Das Komplott der Senatoren. Hansjörg Anderegg

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Das Komplott der Senatoren - Hansjörg Anderegg

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kostet Sie hier glatt dreissig Prozent mehr als in der Stadt.« Lee schüttelte nur den Kopf und schlug den Weg zur Autovermietung neben dem Terminal ein.

      »Wenn sie Ihr Geld unbedingt loswerden wollen«, brummte sie gerade so laut, dass er es hören musste und trottete mit sauertöpfischer Miene hinter ihm her.

      Er hatte sich keinen erholsamen Ausflug in den Süden vorgestellt, und bis jetzt behielt er leider Recht. Lange hatte er sich gegen den Besuch dieser mysteriösen Firma in Fountain Hills gesträubt, aber als alle Bemühungen, Kontakt mit dem Management aufzunehmen, scheiterten, musste er schließlich einlenken. Er wollte die leidige Pendenz mit dem Nachlass seines Vaters endlich vom Tisch haben und setzte sich mit der hartnäckigen Anwältin ins Flugzeug. Sie war höchst effizient, das musste er ihr zugestehen, denn bisher hatte sie ihren Kopf jedes Mal durchgesetzt. Er folgte ihren Ratschlägen wie ein Schoßhündchen den Befehlen seiner Herrin, und das ärgerte ihn am meisten.

      Als hätte er nicht schon genug am Hals mit der unverarbeiteten Trennung von Anna und den unerklärlichen Sabotageakten in Indien und Malta. Um ein Haar mussten sie beide Projekte stoppen, doch nun kamen sie wenigstens mit zwei blauen Augen davon. Der Vorvertrag mit San Diego für eine dritte große Entsalzungsanlage kam genau zur richtigen Zeit, um einen weiteren Kredit aufzunehmen. Mit Hilfe dieses Geldes und der Erlöse aus den Versicherungen gingen die Arbeiten weiter, wenn auch mit ein bis zwei Monaten Verzögerung. Keine erfreuliche Situation, und nun musste er sich auch noch mit diesem Kaktus von Anwältin herumschlagen. Obwohl, ein ansehnlicher Kaktus war sie, wenn man diese Art Pflanzen mochte. Ihre akribische Datensammlung zeichnete ein ganz neues Bild von seinem Vater. Es war, als beschreibe das täglich wachsende Dossier einen Unbekannten. Aber hatte er ihn denn überhaupt gekannt? Im Grunde bestand ihre Beziehung doch stets nur darin, einander aus dem Weg zu gehen, die eigenen Vorurteile zu pflegen.

      Ihre Stimme schreckte ihn aus seinen Gedanken.

      »Wie bitte?«

      »Ich sagte, wir hätten hier auf die 87 nach Norden abbiegen müssen.«

      »Scheiße! Entschuldigung. Bei der nächsten Ausfahrt wende ich.« Sie grinste, als freute sie sich über seinen Fehler und sagte trocken:

      »Nein, werden Sie nicht.«

      »Wie wollen Sie das wissen?«

      »Weil Sie nach vier Meilen in die North Gilbert einbiegen werden«, antwortete sie mit einem Blick in die Landkarte auf ihren Knien. »Die mündet auch in die 87 nach Fountain Hills.«

      »Das nächste Mal teste ich das GPS, bevor ich einsteige.«

      »Teurer Schrott«, sagte sie zu den vorbeifliegenden Büschen. Lee biss sich auf die Zunge und achtete diesmal besser auf die Strasse. Aus unerfindlichen Gründen wollte er in die Abzweigung einspuren, bevor sie wieder den Mund öffnete.

      »Sieht überall gleich aus in dieser Wüste«, brummte er mürrisch, denn die öde Landschaft änderte sich auch bei der Einfahrt in den Fountain Hills Boulevard nicht wesentlich. Marion studierte schweigend die Karte. »Und jetzt?«, fragte er ungeduldig.

      »Keine Ahnung. Die Adresse der Fabrik ist nicht auf der Karte zu finden, wie Sie wissen. Ich schlage vor, wir fragen an der nächsten Tankstelle.«

      »Sie schlägt vor«, grinste er sarkastisch.

      »Machen Sie sich lustig über mich?«

      »Nie im Leben.« Der zufriedene Ausdruck blieb in seinem Gesicht. Ein kleiner Sieg, endlich hatte er sie ein wenig aus der Reserve gelockt.

