Peru. Michael Hahn
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Auf Karl III. folgte Karl IV. (Carlos IV.), der von 1788 bis 1808 herrschte, das Werk seines Vaters jedoch nur unvollkommen weiterverfolgte. Nach seiner Inthronisation sah sich Karl IV. mit dem Ausbruch der Französischen Revolution (1789) konfrontiert, die zur Hinrichtung des französischen Königs Ludwig XVI. führte. Die Enthauptung seines bourbonischen Verwandten beeinträchtige zwar das traditionell enge Verhältnis zwischen den beiden Nachbarländern, Hauptfeind Spaniens blieb aber auch weiterhin England. Seit 1796 bekriegten die beiden rivalisierenden Seemächte einander fast ständig. Die dreijährige Blockade des spanischen Haupthafens Cádiz unterbrach die Versorgungslinie zwischen Spanien und seinen überseeischen Gebieten, noch bevor die vernichtende Niederlage des spanisch-französischen Flottenverbandes in der Schlacht von Trafalgar (21. Oktober 1805) den Engländern endgültig die Vorherrschaft zur See verschaffte. Spanien verlor einen Großteil seiner Flotte und büßte damit weitgehend seine Fähigkeit ein, Truppen aus dem Mutterland über den Atlantik zu verschiffen.
Die bourbonische Reformpolitik, welche die überseeischen Provinzen deutlicher denn je als abhängige Kolonien behandelte, stieß bei den Betroffenen auf entschiedene Ablehnung. Indianer und Angehörige der Unterschichten rebellierten gegen die erhöhte finanzielle Belastung, die das verschärfte Steuerregime und die Einführung neuer Staatsmonopole nach sich zog. Unter den einheimischen Eliten trug der Abbau angestammter Privilegien zusammen mit der Bevorzugung von Europaspaniern bei der Ämtervergabe zur Entfremdung vom Mutterland bei. Ebenfalls Anlass zur Unzufriedenheit gab das merkantilistische Außenhandelssystem: Die Lockerungen bestehender Handelsbeschränkungen gingen den einen nicht weit genug, für die Profiteure des alten Handelssystems gefährdeten die Neuregelungen die wirtschaftliche Existenz.
Als 1808 napoleonische Truppen in Spanien einmarschierten und weite Teile der iberischen Halbinsel besetzten, eröffnete sich für die überseeischen Gebiete die Möglichkeit, ihre Beziehungen zum Mutterland neu auszuhandeln. Auf Forderungen nach mehr Rechten folgte bald der Ruf nach einer vollständigen Lösung von der spanischen Monarchie – wenn nötig auch mit Waffengewalt. Bei den frühen militärischen Konflikten bekämpften spanientreue Truppen – Royalisten oder Loyalisten genannt – Aufständische, die sich selbst als Patrioten bezeichneten. Anfänglich nahmen beide Seiten für sich in Anspruch, für den spanischen König Ferdinand VII. zu kämpfen, der in Frankreich unter Hausarrest stand. Bald jedoch stellte sich heraus, dass der Hauptantrieb für viele Kämpfer kein übergeordnetes »höheres« Ziel war, sondern dass sie ihre eigenen Partikularinteressen verfolgten. Dazu gehörten das Streben nach lokaler oder regionaler Dominanz gleichermaßen wie das Beutemachen, Rachefeldzüge oder die Verbesserung der eigenen sozioökonomischen Position. Seitenwechsel aus Opportunitätsgründen, wechselnde Gefolgschaft, hohe Desertationsraten und häufige Amnestien waren die Folge.
Während mehrere Regionen Spanisch-Amerikas aus eigener Kraft die Unabhängigkeit erkämpften, blieb Peru lange Zeit fest in spanischer Hand. Als letztes Bollwerk Spaniens erreichten Peru und Hochperu (Bolivien) die Unabhängigkeit nicht ohne auswärtige Hilfe. Heere aus den befreiten südamerikanischen Gebieten übernahmen diese Aufgabe.
Die Geschehnisse in Europa
Im März 1808 zwangen die Anhänger des spanischen Kronprinzen Ferdinand (Fernando) dessen Vater – König Karl IV. – zur Abdankung. Der Streit innerhalb der königlichen Familie lieferte Napoleon Bonaparte, dem Kaiser der Franzosen, den willkommenen Vorwand zum Eingreifen: Die Bourbonen mussten abdanken, und Ferdinand) wurde zusammen mit seiner Familie in Frankreich faktisch unter Hausarrest gestellt. Am 6. Juni ernannte Napoleon seinen älteren Bruder Joseph zum neuen spanischen König, womit er Spanien zum Satelliten des französischen Imperiums degradierte.
