ACT leicht gemacht. Russ Harris
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу ACT leicht gemacht - Russ Harris страница 19
Bei jedem beliebigen Klienten ist es nützlich, wenn wir uns fragen: Sehe ich diese Person als einen Regenbogen oder als ein Hemmnis? Ein Regenbogen ist eine einmalige und schöne Erscheinung der Natur. Wir sehen ihn nicht als Problem oder als ein Hindernis. Eher sind wir dankbar und berührt davon, in seiner Gegenwart sein zu dürfen. Können wir eine ähnliche innere Haltung unseren Klientinnen entgegenbringen? Können wir ihre Einzigartigkeit und das Geschenk, dass wir auf einer so tiefen Ebene mit unseren Mitmenschen arbeiten können, wahrhaft schätzen?
Wenn Klienten wirklich feststecken – das heißt, extrem verschmolzen sind und in hohem Maß Realität vermeiden –, wird Therapie häufig extrem schwierig oder ist zum Stillstand gekommen. Es ist nicht überraschend, dass dies für Therapeutinnen eine Herausforderung ist. Wenn wir mit Klienten arbeiten, die so blockiert sind, und wenn wir keine Fortschritte machen, beginnt unser Verstand gewöhnlich schnell zu bewerten. Und wenn uns solche Wertungen im Griff haben, fangen wir an, unsere Klientinnen als Hemmnis zu sehen: dass sie uns behindern und davon abhalten, unsere Arbeit zu machen, und zu einem Ärgernis werden.
Eine mitfühlende und respektvolle Beziehung mit unseren Klienten ist eine wesentliche Bedingung, um ACT gut zu machen. Ohne sie werden viele unserer Interventionen fast garantiert wirkungslos bleiben, eine negative Rückwirkung haben oder entwerten. Die therapeutische Beziehung zu entwickeln und aufrechtzuerhalten, ist ein großes Thema, deshalb werden wir es in Kapitel 30 ausführlicher behandeln. In diesem Zusammenhang hier muss ich noch eins unterstreichen: Die ACT vertritt die Haltung radikaler Gleichheit von Klientinnen und Therapeuten, Klienten und Therapeutinnen – die Idee, dass wir alle »im selben Boot« sitzen. So wie unsere Klientinnen verwickeln wir Therapeuten uns leicht in die Aktivität unseres Verstandes, verlieren den Kontakt mit der Gegenwart und geraten in sinnlose Kämpfe mit unseren Gedanken und Gefühlen. So wie unsere Klienten verlieren wir Therapeutinnen immer wieder die Verbindung mit unseren zentralen Werten und handeln auf selbstschädigende Weise. Und so wie unsere Klienten kämpfen wir mit vielen Aspekten eines vollen menschlichen Lebens: Enttäuschung, Ablehnung, Versagen, Verrat, Verlust, Einsamkeit, Konflikt, Krankheit, Verletzung, Kummer, Groll, Angst, Unsicherheit und Tod. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Klientinnen und Therapeuten Reisegefährten auf derselben inspirierenden und schmerzhaften menschlichen Reise sind, können wir also eine Menge voneinander lernen.
Diese Haltung wird in der Metapher von den beiden Bergen (Hayes, Strosahl und Wilson, 2014) sehr treffend beschrieben. Viele Therapeutinnen sprechen dies in der ersten Sitzung an.
Metapher von den beiden Bergen
Therapeut: Wissen Sie, viele Menschen kommen zur Therapie mit der Vorstellung, Therapeuten wären eine Art erleuchtetes Wesen, das alle seine Themen schon gelöst hat und bereits am Ende seines Entwicklungsweges angekommen ist. Weit gefehlt. Es ist eher so, als ob Sie Ihren Berg besteigen und ich meinen Berg. Und von meinem Berg aus kann ich Dinge bei Ihrem Berg sehen, die Sie nicht sehen können – zum Beispiel eine Lawine, einen anderen Weg, den Sie auch nehmen könnten, oder dass Sie Ihren Eispickel nicht effektiv einsetzen.
Ich möchte aber nicht, dass Sie denken, ich hätte die Spitze meines Berges bereits erreicht und würde dort jetzt ganz entspannt sitzen. Tatsache ist, dass auch ich noch klettere und noch Fehler mache, aus denen ich lerne. Im Grunde geht es uns allen gleich. Wir besteigen unseren Berg, bis wir sterben. Wir können beim Klettern jedoch immer besser werden und mehr und mehr lernen, die Tour zu genießen. Darum geht es bei der Arbeit, die wir hier machen.
