Work-Life-Balance. Uta Kirschten

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Work-Life-Balance - Uta Kirschten

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ArbeitsbereichePrivate nicht erwerbstätigkeitsorientierte Arbeitsbereiche umfassen alle Tätigkeiten, die zur Aufrechterhaltung des eigenen Haushalts notwendig sind (wie z.B. Einkaufen, Saubermachen, Reparaturen etc.) sowie weitere soziale, kulturelle oder individuell motivierte Arbeitsbereiche, die eine Person freiwillig übernimmt und als sinnstiftend erlebt (z.B. Übernahme von ehrenamtlichen Tätigkeiten in Vereinen oder sozialen Institutionen, eigene Bildungsaktivitäten, kulturelle Aktivitäten oder Engagement in der Region). Dabei muss die Lebenswelt einer konkreten Person nicht alle Teilsysteme umfassen und auch die Ausprägung und Bedeutung der einzelnen Teilsysteme ist individuell unterschiedlich. So ist für einen 25-Jährigen Single, der keine eigene Familie hat, sein Arbeits-, Privat- und Freizeitleben wahrscheinlich besonders wichtig. Demgegenüber konzentriert sich eine erwerbstätige Mutter neben ihrer Berufstätigkeit vermutlich stärker auf ihr Familien- und Freizeitleben.

      In einem engen Sinn und auch in der Interpretation des Begriffs „Life“Begriff \„Life\“ im Konzept der „Work-Life-Balance“ wird die LebensweltLebenswelt als Gegenstück zur Arbeitswelt verstanden (vgl. Michalk/Nieder 2007, S. 20) und beschränkt sich auf alle Tätigkeiten, Erfahrungen und alles Erleben in der erwerbsarbeitsfreien Zeit. Diese Gegenüberstellung von Arbeit und Leben resultiert aus dem Ziel der Work-Life-BalanceWork-Life-BalanceZiel, einen individuell zufrieden stellenden Ausgleich zwischen diesen beiden übergeordneten Lebensbereichen zu erreichen, der zunächst diese Gegenüberstellung notwendig macht. Kritikwürdig daran ist, dass damit (vereinfachend) die Arbeit aus dem Leben ausgeschlossen wird und eine strikte Trennung zwischen der Arbeit und dem (Privat-)Leben angenommen wird (vgl. Frone 2003, S. 144; Resch/Bamberg 2005, S. 171; Ulich/Wülser 2005, S. 126).

      Diese vereinfachte Gegenüberstellung wird der komplexen Realität jedoch nicht gerecht. Tatsächlich bilden das Arbeitsleben und das Privatleben Teilsysteme unserer menschlichen Lebenswelt, die sich wiederum in verschiedene Subsysteme unterteilen lassen, mit jeweils vielfältigen Ausprägungen und Interdependenzen, die aufeinander wirken und sich gegenseitig positiv und negativ beeinflussen können (vgl. Abbildung 1).

      Diese differenziertere Unterscheidung der Lebenswelt des Menschen in verschiedene Teilsysteme spiegelt die Vielfältigkeit der menschlichen Lebenswelt sowie die unterschiedlichen Interdependenzen, die zwischen den beiden übergeordneten Lebenswelten Arbeitswelt und Privatleben und den verschiedenen Subsystemen bestehen.

      Abbildung 1:

      Individuelle Lebensweltenindividuelle Lebenswelten des Menschen mit Teilsystemen. Eigene Darstellung.

      Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich die individuellen Lebensbereiche in unserer heutigen Welt und Lebensweise häufig nicht mehr klar abgrenzen lassen. Beobachtbar ist eine steigende Entgrenzung zwischen dem Berufs- und PrivatlebenEntgrenzung zwischen dem Berufs- und Privatleben. So ermöglichen die modernen digitalen Informations- und Kommunikationstechnikendigitale Informations- und Kommunikationstechniken in Verbindung mit dem Internet eine ständige Erreichbarkeit und Kommunikation, was immer häufiger dazu führt, dass Arbeitnehmende rund um die Uhr und ortsunabhängig über Laptop, Tablet, Smartphone in Arbeitsbereitschaft stehen und beruflich ansprechbar bleiben, um kurzfristig wichtige berufliche Fragen klären oder Aufgaben bearbeiten zu können. So bleibt das „Arbeits-Smartphone“ oft auch am Abend und am Wochenende eingeschaltet, um für Kollegen und wichtige Fragen erreichbar zu sein oder auch außerhalb der normalen Arbeitszeiten noch berufliche E-Mails abzurufen und zu bearbeiten oder mit Kollegen berufliche Aufgaben zu besprechen. Durch diese ständige Erreichbarkeitständige Erreichbarkeit und berufliche Ansprechbarkeit, die häufig auch noch spät abends und am Wochenende aufrechterhalten wird, greift das Arbeitsleben immer stärker in die anderen Lebensbereiche ein, was einen Ausgleich der verschiedenen Lebensbereiche zusätzlich erschwert. Andererseits werden während der Arbeitszeit zunehmend auch kurzfristig wichtige private Angelegenheiten (z.B. Telefonanrufe, Behördengänge) erledigt. So werden die Grenzen zwischen den einzelnen Lebensbereichen zunehmend durchlässiger und lösen sich teilweise sogar auf. Hierfür hat sich mittlerweile der Begriff der EntgrenzungEntgrenzung zwischen Arbeitsleben und Privatleben etabliert.

