Peru. Michael Hahn

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Peru - Michael Hahn

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      Die napoleonischen Kriege banden die militärischen Kräfte der Großmächte Spanien, Frankreich und England, sodass die spanischen Überseegebiete vorübergehend sich selbst überlassen blieben. Für die einheimische Oberschicht weitete sich der politische Spielraum stark aus, emanzipatorische und separatistische Bestrebungen erhielten starken Auftrieb. In Anlehnung an die Junta-Bewegung im Mutterland bildeten Angehörige der lokalen Elite in den Regionalzentren La Plata (auch: Chuquisaca), La Paz und Quito Regierungsausschüsse (Juntas de Gobierno), die vorgaben, die Regierungsgewalt im Namen Ferdinands VII. auszuüben. Tatsächlich ging es diesen Juntas in erster Linie um die regionale Unabhängigkeit von den vizeköniglichen Hauptstädten Lima, Buenos Aires und Bogotá.

      Die ersten Juntas hatten nur kurzen Bestand. In Hochperu marschierten royalistische Truppen aus den Vizekönigreichen Peru und Río-de-La-Plata ein, welche die Junta-Bewegung im Oktober 1809 in einer kombinierten Aktion gewaltsam zerschlugen. Am 13. Juli 1810 verkündete der peruanische Vizekönig Abascal den erneuten Anschluss der hochperuanischen Provinzen an das Vizekönigreich Peru. Im Falle der Stadt Quito brach die Junta infolge interner Streitigkeiten auseinander, noch bevor die von den Vizekönigen in Peru und Neu-Granada entsandten Streitkräfte in der Stadt eintrafen. Trotz dieser Rückschläge bildeten sich andernorts neue Juntas, die für mehr Autonomie und nun sogar für die Unabhängigkeit von Spanien kämpften. Im Mai 1810 verweigerte die kreolische Oberschicht von Buenos Aires dem Regentschaftsrat im spanischen Cádiz die Gefolgschaft. Der Vizekönig wurde mitsamt der vizeköniglichen Gerichts- und Verwaltungsbehörde (Audienz) auf die Kanaren verfrachtet und durch eine Regierungsjunta ersetzt. Damit vollzog sich am Río de la Plata bereits 1810 die Loslösung vom Mutterland. Bis Ende des Jahres fielen große Teile Hochperus (Boliviens) unter die Kontrolle der Regierung von Buenos Aires (Bonaerenser Junta). Nach der Niederlage gegen königstreue peruanische Truppen bei Guaqui (auch: Huaqui; am südlichen Ende des Titicacasees, nahe der Grenze zum Vizekönigreich Peru) mussten sich die bonaerensischen »Patrioten« im Juni 1811 fluchtartig aus Hochperu zurückziehen. Zwei weitere Militärexpeditionen zur Eroberung der hochperuanischen Gebiete scheiterten. Obschon lokale Freischärler dort einige ländliche Zonen kontrollierten, blieb Hochperu nominell unter der Herrschaft des Vizekönigs in Lima.

      Am 19. April 1810 verkündete in Caracas eine Junta, der sich der spätere Nationalheld Simón Bolívar angeschlossen hatte, die Selbstverwaltung Venezuelas. Nach jahrelangen Kämpfen und wechselndem Kriegsglück musste Bolívar ins Exil nach Jamaika flüchten. In der Zwischenzeit eroberten royalistische Truppen auch Chile zurück, wo seit September 1810 verschiedene Regierungsjuntas das Sagen hatten. Ein Teil der in der Entscheidungsschlacht von Rancagua (1./2. Oktober 1814) geschlagenen »patriotischen« Armee floh über die Anden ins argentinische Mendoza. Abgesehen von der Río-de-la-Plata-Region hatte die spanische Monarchie damit die Herrschaft über sämtliche Gebiete zwischen dem Río Grande im nördlichsten Mexiko und Feuerland wieder zurückgewonnen.

      Lima – Bollwerk der Loyalisten

      Dank der frühen Allianz zwischen staatlicher Gewalt und privaten Machtgruppen blieb die Hauptstadt des Vizekönigreichs Peru fest in königstreuer Hand. Von der revolutionären Begeisterung, die 1809 La Plata, La Paz und Quito erfasst hatte, ließen sich in Lima nur eine Handvoll Männer um das Brüderpaar Silva anstecken. Ihre Umsturzpläne flogen aber auf und die Verschwörer wurden vor Gericht gestellt und anschließend in die Verbannung geschickt. Ungeachtet aller Klagen über die Bourbonischen Reformen genoss der monarchische Absolutismus unter den konservativen Eliten Limas lange Zeit einen starken Rückhalt. Dieser machtvolle Kreis aus aristokratischen Großgrundbesitzern, in der Kaufmannsgilde (Consulado) versammelten Monopolisten, Wirtschaftsprotektionisten und Manufakturbetreibern gehörte zu den Nutznießern des herrschenden Systems, der sich bis zum bitteren Ende gegen die Loslösung von Spanien stemmte. Der Große Aufstand von 1779 bis 1782 und zahllose lokale Rebellionen hatten ihnen die Gefahren eines Kasten- und Klassenkriegs vor Augen geführt und Forderungen nach mehr Autonomie oder gar Unabhängigkeit gedämpft. Außer den konservativen Eliten hatten natürlich auch die königlichen Spitzenbeamten und der hohe Klerus ein vitales Interesse an der Erhaltung des Status quo. Gemeinhin profitierte die Hauptstadt von ehrgeizigen Entwicklungs- und Modernisierungsprogrammen, welche die letzten Vizekönige in Angriff genommen hatten. Besonders aktiv und gewandt erwies sich Vizekönig Abascal, der im kritischen Jahrzehnt von 1806 bis 1816 die Regierung führte. Mit verschiedenen Maßnahmen steigerte Abascal die militärische Schlagkraft der königstreuen Truppen. Unter Einbezug der Kader und Truppen aus dem Mutterland gelang ihm die Formierung eines regulären Heeres, das bald gegen die Autonomiebewegungen eingesetzt werden sollte.

