Ermordet zwischen Sylt und Ostfriesland: 6 Küstenkrimis. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Ermordet zwischen Sylt und Ostfriesland: 6 Küstenkrimis - Alfred Bekker страница 27
„Jemand kann nicht warten“, bequemte sich Ahlsen schließlich zu einer Aussage.
„Sie meinen, auf das Erbe?“
Beide nickten wortlos.
„Und wer könnte das sein?“
Gemeinsames Schulterzucken. Hier würde er nichts erfahren. Vielleicht hatten die alten Herren durchaus eine Ahnung, doch möglicherweise betraf es ihre eigenen Nachkommen, und das wollten sie lieber für sich behalten.
Tjade Winkels verabschiedete sich, was mit einem kommentarlosen Nicken beantwortet wurde.
Er ging durch das Foyer zurück. Am Empfangstresen saß diesmal eine junge Frau, die auf einen Bildschirm starrte.
Einen Versuch war es wert. Er änderte seine Richtung. Sie hob den Kopf, als er vor ihr stand.
„Sie erinnern sich an mich?“
Sie musterte ihn kurz, bis ein Lächeln über ihr Gesicht glitt. „Natürlich, Sie sind von der Polizei. Was kann ich für Sie tun?“
„Sie waren doch an dem Tag hier, als Erna Bräker vom Balkon fiel.“
Sie nickte und wischte sich über die Augen. „Schrecklich“, flüsterte sie.
Winkels zog sein Smartphone aus der Tasche und rief die Fotogalerie auf, in der die Bilder gespeichert waren, die Dröver ihm überspielt hatte.
„Ich möchte Ihnen ein paar Fotos zeigen. Vielleicht erkennen Sie jemanden, der an dem fraglichen Tag hier war.“
Sie blickte angestrengt auf die Fotos, die an ihr vorüberzogen.
„Noch einmal zurück, bitte“, rief sie plötzlich aufgeregt.
Sie tippte auf das Display. „Diese Person war hier!“
Winkels folgte ihrem Blick. „Sind Sie sicher?“
„Ganz sicher. Ich habe mich noch gewundert über die Hast beim Heruntersteigen der Treppe, doch dann klingelte das Telefon, und als ich wieder hinsah, war da niemand mehr.“
Winkels betrachtete das Foto einige Sekunden, bevor er das Gerät wieder einsteckte.
Jetzt war plötzlich alles klar. Sämtliche Puzzleteilchen fielen automatisch an ihren Platz, und das Gesamtbild stand vor seinen Augen.
„Danke, Sie haben mir sehr geholfen“, sagte er, schon halb abwesend, und ging rasch zu seinem Auto zurück.
8. Kapitel
„Ich hoffe sehr, dass sich das Mädchen nicht geirrt hat“, murmelte Uwe Dröver. „Wenn das eine Pleite werden sollte, hast du für die nächsten Jahre Hausverbot bei uns.“
„Sie war sich ihrer Sache sehr sicher, und es passt alles zusammen“, erwiderte Winkels im Brustton der Überzeugung.
Dröver sah ihn scharf an.
Auf seiner Stirn schienen einige Sorgenfalten stärker hervorzutreten.
„Ich verlasse mich jetzt sehr auf dich, und lege mein Schicksal sozusagen in deine Hände. Hoffen wir das Beste!“
„Dein Fingerabdruckexperte ist doch mit von der Partie, oder? Dann können wir sofort einen Vergleich anstellen.“
Er gab sich innerlich einen Ruck: „Der ist dabei. Dann lass´ uns mal loslegen.“
Dröver machte eine kreisförmige Handbewegung und gab einen leisen Befehl in sein Funkgerät.
Uniformierte Polizisten und Kriminalbeamte in Zivil stürmten von mehreren Seiten auf das Haus zu. Es war noch sehr früh am Morgen, und die Kühle der Nacht war noch nicht verflogen.
Winkels folgte der Truppe in einigem Abstand. Dröver hatte ihm sehr genaue Anweisungen erteilt, und er hatte beschlossen, sie ausnahmsweise auch zu befolgen.
Wenige Minuten später betrat er die Wohnung, die er bereits kannte. Diesmal roch es nicht nach dem süßlichen Duft der Joints. Dafür ging es drinnen lautstark zu.
Mit einem Blick überflog er die Szene.
Holger Bartels kniete auf dem Boden, festgehalten von zwei Polizisten, die ihm gerade Handschellen anlegten. Er trug nur knallbunte Shorts und zeterte lauthals. Seine Stiefmutter stand fassungslos daneben und verstand offensichtlich nicht, was gerade geschah. Sie trug ein bodenlanges Nachthemd, das mit goldenen Sternen bedruckt war.
„Ich verhafte Sie, da wir Ihnen mehrere Morde zur Last legen. Sie brauchen sich jetzt nicht dazu zu äußern und können einen Anwalt zu Rate ziehen.“
„Das ist alles ihre Schuld!“ brüllte Holger in Richtung seiner Stiefmutter.
Er zitterte vor Wut.
„Ich wollte das nicht! Sie müssen die da festnehmen. Ich habe überhaupt nichts getan.“
Er zerrte weiter an seinen Fesseln, doch die Polizisten waren wachsam und hatten ihn fest im Griff.
Frau Bartels war in einen Sessel gesunken und hatte die Hände vor ihr Gesicht geschlagen. Sie schluchzte leise.
„Nehmen Sie seine Abdrücke“, befahl Dröver einem Mann der Spurensicherung, der daraufhin sämtliche Fingerkuppen von Holger Bartels nacheinander auf sein transportables Lesegerät drückte. Damit konnte ein sofortiger Vergleich mit dem in der Datenbank gespeicherten Abdruck erfolgen, den sie im Krankenhaus sichergestellt hatten.
Alle warteten schweigend auf das Ergebnis der Untersuchung. Selbst Holger Bartels schien sich seinem Schicksal ergeben zu haben und hatte den Kopf auf das Brustbein sinken lassen.
Der Techniker ließ den kleinen Monitor auf seinem Gerät nicht aus den Augen. Schließlich nickte er.
„Stimmt überein.“
Dröver atmete erleichtert aus und warf Tjade Winkels einen dankbaren Blick zu. Er trat auf Frau Bartels zu. Eine weitere Beamtin folgte dicht.
„Und Sie, Frau Sieglinde Bartels, werden beschuldigt, Frau Erna Bräker ermordet zu haben, indem Sie die arme Frau vom Balkon stießen.“
Sieglinde Bartels schien aus einem Traum zu erwachen. Sie nahm die Hände vom Gesicht, die augen immer noch feucht, aber so etwas wie Kampfeswille blitzte in ihnen auf.
Sie deutete auf ihren Stiefsohn.
„Das war auch er!“, schrie sie mit überkippender Stimme. Ihre Augen waren jetzt weit aufgerissen.
„Wir haben eine Zeugin“, sagte Dröver fast sanft.
Er beugte sich etwas nach vorn.
„Sie