      Der Junge an der Tankstelle hatte noch nie etwas von einem Saddler’s Creek in Fountain Hills gehört, aber vielleicht war er überhaupt noch nicht über seinen Wohnblock hinausgekommen, wie Lee vermutete.

      »Kennen Sie vielleicht eine Firma AZ Technologies in der Nähe?«, bohrte er weiter. Der junge Mann überlegte kurz, schüttelte dann den Kopf. »Autos, Lastwagen mit der Aufschrift AZ Tech oder AZT oder ähnlich?«

      »Nein, Sir, nie gesehen.«

      Lee warf seiner Begleiterin einen ratlosen Blick zu, worauf sie zum Laden deutete, wo eine ältere Frau an der Kasse saß. Sie ließen den Wagen stehen und gingen hinein.

      »Saddler’s Creek – ja, da klingelt was«, sagte die Kassiererin und begann zu lachen. Die Adresse gibt’s nicht wirklich. Saddler’s Creek ist ein Übername.« Wieder kicherte sie. »Früher nannte man ein kleines, abgeschiedenes Tal am Nordrand der Stadt so, weil es dort ein Puff gab.«

      »Ein Puff«, wiederholte Marion überrascht. Lee grinste und übersetzte:

      »Ein Bordell.«

      »Ich weiß was ein Puff ist!«, fuhr sie ihn an.

      »Klar.« Er breitete die Karte vor der Frau aus und fragte: »Können Sie uns diesen Ort genau zeigen?« Sie setzte die Lesebrille auf, studierte die Karte eingehend, bevor sie mit dem Finger auf eine Stelle südlich des Indianerreservats zeigte.

      »Hier muss es sein. Ich war ein wenig verwirrt, weil zwei große Häuser da stehen. Wird wohl Ihre Firma sein.« Lees Miene hellte sich auf.

      »Vielen Dank, Sie haben uns sehr geholfen.«

      Marion wartete schon ungeduldig im Wagen. »So weltfremd wie Sie glauben bin ich gar nicht«, knurrte sie gekränkt, als er den Motor startete. Er drehte den Zündschlüssel zurück und schaute sie verwundert an.

      »Tut mir leid. Ich wollte Sie nicht beleidigen. Mein Zynismus macht sich manchmal selbständig, hab ich wohl geerbt.«

      Sie zuckte nur die Achseln. Er fuhr los.

      Kaum befanden sie sich auf der Hauptstrasse nach Norden, sagte er leise, wie zu sich selbst: »Ich glaube, Sie sind alles andere als weltfremd.«

      »Was soll das jetzt wieder heißen?«

      Er beschloss, den Mund zu halten. Schweigend fuhren sie zur Stadt hinaus. Sie fanden nirgends einen Hinweis auf AZ Technologies. Auch die Abzweigung nach Saddler’s Creek war durch keine Tafel gekennzeichnet, nur ein schmales Sträßchen führte den Hügel hinauf.

      »Warum gibt’s hier keine Lastwagen von dieser Firma?«, murmelte Marion nachdenklich. »Ziemlich ungewöhnlich.«

      »Ja, und ziemlich einsam. Weit und breit kein anderes Fahrzeug..« Lee wunderte sich immer mehr über die rätselhafte und fürstlich entlohnte Beratertätigkeit seines Vaters. Nach fünf Minuten lag tatsächlich ein kleines Tal vor ihnen. Wie auf der Karte verzeichnet, standen zwei Häuser gleich Flugzeughangars auf der Ebene zwischen dem staubigen Grün der Hügel. Als sie näherkamen, bestätigte sich der erste Eindruck. Die Gebäude waren fensterlose, graue Wellblechhallen, immerhin mit unübersehbaren, weißen Lettern beschriftet: AZ Technologies Inc. Vor den Hallen befand sich ein Parkplatz, auf dem Lee vierundzwanzig Autos zählte, und das Ganze umschloss ein drei oder vier Meter hoher Stacheldrahtzaun.

      »Fehlt nur noch der Wachtturm«, spottete Marion. Die Anlage machte in der Tat den Eindruck eines Gefängnisses. Ein massives Stahlgitter versperrte die Zufahrt. Lee parkte mitten auf der Strasse vor dem Tor, und sie stiegen aus. Unmittelbar hinter dem Zaun stand eine Art Wachhäuschen, aber nichts regte sich, als sie sich näherten.

      »Hallo, jemand da?«, rief Lee so laut, dass seine Begleiterin unwillkürlich zusammenzuckte.

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