Goetheherz. Bernd Köstering
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»Hör mir bitte zu. Wilhelmine Becker starb in Jena, Wilhelmine Herzlieb, genannt Minchen, war Goethes Flirt in Jena, sein ›Äugelchen‹, wie er das nannte. Und nun auch noch eine Lotte, die berühmte Lotte aus dem Werther. In Wetzlar! Wenn das Zufall ist, dann ist mein ganzes Leben ein Zufall!«
»Meine Güte, Hendrik, du hast dich da ja richtig reingesteigert. Über das Leben als Zufall oder Vorbestimmung diskutieren wir später mal. Jetzt klären wir den Wetzlarer Fall, Moment bitte!« Damit zog er sein Handy aus der Tasche, suchte einen Kontakt und tippte darauf. Nebenbei sagte er zu Hendrik: »Ich rufe Sandra Prager an, Kriminaloberkommissarin im PP Mittelhessen.«
Sie schien sich zu melden.
»Hallo, Sandra, Richard hier … ich … ja, es geht mir gut, danke. Ich brauche bitte eine Auskunft. Lotte Schneider, Wetzlar, kennst du den Fall?«
Hendrik schob ihm einen Zettel mit handschriftlichem Gekritzel hinüber.
Richard nickte beiläufig. »Vollständig hieß sie Lotte Amelie Schneider.« Er wartete. »Hast du die Akte? Gut. Gibt es da irgendeinen Hinweis auf Fremdeinwirkung?«
Er hörte zu, brummte mehrmals »Hm« ins Telefon und sagte schließlich: »Danke, Sandra! Ach, eins noch, findest du im Obduktionsbericht Hinweise auf eine gebrochene rechte Hand oder mehrere gebrochene Handwurzelknochen?« Er hörte wieder zu. »Okay, danke dir, mach’s gut!«
Er legte auf und sah Hendrik an: »Kein Hinweis auf Fremdverschulden. Sie war in einer menschenleeren Gegend, am Lahnufer, dorthin gehen Menschen, die sich das Leben nehmen wollen, damit sie keiner im letzten Moment davon abbringt. Die eingesammelten Reste ihres Leichnams, wie Sandra sich ausdrückte, sind bereits beerdigt worden, also selbst wenn wir Nachuntersuchungen anstellen wollten, ist es zu spät.«
»Man könnte sie exhumieren.«
Richard schüttelte heftig den Kopf. »Das willst du den Eltern doch sicher nicht antun, oder?«
Hendrik dachte an die Todesanzeige. Unsere geliebte Tochter. »Nein, das will ich nicht«, murmelte er.
»Abgesehen davon, Hendrik, kein Verantwortlicher innerhalb der Ermittlungsbehörden würde nur auf deinen – wie soll ich sagen …? – literarisch begründeten Verdacht hin eine Exhumierung anordnen oder eine überregionale Untersuchungskommission einrichten, keine Chance.«
»Um was ging es denn bei deiner Frage nach der rechten Hand?«
»Dr. Bergen hat festgestellt, dass bei Frau Schmidt und bei Frau Müller fast alle Handwurzelknochen gebrochen waren, rechtsseitig. Er konnte allerdings nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich um prä- oder postmortale Verletzungen handelte.«
»Und was sagt Sandra Prager?«
»Im Obduktionsbericht fand sich dazu kein Vermerk.«
Hendrik überlegte. »Okay, Richard, ich gebe auf. Aber eins versprichst du mir bitte, sobald in den anderen Städten, in denen Goethe Liebschaften unterhielt, eine Frau zu Tode kommt, dann meldest du dich, okay?«
Richard Volk wirkte unschlüssig.
»Bitte!«, schob Hendrik nach.
»Meinetwegen. Welche Städte kämen denn rein theoretisch infrage?«
Hendrik ging in Gedanken Goethes Lebenslauf durch. »Leipzig, Straßburg – natürlich Weimar – Rom und Marienbad. Eventuell noch Ehrenbreitstein.«
Richard sah ihn verständnislos an.
»Ehrenbreitstein, die Festung bei Koblenz.«
Im selben Moment trat eine Frau an ihren Tisch. »Herr Kriminalhauptkommissar Volk?«
»Ja bitte?«
Ein Telefonat für Sie, am Empfang, die Dame meint, es sei wichtig.«
»Wie heißt denn die Dame?«
»Sonja Müller.«
Volk sprang auf und rannte los.
Hendrik warf einen Blick auf die Uhr. Seine Studenten warteten. Er verließ das Polizeipräsidium. Als er am Empfangstresen vorbeikam, war Richard dort immer noch am Telefon. Sonja Müller? Hendrik meinte, diesen Namen schon einmal gehört oder gelesen zu haben.
*
Lasagne und Pralinen
Frankfurt a. M., Mittwoch, den 15. Oktober, abends
Als Hendrik Wilmut die Wohnungstür aufschloss, stieg ihm der Duft von italienischem Essen in die Nase.
»Hallo, Schatz«, rief Hanna aus der Küche. »Ich habe Lasagne gemacht. Und Salat!«
Der Esstisch war gedeckt, eine Flasche Rotwein entkorkt, in der Küche stand eine lächelnde Hanna mit Schürze und roten Wangen. »Mutter hat mir geholfen. Sie ist vor einer halben Stunde wieder nach Hause gefahren.«
Hendrik nahm sie in den Arm und küsste sie zärtlich. »Danke!«, sagte er leise. »Das riecht sehr gut!«
Sie gab ihm eine große Portion Lasagne auf den Teller.
»Und du?«, fragte er.
»Mir reicht ein bisschen Salat.«
Er kommentierte ihre Entscheidung nicht.
»Deine Mutter meint, Liebe geht durch den Magen.«
»Ja, das stimmt!«, sagte Hendrik, und obwohl es sich um einen recht abgenutzten Satz handelte, freute er sich darüber.
»Hendrik, als ich am Montag vor meinem Café saß, da habe ich über den Abend nachgedacht. Den Abend des 13. September.«
Er hörte auf zu kauen und sah sie an.
»Und über all das, was damals passiert ist. Soweit ich mich überhaupt daran erinnern kann.«
Hendrik legte das Besteck zur Seite. »Das ist gut, Hanna. An was kannst du dich denn erinnern?«
»Das weiß ich nicht genau, das … dauert noch.«
»Ist gut, ich lasse dir Zeit, so viel du brauchst.«
Sie lächelte. »Danke, das ist lieb von dir. Nur eins weiß ich bereits: Ich möchte das Café nie wieder betreten. Kannst du dich bitte darum kümmern, dass der Pachtvertrag gekündigt wird?«
Hendrik Wilmut war schockiert. Damit hatte er nicht gerechnet. War das nur eine Kurzschlussreaktion? Ein Aufbäumen ihres Unterbewusstseins?
»Gut, mache ich«, antwortete er. Zugleich beschloss er, ein paar Tage zu warten, bevor er etwas unternahm, um sicherzugehen, dass dies tatsächlich ihr Wille war.
»Magst du eine Praline zum Nachtisch?«, fragte Hanna.
»Oh nein, danke, ich bin pappsatt!«, antwortete Hendrik.
»Gut, dann esse ich die eben allein.« Innerhalb