten Pa­last­bau stammen. Das benötigte Was­ser wur­de vom Berg Joúchtas aus in den Palast geleitet. Geradeaus liegen Ma­ga­zi­ne, in denen Ton­pithoi mit vielen Grif­fen stehen 29. Nach rechts führt eine Trep­pe hinunter zur Ostbastion, von wo aus man zum di­rekt dar­unter lie­genden Fluss­ufer gelan­gen konnte (das Tor ist ver­sperrt).

      An der Treppe findet sich eins der be­mer­kens­wertesten Beispiele minoi­scher Ka­na­lisationskunst 30. An der rechten Sei­te der Stufen führt ein enger Kanal hin­un­ter. Die minoischen Inge­ni­eure ha­ben ihn mit sinnreichen Bie­gun­gen (Pa­rabel­kurven) und Sink­becken für mit­ge­rissenes Erdreich so konstruiert, dass das Wasser nur halb so schnell strömt, als wenn es in gerader Linie her­un­ter­fließen würde. Außer­dem kommt es un­ten so sauber

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