Gegen die französische Machtübernahme formierte sich in Spanien breiter Widerstand, der in einen erbitterten Kleinkrieg mündete. In den einzelnen Landesteilen organisierten regionale Juntas (Regierungsausschüsse, Komitees) den Widerstand gegen die französischen Besatzungstruppen. Im September 1808 schlossen sich die zahlreichen autonomen Juntas zu einem Zentralkomitee (Junta Suprema Central) zusammen, das im Namen Ferdinands VII. die Regierung und das militärische Oberkommando übernahm. Von der Isla de León vor Cádiz aus organisierte die Zentraljunta den Widerstand. Dank des Flottenschutzes durch die verbündeten Engländer blieb Cádiz für die französischen Truppen uneinnehmbar. Zu Beginn des Jahres 1810 trat die Zentraljunta die provisorische Regierungsgewalt an eine Nachfolgeinstitution – den Regentschaftsrat – ab. Im Einklang mit der spanischen Rechtstradition sollte eine auf den September angesetzte Ständeversammlung (Cortes) eine politische Neuordnung ausarbeiten. Die amerikanischen Gebiete wurden eingeladen, eigene Abgeordnete für die Ständeversammlung zu wählen und diese nach Cádiz zu entsenden. Allerdings blieben die überseeischen Territorien mit ihren 15 bis 17 Millionen Einwohnern gegenüber den rund 10,5 Millionen Einwohnern Spaniens deutlich unterrepräsentiert.
Das deklarierte Ziel der Ständeversammlung war die Ausarbeitung einer Verfassung. Nach eineinhalb Jahren war das Werk vollbracht. Am 19. März 1812 unterzeichneten 183 Deputierte, davon 47 aus Amerika, die Constitución Política de la Monarquía Española. An der Ausarbeitung der Konstitution war der peruanische Jurist Vicente Morales Duárez (1757–1812) beteiligt. Kurz nach der Unterzeichnung der Verfassung wurde er zum Präsidenten der Cortes gewählt. Der Verfassungstext traf am 20. September in Lima ein.
Das liberale Tauwetter in Spanien war nur von kurzer Dauer. Napoleons Niederlage in Russland besiegelte das Ende der französischen Besetzung. Im März 1814 kehrte König Ferdinand aus seinem Exil nach Spanien zurück, um schon im Mai die neue Verfassung und die damit verbundene Ordnung wieder aufzuheben. Der Monarch ließ die Cortes auflösen und die liberalen Führer, die in seinem Namen den Widerstand gegen Frankreich mitorganisiert hatten, verfolgen und inhaftieren. Mit der Wiedererrichtung des absolutistischen Regimes lebte auch die Inquisition wieder auf, während liberale Rechte wie die Meinungs- und Pressefreiheit zurückgenommen wurden.
Um die abgefallenen Gebiete in den Kolonien wieder fest in sein Reich einzubinden und die separatistischen Unruheherde ein für alle Mal zu ersticken, sandte Ferdinand das stärkste militärische Truppenkontingent seit Beginn der überseeischen Eroberungen über den Atlantik. Zwischen 1811 und 1818 überquerten über 40 000 spanische Soldaten und Offiziere das Meer. Nur wenige überlebten und kehrten in ihre Heimat zurück. Viele, vielleicht sogar die meisten, starben nicht bei Kampfeinsätzen, sondern aufgrund von Krankheiten wie Ruhr, Pocken, Skorbut und verschiedenen tropischen »Fiebern«, insbesondere Gelbfieber.
Während sechs Jahren regierte Ferdinand persönlich in »absoluter« Form, eisern am dynastischen Prinzip und am Gottesgnadentum des Absolutismus festhaltend. Mit der absolutistischen Restauration zerschlugen sich die letzten Hoffnungen, den Abfall der überseeischen Territorien mittels Reformen auf friedlichem Wege aufzuhalten. Am 1. Januar 1820 meuterten in Cádiz Teile eines spanischen Expeditionskorps, das für einen Militäreinsatz in Südamerika aufgeboten worden war. Unter dem Druck der Ereignisse sah sich Ferdinand gezwungen, die Verfassung von Cádiz wieder in Kraft treten zu lassen. Widerwillig musste er eine aus Liberalen bestehende provisorische Junta einsetzen, Neuwahlen zu den Cortes anordnen und die Kämpfe gegen die Unabhängigkeitsbewegungen vorübergehend einstellen. Bereits im Frühjahr 1823 machte er diese liberalen Schritte wieder rückgängig, indem er verkündete, dass man ihn seit März 1820 zur Bestätigung von Gesetzen und zur Ausfertigung von Erlassen gezwungen habe. Folglich seien alle Akte der sogenannten konstitutionellen Regierung