Informierte Zustimmung in ACT
An einem gewissen Punkt müssen wir in der ersten Sitzung die informierte Zustimmung des Klienten bekommen, ACT anzuwenden. Mir persönlich ist es am liebsten, dies noch in der ersten Hälfte der Sitzung zu tun. Wir könnten etwa Folgendes sagen: »Es gibt noch viel mehr, was ich darüber wissen möchte, wie es Ihnen geht, womit Sie Probleme haben und so weiter. Wir werden gleich darauf zurückkommen. Aber können wir einfach ein paar Minuten über die Art der Therapie sprechen, die ich praktiziere – worin sie besteht, wie lange sie dauert –, und uns vergewissern, dass sie für Sie der richtige Ansatz ist. Ist das okay?«
Erklären, was ACT ist und was dazugehört
Als das Allermindeste empfehle ich die folgenden Punkte, wenn Sie Zustimmung einholen, ACT anzuwenden. (Und bitte denken Sie daran, die Sprache so zu modifizieren, dass sie zu Ihrer Redeweise und Ihrer Klientel passt):
• ACT ist eine sehr aktive Form der Therapie, bzw. des Coachings. Sie besteht nicht nur aus Reden über Ihre Probleme und Gefühle.
• Es geht darum, dass wir als ein Team zusammenarbeiten, um Ihnen zu helfen, die Art Leben zu gestalten, das Sie führen möchten.
• Diese Arbeit besteht zum großen Teil darin, Fähigkeiten zu erwerben, sich aus dem Griff schwieriger Gedanken und Gefühle befreien zu können, zu lernen, wie Sie ihre Wirkung verringern und ihnen die Macht nehmen können, damit sie Sie nicht zum Narren halten oder heruntermachen können.
• Dazu gehört auch, dass Sie Ihre Werte klären: dass Sie herausfinden, was Ihnen wichtig ist, wofür Sie im Leben einstehen wollen, welche Stärken und Qualitäten Sie entwickeln und wie Sie sich selbst und andere behandeln wollen. Und dass Sie handeln, um Ihre Probleme zu lösen, dass Sie sich Ihren Herausforderungen stellen und Dinge tun, die Ihr Leben verbessern.
• Ich möchte, dass Sie einen Handlungsplan haben, wenn Sie nach einer Sitzung nach Hause gehen: etwas Praktisches, das Sie mitnehmen und benutzen, um Ihr Leben aktiv zu verändern.
• Ich werde Sie manchmal auffordern, neue Dinge auszuprobieren, die Sie aus Ihrer Komfortzone ziehen können, wie zum Beispiel neue Fertigkeiten zu erlernen, um mit schwierigen Gedanken und Gefühlen umzugehen, aber Sie müssen nie tun, was ich Ihnen sage. Sie haben immer die Freiheit, zu allem, was ich vorschlage, Nein zu sagen.
Wenn Sie diese Punkte behandelt haben, können die folgenden zwei Metaphern sehr gelegen kommen.
Die Metapher der Pause-Taste
Die Pause-Taste-Metapher ist nicht essenziell, aber aus Gründen, die ich gleich erklären werde, empfehle ich sie sehr. Es wäre ideal, wenn Sie sie unmittelbar nach der informierten Zustimmung einführen. Sie geht so:
Therapeutin: Erlauben Sie mir, dass ich ab und zu die Pause-Taste drücke, wenn ich sehe, dass Sie etwas tun, das so aussieht, als könnte es hilfreich oder nützlich dabei sein, wie Sie mit Ihren Problemen umgehen und so Ihr Leben verbessern. Damit verlangsame ich die Sitzung und kann Ihnen helfen, wirklich darauf zu achten, was Sie tun.
Zum Beispiel könnte ich Sie auffordern anzuhalten oder langsamer zu werden, ein paarmal tief durchzuatmen und wahrzunehmen, was Sie denken oder fühlen oder sagen oder tun. So können Sie deutlicher sehen, was Sie tun, und wir können anschauen, wie Sie es außerhalb dieses Raums nutzen können. Ist das okay?
Und kann ich auch die »Pause-Taste« drücken, wenn ich sehe, dass Sie etwas tun, das so aussieht, als könnte es zu Ihren Problemen beitragen oder sie verschlimmern, damit wir es ansprechen können?
Und natürlich gilt dies für beide Richtungen – Sie können auch jederzeit bei mir die »Pause-Taste« drücken.
Mit dieser wechselseitigen Zustimmung, die »Pause-Taste« zu drücken, haben Sie nun eine wirklich sehr einfache Achtsamkeits-Intervention,