      Die allgemeine Aufrüstung, die Militäreinsätze gegen die Junta-Hochburgen sowie die finanzielle Unterstützung des besetzten Mutterlandes verursachten hohe Kosten. Zur Überbrückung finanzieller Engpässe mussten die Vizekönige auf die Hilfe von Privatpersonen und Körperschaften zurückgreifen. Dabei erwiesen sich die vermögenden Großhändler der Kaufmannsgilde (Consulado) als besonders dienlich. Ab 1810 ließ sich die Kaufmannsgilde in eine Spirale von Darlehen und Abgaben hineinziehen, mit deren Hilfe die separatistischen Bewegungen bekämpft wurden. Damit rückte die Korporation zur wichtigsten Kapitalgeberin und Verbündeten des Vizekönigs Abascal in dessen Kampf gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen auf. Als gewiefter Politiker nutzte Abascal eigenmächtig den Freiraum, den das weitgehend paralysierte Mutterland ihm bot. Nach eigenem Ermessen setzte er Reformdekrete um. Er verhinderte oder behinderte die Implementierung von Maßnahmen, die er für den Fortbestand des Vizekönigreichs als gefährlich erachtete. So ließ er fünf Monate nach der Verkündung der Pressefreiheit in Cádiz (10. November 1810) diese formell zu, ging aber dennoch energisch gegen missliebige Publikationen und deren Herausgeber vor. Ohne Erfolg bekämpfte er dagegen die Abschaffung des im März 1811 verordneten Indianertributs, eine Steuerabgabe, die ausschließlich die Indianer bezahlen mussten. Er konnte nicht verhindern, dass dem Schatzamt bis zur Wiedereinführung des Indianertributs im Jahr 1815 etwa ein Drittel der gesamten jährlichen Steuereinnahmen entgingen.

      Wenn dem Vizekönig gewisse liberale Reformen auch zu weit gingen, so ließ er dennoch Wahlen durchführen. Nach dem ersten Wahlaufruf der Zentraljunta in Spanien trat 1809 Limas Stadtrat (Cabildo) zusammen und bestimmte José de Silva y Olave zum Abgeordneten für die Cortes. Der angesehene Rektor der Universität von San Marcos erhielt unter anderem die Weisung, in Cádiz für die Einführung eines uneingeschränkten Freihandels zu plädieren und Chancengleichheit zwischen Kreolen und Europaspaniern bei der Ämterbesetzung zu verlangen. Nachdem Abascal und die vizeköniglichen Funktionäre den Schwur auf die neue Verfassung im Oktober 1812 geleistet hatten, organisierten sie, wie von der Konstitution verlangt, Wahlen für die Stadt- und die Provinzräte im Vizekönigreich sowie für die Parlamentsabgeordneten in Spanien. Erstmals durften Europaspanier, Kreolen, Mestizen und Indianer gemeinsam wählen. Das Resultat der Limeñer Stadtratswahl behagte dem Vizekönig überhaupt nicht, denn von den 16 Gewählten waren nur vier Europaspanier. Die intensiven Aktivitäten, die das Gremium entfaltete – 81 Sitzungen im Jahr 1813 und 92 im Folgejahr – bildeten für Abascal Anlass zu konstanter Sorge. Auch in anderen Städten gingen die Kreolen als Sieger aus den Wahlen hervor.

      Durch die Gewährung politischer Rechte und größerer Freiheiten bezweckten die Cortes letztlich, eine Abspaltung der überseeischen Gebiete auf friedlichem Wege zu verhindern. In Lima hatten sie mit ihrer Politik insofern Erfolg, als es zu keinen offenen antispanischen Kundgebungen kam. Außerhalb der Hauptstadt flackerten jedoch immer wieder separatistische Unruheherde auf, die ein militärisches Eingreifen provozierten. Mit der Bekämpfung der Separatisten wurden Truppen beauftragt, die sich fast ausschließlich aus Einheimischen zusammensetzten.

      Aufstände im Vizekönigreich Peru

      Kleinere Erhebungen – im Juni 1811 und im September 1813 in Tacna oder zwischen Februar und April 1812 im Gebiet von Huánuco – brachen schnell in sich zusammen. Ganz andere Dimensionen nahm 1814 der Aufstand von Cusco an, der den Bestand der spanischen Herrschaft im Vizekönigreich Peru ernsthaft gefährdete. Der Aufstand

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