      Darüber hinaus entwickeln und verändern sich die individuellen Lebenswelten im persönlichen Zeitverlauf. Angefangen von der Sozialisierung eines Kindes in seinem familiären und sozialen Umfeld über die Schul- und Berufsausbildung, den Einstieg in das Berufsleben und Karrierefortschritte, die Entwicklung sozialer Bindungen durch Partnerschaften oder Heirat, die Gründung einer eigenen Familie, den Wiedereinstieg in den Beruf nach möglichen Erziehungszeiten, einer späteren Karriereorientierung in fortgeschrittenem Alter (z.B. ab 50 Jahren) bis hin zur Planung und Umsetzung des altersbedingten Berufsausstieges zum Renteneintrittsalter und das Privatleben im Ruhestand. Dabei sind auch die individuellen sozialen und kulturellen Besonderheiten und Vorlieben des Berufs- und Privatlebens zu berücksichtigen. In den verschiedenen LebensphasenLebensphasen verändern sich meist auch die Bedeutungen der verschiedenen Lebensbereiche. Daher bedarf es beim Konzept der Work-Life-Balance auch einer Berücksichtigung der verschiedenen Lebensphasen der Personen.

      1.2.2 Work – Arbeit

      Grundsätzlich kann „WorkWork“ übersetzt als Arbeit als zweckmäßige und zielgerichtete menschliche Tätigkeit verstanden werden, die der Existenzsicherung und der Befriedigung individueller Bedürfnisse dient. Im Kontext des Begriffs „Work-Life-Balance“ beschränkt sich das Begriffsverständnis von „Work“ nur auf die Erwerbsarbeit, die sich auf körperliche und geistige Tätigkeiten des Menschen gegen Entgelt bezieht (vgl. Rürup 1994, S. 35 f.). Dies begründet sich in der Gegenüberstellung von Arbeit und Privatleben, für die ein individuell zufrieden stellender Ausgleich gefunden werden soll.

      Andere notwendige (z.B. Hausarbeit, Kinderbetreuung und -erziehung, Pflege betreuungsbedürftiger Familienangehöriger) oder individuell wünschenswerte Arbeitsbereiche (z.B. Bildungsarbeit, soziale und ehrenamtliche Arbeiten, Arbeiten in der Freizeit) bleiben in diesem engen Begriffsverständnis weitgehend unberücksichtigt (vgl. Eby et al. 2005, S. 126). Dies ist insofern kritikwürdig, als diese nicht erwerbsorientierten Arbeitsbereiche häufig mit verantwortlich sind für einen mangelnden Ausgleich zwischen Arbeit und Privatleben sowie auch für intra- sowie interpersonelle Rollenkonflikte in den verschiedenen Lebensbereichen (vgl. Michalk/Nieder 2007, S. 19). Der Umfang nicht erwerbsorientierter Arbeiten bestimmt sich durch die individuelle Ausprägung der verschiedenen Lebensbereiche einer Person. So müssen erwerbstätige Eltern zwingend auch die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder sowie umfangreichere Arbeiten im Haushalt übernehmen. Personen mit pflegebedürftigen Angehörigen müssen sich um die Betreuung und Pflege dieser Familienmitglieder kümmern oder die Betreuung und Pflege durch andere Personen oder Organisationen organisieren. Neben diesen zwangsläufig mit bestimmten Lebensbereichen verbundenen Aufgaben und Arbeiten können Personen auch freiwillig nicht erwerbsorientierte Arbeiten im Privat- oder Freizeitleben übernehmen, wie z.B. soziale oder ehrenamtliche Aufgaben, die als sinnstiftend erlebt werden. Die Vielfalt der Arbeitsbereiche und Arbeitsbelastungen in den verschiedenen Lebensbereichen wird durch den Begriff „Work“ kaum deutlich und bleibt im Konzept der „Work-Life-Balance“ weitgehend unberücksichtigt. Hier wäre es wichtig, die nichterwerbsorientierten Arbeitsbereiche zumindest als Arbeitsbelastungen in den anderen Lebensbereichen mit aufzunehmen.

      Die enge Begriffsfassung von Arbeit als Erwerbsarbeit ist zurückzuführen auf die zentrale Bedeutung, die der Erwerbsarbeit in unserer Gesellschaft zukommt und die sich nicht nur in der Sicherung der eigenen Existenz begründet, sondern darauf aufbauend und auch darüber hinaus für viele Menschen einen zentralen Wertmaßstab darstellt. So können sich die meisten Menschen ein Leben ohne Erwerbsarbeit nicht vorstellen. Allerdings führen die veränderten Ansprüche an die Erwerbstätigkeit sowie die steigende Freizeitorientierung teilweise zu dem Wunsch nach verringerten Wochenarbeitszeiten (vgl. BAuA 2020, S. 38 f.). Zusätzlich wünschen sich viele Menschen eine sinnstiftende Erwerbstätigkeit, mit der sie sich identifizieren können und die ihnen inhaltliche Gestaltungs-

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